Leitsatz

Räumlichkeiten, die ihrer Ausstattung und Funktion nach nicht dem Typus eines Arbeitszimmers entsprechen, erlangen diesen Charakter nicht dadurch, dass sie ihrer Lage nach mit den Wohnräumen des Steuerpflichtigen verbunden und damit in seine häusliche Sphäre eingebunden sind.

 

Sachverhalt

Der Steuerpflichtige ist als selbständiger Musiker, Arrangeur und Produzent tätig. Zum Zwecke der Berufsausübung unterhält er in einem ansonsten privat genutzten Gebäude einen 82 qm großen und damit 42 % der Gesamtfläche des Erdgeschosses ausmachenden sog. Kreativraum, in dem Konzepte mit Produzenten und Leuten aus Plattenfirmen entwickelt, Arrangements und Produktionen vorbereitet sowie gemeinsame Autorentätigkeiten vorbereitet werden. Dieser Raum wird nach seinem glaubhaften Sachvortrag auch ausschließlich beruflich genutzt. Im Wesentlichen streitig blieb im erfolglosen Einspruchsverfahren die Frage, ob in einem solchen Fall die Aufwendungen unter die betragliche Begrenzung von 1.250 EUR des § 4 Abs. 5 Nr. 6b EStG fallen.

 

Entscheidung

Das FG gab der Klage statt und entschied, dass ein häusliches Arbeitszimmer im Sinne von § 4 Abs. 5 Nr. 6b EStG typischerweise mit Büromöbeln eingerichtet ist, wobei der Schreibtisch regelmäßig - allerdings nicht zwingend - das zentrale Möbelstück darstellt. Beruflich genutzte Räume, die in die häusliche Sphäre des Steuerpflichtigen eingebunden sind, können ein betriebsstättenähnliches (und damit keinen Abzugsbeschränkungen unterliegendes) Gepräge erlangen durch ihre - für eine büromäßige Ausstattung untypische - Ausstattung und eine damit zusammenhängende Funktionszuweisung. Im Streitfall war der Kreativraum weder büromäßig eingerichtet noch nach seiner Ausstattung darauf ausgerichtet, vorwiegend eine Arbeitsnutzung durch den Steuerpflichtigen selbst zu ermöglichen (durch viele Sitzmöglichkeiten war der Raum für eine Nutzung durch mehrere Personen ausgelegt). Das FG entschied ferner, dass allein durch die Einbindung von Räumen in die häusliche Wohnsphäre des Steuerpflichtigen noch kein häusliches Arbeitszimmer entsteht, sondern es hierzu vielmehr auch einer entsprechenden Ausstattung und Nutzung bedarf.

 

Hinweis

Der Fall zeigt einmal mehr, dass nicht jeder Arbeitsraum im eigenen Haus automatisch unter die Abzugsbeschränkung des § 4 Abs. 5 Nr. 6b EStG fällt, sondern nur dann, wenn er nach Ausstattung und Funktion vorwiegend der Erledigung betrieblicher/beruflicher Arbeiten gedanklicher, schriftlicher oder verwaltungstechnischer Art dient. Ist dies nicht der Fall, ist ein uneingeschränkter Betriebsausgaben - oder Werbungskostenabzug auch unabhängig davon möglich, ob dem Steuerpflichtigen für seine Tätigkeit noch ein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht.

 

Link zur Entscheidung

Niedersächsisches FG, Urteil vom 31.05.2012, 1 K 272/10

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