Rz. 48a

Ende 2020 hat der IASB das Diskussionspapier DP/2020/2 "Unternehmenszusammenschlüsse unter gemeinsamer Kontrolle" veröffentlicht.[1] Bisher sind Unternehmenszusammenschlüsse unter gemeinsamer Kontrolle von der Anwendung der derzeit geltenden Regelungen für Unternehmenszusammenschlüsse nach den IFRS (ebenso wie nach dem HGB) ausgenommen. Nach den IFRS gibt es Regelungen für den übergeordneten Konzernabschluss sowie für die abgebende Einheit, aber keine Regelung für die erwerbende Einheit. Abschlussersteller der erwerbenden Einheit müssen folglich aufgrund einer Regelungslücke für solche Sachverhalte eine Rechnungslegungsmethode entwickeln, um diese Transaktionen sachgerecht abzubilden. Dabei bestehen Wahlrechte sowohl bei der Anwendung der Methode als auch der Darstellung von Vergleichszahlen der Vorperiode. In der Praxis führt die Notwendigkeit der Entwicklung einer geeigneten Rechnungslegungsmethode durchaus zu unterschiedlichen Abbildungen von vergleichbaren Sachverhalten. Dies ist nicht unproblematisch, da solche Transaktionen bei Umstrukturierungen oder auch der Schaffung von neuen Einheiten – ggf. auch für einen Börsengang – nicht selten vorkommen.[2]

Zur Erläuterung der Auswirkungen verschiedener Transaktionsgestaltungen dient das Beispiel in folgender Abbildung:

Abb. 3: Auswirkungen verschiedener Transaktionsgestaltungen

In der Ausgangslage hält das Mutterunternehmen M die Mehrheit an ihren Tochterunternehmen T1 und T2. Zur Vorbereitung eines Börsengangs sollen T1 und T2 zusammengefasst werden. In Szenario 1 werden die Anteile an T1 und T2 in eine neu gegründete Zwischenholding eingebracht und durch die Neubewertung die stillen Reserven und stillen Lasten beider Tochterunternehmen aufgedeckt. In Szenario 2 erfolgt eine Einbringung der Anteile an T1 in T2 nur somit würden nur die stillen Reserven von T2 aufgedeckt; in Szenario 3 wäre es umgekehrt. Duch die Einbringung der Anteile an T2 in T1 würden die stillen Reserven von T1 aufgedeckt. Die Gestaltung der Umstrukturierung hat damit einen erheblichen Einfluss auf den Ausweis der Vermögenslage des Teilkonzerns zum Erstkonsolidierungszeitpunkt und beeinflusst über die Folgebewertung auch die Ertragslage des Teilkonzerns in den Folgeperioden. Die Höhe des Kaufpreises bestimmt den jeweiligen Entkonsolidierungserfolg. Eine Bewertung zu Buchwerten würde unabhängig von der gewählten Transaktion zu einheitlichen Ergebnissen führen. Da keinerlei stille Reserven oder stille Lasten aufzudecken sind, ergibt sich auch kein Einfluss auf die zukünftige Ertragslage des Teilkonzerns. Im übergeordneten Konzernabschluss M ist die gesamte Transaktion in sowohl in den Fällen der Neubewertung als auch in den Fällen der Bewertung zu Buchwerten vollständig zu eliminieren.

Es wird nun vom IASB vorgeschlagen, die Transaktion entweder über die Erwerbsmethode abzubilden, die eine Neubewertung der Vermögengegenstände und Schulden zum Zeitwert verlangt, oder über die Buchwertmethode, die lediglich eine Vermögensübertragung zu fortgeführten Anschaffungskosten fordert. Der IASB kommt nach seiner Analyse zu der vorläufigen Entscheidung, dass nicht eine einzelne der beiden Methode für alle Transaktionen den Interessen der Interessengruppen gerecht wird. Als objektives Kriterium, wann eine Transaktion mit der Erwerbsmethode zu bilanzieren ist, soll eine Beteiligung von nicht beherrschenden Gesellschaftern an der erwerbenden Einheit – bei Teilkonzernen auch auf höheren Ebenen – herangezogen werden.

Bei allen erwerbenden Einheiten, an denen keine nicht beherrschenden Anteile bestehen, ist dann folglich die Buchwertmethode anzuwenden. Eine Ausnahme gilt lediglich für Erwerber, deren Anteile nicht an einem öffentlichen Markt gehandelt werden, wenn alle nicht beherrschenden Anteilseigner über die geplante Anwendung der Buchwertmethode informiert wurden und von diesen nicht widersprochen wurde. Wenn alle nicht beherrschenden Anteile von nahestehenden Personen i. S. v. IAS 24 gehalten werden, ist die Anwendung der Buchwertmethode verpflichtend. Sofern die Erwerbsmethode anzuwenden ist, ist diese grundsätzlich gemäß IFRS 3 anzuwenden. Liegt die hingegebene Gegenleistung jedoch unterhalb des beizulegenden Zeitwerts der erhaltenen Vermögenswerte und Schulden, so ist dieser Betrag nicht analog IFRS 3 ergebniswirksam, sondern im Eigenkapital zu erfassen. Für den anderen Fall schlägt der IASB vor, die IFRS-Buchwerte der übertragenen Einheit prospektiv, folglich ab dem Erwerbszeitpunkt, zu verwenden. Dabei ist die Gegenleistung in Form von Vermögenswerten zu Buchwerten der erwerbenden Einheit zu ermitteln, eingegangene Schulden mit den für die Zugangsbewertung einschlägigen Standards. Ein Unterschiedsbetrag zwischen den Buchwerten der erhaltenen Vermögenswerte und Schulden und der hingegebenen Gegenleistung soll im Eigenkapital erfasst werden. Transaktionskosten sollen ergebniswirksam in der Periode, in der sie anfallen, erfasst werden. Eine Ausnahme davon bilden lediglich Kosten für die Ausgabe von...

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