Leitsatz

Kosten wegen eines Zivilprozesses können nicht als außergewöhnliche Belastung abgezogen werden, soweit ein Schmerzensgeld eingeklagt wird, das aufgrund der Erzielung von Einkünften nicht zur Beseitigung einer wirtschaftlichen Existenzbedrohung notwendig ist.

 

Sachverhalt

Eine 32jährige Steuerzahlerin erlitt aufgrund eines Skiunfalls eine Kreuzband- und Innenbandverletzung am rechten Knie, die operativ mit einer Verschraubung behandelt wurde. Nach Entfernen der Schrauben trat eine bakterielle Infektion des rechten Kniegelenks auf, die im weiteren Verlauf zu einer Knochenentzündung und einer Arthrose im Kniegelenk mit partieller Kniegelenkversteifung führte. Sie wurde mehrmals operiert und war infolge der aufgetretenen Komplikationen fast 1 ½ Jahre erwerbsunfähig. Sie konnte im Rahmen einer Wiedereingliederung stufenweise ihre Berufstätigkeit wieder aufnehmen. Sie wurde immer wieder von den behandelnden Ärzten darauf aufmerksam gemacht und die Infektion für sie zu einer ständigen Gesundheitsgefahr geworden sei und dass die Arthrose neben den unmittelbaren Folgen der Gehbehinderung im betroffenen Kniegelenk in der Zukunft zu einer vollständigen Versteifung des Kniegelenks bzw. zu einer Kniegelenksprothese führen werde. Es bestehe auch die Gefahr einer Amputation. Daraufhin erhob die Steuerzahlerin gegen den behandelnden Arzt Klage wegen eines Behandlungsfehlers. Im Verfahren vor dem Landgericht (LG) verlangte sie darüber hinaus die Zahlung eines angemessenen Schmerzensgeldes. Das LG soll feststellen, dass der behandelnde Arzt ihr sämtliche zukünftigen materiellen und immateriellen Schäden zu ersetzen habe. Das LG wies die Klage ab. Sie legte gegen dieses Urteil vor dem Oberlandesgericht Berufung ein. Dieses Berufungsverfahren endete durch Abweisung der Klage. Das Finanzamt berücksichtigte lediglich die Aufwendungen für Arznei-, Heil- und Hilfsmittel nur in geringer Höhe, nicht aber die Prozesskosten als außergewöhnliche Belastung, da diese nicht zwangsläufig entstanden seien. Gegen den hiervon betroffenen ESt-Bescheid legt sie Einspruch ein, der nur teilweise zum Erfolg führte. Vor dem FG verfolgte sie ihr Begehren hinsichtlich der Prozesskosten weiter. Dabei hatte sie nur teilweise Erfolg.

 

Entscheidung

Hinsichtlich der Prozesskosten hat das FG bestätigt, dass diese grundsätzlich nicht als außergewöhnliche Belastung abziehbar sind. Bei diesen Kosten spricht eine Vermutung gegen deren Zwangsläufigkeit. Dennoch entschied das FG, dass dem Grunde nach ein Teil der Kosten zwangsläufig im Sinne des § 33 EStG waren. Aufgrund der besonderen Gesamtumstände ging das FG davon aus, dass der Feststellungsantrag einen für die Steuerzahlerin existenziell wichtigen Bereich berührte, so dass die Rechtsverfolgung insofern existenziell erforderlich und damit zwangsläufig war. Schließlich bestand durchaus die Möglichkeit, dass sie aufgrund ihrer Erkrankung ihren Arbeitsplatz verliert und aufgrund ihrer Behinderung und weiteren Ausfällen wegen notwendiger Behandlung kein neues Beschäftigungsverhältnis mehr eingehen konnte. Von den geltend gemachten Aufwendungen wurde nur ein Teilbetrag als angemessen anerkannt. Die entsprechenden Prozesskosten sind zu ihrer Ermittlung nach dem Verhältnis des Streitwerts des Feststellungsantrages sowie der Summe der Streitwerte des materiellen Schadensersatzantrages und des Schmerzensgeldantrages aufzuteilen. Telefonkosten können nur insoweit abgezogen werden, soweit sie zwangsläufig und notwendig sind. Dagegen sind Verpflegungsmehraufwendungen nicht abziehbar, weil solche Mehraufwendungen offensichtlich nicht entstanden sind.

 

Link zur Entscheidung

FG Münster, Urteil vom 30.03.2006, 3 K 5739/03 E

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