Rz. 112

Das Übernahmerichtlinie-Umsetzungsgesetz (ÜbernRLUmsG) von 2006 transformierte die Übernahmerichtlinie von 2004 in deutsches Recht. Zur Transformation von Art. 10 Übernahmerichtlinie fügte das ÜbernRLUmsG einen neuen Abs. 4 in § 315 HGB ein, der mit dem CSR-RLUG in § 315a HGB verschoben wurde. Danach sind im Konzernlagebericht zahlreiche übernahmespezifische Angaben zur Kapitalstruktur und zu möglichen Übernahmehindernissen aufzunehmen. Maßgeblich sind gemäß DRS 20.K189 dabei die Verhältnisse am Konzernabschlussstichtag. Dabei kann auf Angaben im Konzernanhang verwiesen werden. Die Angabepflicht gilt für Mutterunternehmen, die durch von ihnen ausgegebene stimmberechtigte Aktien einen organisierten Markt in Anspruch nehmen. Zweck der Berichtspflicht ist es, dass sich potenzielle Bieter vor Abgabe eines Angebots ein umfassendes Bild über die Zielgesellschaft und ihre Struktur sowie über etwaige Übernahmehindernisse machen können.[1] Hinweise zum Inhalt der einzelnen Berichtspflichten finden sich in DRS 20.K190–K223.

 

Rz. 113

Zu den Berichterstattungspflichten im Rahmen des § 315a HGB gehören:[2]

  • Zusammensetzung des Kapitals:[3] Mit der Zusammensetzung des Kapitals ist die Unterteilung des gezeichneten Kapitals nach § 272 Abs. 1 HGB in verschiedene Aktiengattungen nach § 11 AktG gemeint. In Frage kommen beispielsweise Stammaktien, stimmrechtslose Vorzugsaktien, stimmberechtigte Vorzugsaktien und Aktien mit Nebenpflichten.[4] Die bestehenden Aktiengattungen sind einschließlich des Anteils am Gesellschaftskapital sowie der entsprechenden Rechte und Pflichten anzugeben.[5] Ebenfalls sollten eventuelle Bezugsrechte aus Wandelschuldverschreibungen und Optionsanleihen einbezogen werden, da diese wesentlichen Einfluss auf die Zusammensetzung des gezeichneten Kapitals haben könnten.[6]
  • Beschränkungen betreffend Stimmrechte oder Übertragung:[7] Berichtspflichtig sind Beschränkungen unabhängig davon, ob sie auf Gesetzen, der Satzung oder Gesellschaftervereinbarungen beruhen.[8] Die Übertragung von Wertpapieren ist beschränkt, wenn die Höhe des Wertpapierbesitzes selbst beschränkt ist oder die Übertragung erfordert, dass die Gesellschaft oder andere Wertpapierinhaber zustimmen. Dies trifft in Deutschland insbesondere auf vinkulierte Namensaktien gemäß § 68 Abs. 2 AktG zu. Stimmrechte sind beschränkt, wenn die Stimmrechte auf einen bestimmten Anteil oder eine bestimmte Stimmenzahl zeitlich oder dauerhaft begrenzt sind. Derartige Höchststimmrechte sind nach § 134 Abs. 1 Satz 2 AktG nur bei nicht börsennotierten Gesellschaften zulässig. Da § 315a Abs. 1 HGB nur börsennotierte Gesellschaften betrifft, sind Höchststimmrechte irrelevant.[9] Berichtspflichtig wären hier auch Mehrstimmrechte, die nach § 12 Abs. 2 AktG in Deutschland jedoch unzulässig sind. Sofern sie bestanden, sind sie nach § 5 Abs. 1 EGAktG am 1.6.2003 erloschen. Selbst die Ausnahme des § 2 VW-Gesetz ist aufgehoben. Ebenso ist in Deutschland die Beschränkung der Stimmrechte gegenstandslos, die auf einem System beruht, bei dem in Zusammenarbeit mit der Gesellschaft die mit den Wertpapieren verbundenen finanziellen Rechte von der Wertpapierinhaberschaft getrennt sind. Einer solchen Trennung steht das Abspaltungsverbots nach § 717 Satz 1 BGB entgegen.[10] Berichtspflichtig sind hingegen Vereinbarungen zwischen Gesellschaftern, die die Übertragung von Wertpapieren und/oder Stimmrechten einschränken.[11] Solche Gesellschaftervereinbarungen sind jedoch nur offen zu legen, soweit sie gesetzlichen Vertretern bekannt sind. Die Berichtspflicht nach § 315a Abs. 1 Nr. 2 HGB begründet weder ein Auskunftsrecht der gesetzlichen Vertreter noch Anzeigepflichten der Anteilseigner zu bestehenden Gesellschaftervereinbarungen.[12] Ebenfalls zu berichten ist über Beschränkungen aufgrund wechselseitiger Beteiligungen[13] sowie aufgrund von Haltevereinbarungen (Lock-up-Verpflichtungen) mit der Gesellschaft und unter Aktionären.
  • Direkte und indirekte Beteiligungen:[14] Im Konzernlagebericht hat das Mutterunternehmen alle natürlichen und juristischen Personen im Konzernabschluss zu nennen, die direkt oder indirekt eine Beteiligung am Mutterunternehmen von mehr als 10 % halten. Die Höhe der indirekt von einer natürlichen oder juristischen Person gehaltenen Beteiligung wird nach den Vorgaben der §§ 22ff. WpHG berechnet.[15] Zu jeder Person sind mindestens zu benennen der Name bzw. Firma, Wohnort bzw. Sitz sowie der Staat, in dem sich der Wohnort oder Sitz befindet.[16] Darüber hinaus sollten der direkt sowie der indirekt gehaltene Anteil am Kapital angegeben werden. Nur so kann dem Zweck gedient werden, für die Adressaten Pyramidenstrukturen, wechselseitige Beteiligungen und vergleichbare Konstrukte erkennbar zu machen.[17] Die Angaben im Konzernanhang beruhen auf den Meldungen, die das Mutterunternehmen nach § 33 WpHG von natürlichen oder juristischen Personen erhält, wenn deren Beteiligung an dem Mutterunternehmen u. a. die Schwelle von 10 % am Kapital erreicht, über- oder unterschre...

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