Leitsatz

In der Kündigung einer typischen stillen Gesellschaft und der Vereinnahmung des Auseinandersetzungsguthabens liegt keine entgeltliche Veräußerung i.S.d. § 23 EStG.

 

Normenkette

§ 22 Nr. 2, § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b EStG 1990

 

Sachverhalt

Die Kläger sind zur ESt zusammen veranlagte Eheleute. Der Kläger ist zu 20 % an einer Vermögensverwaltungs-GmbH (GmbH) beteiligt. Zwischen der GmbH und einer Beteiligungsgesellschaft mbH i.L. (B) wurde im Juli 1994 eine typische stille Gesellschaft i.S.d. § 230 HGB mit einer Vermögenseinlage der B i.H.v. 2.500.000 DM errichtet.

Am 21.10.1994 veräußerte B die stille Beteiligung wegen akuten Liquiditätsbedarfs an den Kläger und den weiteren Gesellschafter der GmbH für insgesamt 400.000 DM, wobei der Kläger entsprechend seinem Gesellschaftsanteil 20 % der stillen Beteiligung (nominal 500.000 DM) für 80.000 DM erwarb. Noch am 21.10.1994 kündigten der Kläger und der weitere Gesellschafter das stille Gesellschaftsverhältnis vertragsgemäß zum 31.12.1994. Die GmbH schrieb dem Kläger dessen Auseinandersetzungsguthaben i.H.v. 500.000 DM gut.

Das FA unterwarf den Unterschied zwischen Anschaffungspreis und zurückgezahltem Kapital (nämlich 420.000 DM) als Gewinn aus einem Veräußerungsgeschäft i.S.v. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b EStG der Besteuerung. Die hiergegen gerichtete Klage hatte Erfolg. Nach Auffassung des FG fehlt es an einer Veräußerung i.S.d. § 23 EStG. Hiergegen richtet sich die Revision des FA.

 

Entscheidung

Der BFH hat wie die Vorinstanz die Voraussetzungen des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b EStG für nicht gegeben erachtet, weil der Kläger mit dem Auseinandersetzungsguthaben aus der Auflösung der stillen Gesellschaft kein Entgelt, sondern lediglich die ihm schon vorher zustehende Einlage erhalten habe.

Im Hinblick darauf sei die in der vorinstanzlichen Entscheidung erörterte Frage, ob eine "Veräußerung" – wie bei der bloßen Einziehung einer Forderung – auch im Verbrauch des Wirtschaftsguts liegen könne, nicht entscheidungserheblich. Infolgedessen könne offen bleiben, ob weiterhin mit der bisherigen Rechtsprechung eine Veräußerung zu bejahen sei, wenn der Steuerpflichtige eine erworbene Forderung innerhalb der Spekulationsfrist einziehe, um eine "Gewinnmöglichkeit zu realisieren".

 

Hinweis

Einkünfte aus Spekulationsgeschäften (§ 22 Nr. 2 EStG) i.S.d. § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b EStG sind Veräußerungsgeschäfte, bei denen der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung bei anderen Wirtschaftsgütern nicht mehr als sechs Monate beträgt. Zu diesen Spekulationsgeschäften gehört die streitige – innerhalb von sechs Monaten nach Erwerb des Gesellschaftsanteils erfolgte – Kündigung der stillen Gesellschaft nur, wenn sie das Merkmal einer Veräußerung i.S. entgeltlicher Übertragung des angeschafften Wirtschaftsguts erfüllt (vgl. BFH, Urteil vom 2.5.2000, IX R 73/98, BStBl II 2000, 614).

Als Entgelt käme hier lediglich das vereinnahmte Auseinandersetzungsguthaben aufgrund der Kündigung in Betracht. Damit erhält der Kündigende aber nicht mehr, als seiner Beteiligung entspricht (vgl. dazu BFH, Urteil vom 22.9.1987, IX R 15/84, BStBl II 1988, 250).

Die durch Kündigung bedingte Auflösung der stillen Gesellschaft (§ 234 Abs. 1 HGB) führt zu einer Auseinandersetzung zwischen dem Inhaber und dem stillen Gesellschafter nach § 235 HGB, aufgrund derer das Guthaben des stillen Gesellschafters zu berichtigen ist (§ 235 Abs. 1 HGB). Dieses Guthaben entsteht nicht erst mit der Auflösung der Gesellschaft, sondern besteht bereits – ausgedrückt durch das Einlagenkonto – während des Bestehens der Gesellschaft und wandelt sich mit der Auseinandersetzung in eine zahlenmäßig begrenzte Forderung (BGH, Urteil vom 14.7.1997, II ZR 122/96, NJW 1997, 3370). Ihre Erfüllung verschafft dem stillen Gesellschafter nur, was ihm schon vor der Auseinandersetzung wirtschaftlich zuzuordnen war, sodass seine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit mit der Auskehrung des Guthabens nicht gestärkt wird.

Auch sonst erfasst das Gesetz Kapitalrückzahlungen nicht als entgeltliche Veräußerungsgeschäfte, sondern wendet in § 17 Abs. 4 EStG die für Anteilsveräußerungen geltenden Vorschriften (§ 17 Abs. 1 bis 3 EStG) lediglich entsprechend an, wenn z.B. eine Kapitalgesellschaft ihr Kapital zurückzahlt. Eine vergleichbare Regelung war auch bei § 23 EStG geplant (vgl. BTDrucks 15/119, Entwurf eines Steuervergünstigungsabbaugesetzes, S. 5), ist aber nicht Gesetz geworden.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 18.10.2006, IX R 7/04

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