Leitsatz

1. Eine innergemeinschaftliche Lieferung von Gegenständen, deren Lieferung im Inland ohne Recht zum Vorsteuerabzug steuerfrei wäre, berechtigt nicht zum Vorsteuerabzug.

2. Offenbleibt, ob dies auch für den Fall der Ausfuhrlieferung gilt.

 

Normenkette

§ 15 Abs. 3 UStG 1999, Art. 17 Abs. 3 der 6. EG-RL

 

Sachverhalt

Die Klägerin lieferte in den Streitjahren 2001 und 2002 Blutplasma in das übrige Gemeinschaftsgebiet. Das Finanzamt hob im Anschluss an eine Außenprüfung den Vorbehalt der Nachprüfung für die Streitjahre auf. Hiergegen legte die Klägerin Einspruch ein, mit dem sie erstmals geltend machte, dass ihr der Vorsteuerabzug für die Lieferung von Blutplasma in das übrige Gemeinschaftsgebiet zustehe. Einspruch und Klage (Sächsisches FG vom 26.9.2012, 2 K 779/12, EFG 2013, 813) hatten keinen Erfolg.

 

Entscheidung

Auch die Revision der Klägerin hatte keinen Erfolg. Der BFH ging entsprechend der EuGH-Rechtsprechung von einem Vorrang der unechten Steuerbefreiung ohne Recht auf Vorsteuerabzug gegenüber der zum Vorsteuerabzug berechtigenden Steuerfreiheit für innergemeinschaftliche Lieferungen aus. Ob die auch im Verhältnis von unechter Steuerfreiheit zur steuerfreien Ausfuhrlieferung gilt, blieb offen.

 

Hinweis

1. Beim Vorsteuerabzug ist zwischen echter und unechter Steuerbefreiung zu unterscheiden. Echte Steuerbefreiungen stehen gem. § 15 Abs. 3 UStG dem Vorsteuerabzug nicht entgegen. So ist es z.B. bei Ausfuhrlieferungen und innergemeinschaftlichen Lieferungen. Unechte Steuerbefreiungen führen demgegenüber gem. § 15 Abs. 2 UStG zu einem Vorsteuerabzugsverbot. Dies gilt für steuerfreie Inlandsleistungen wie z.B. Heilbehandlungsleistungen, Krankenhausumsätze oder die Lieferung von menschlichem Blut.

2. Fraglich war, welche Rechtsfolgen sich aus dem Zusammentreffen von echter und unechter Steuerfreiheit ergeben. Diese Frage stellt sich z.B. dann, wenn ein Gegenstand, dessen Lieferung im Inland als unechte Steuerbefreiung ohne Recht auf Vorsteuerabzug steuerfrei ist, innergemeinschaftlich und damit im Rahmen einer Steuerbefreiung mit Recht auf Vorsteuerabzug geliefert wird.

Hierzu hatte der EuGH in seinem Urteil vom 7.12.2006, C 240/05, Eurodental, Slg. 2006, I 11479 entschieden, dass der Steuerpflichtige (Unternehmer) kein Recht auf Vorsteuerabzug hat, wenn er Leistungen für die innergemeinschaftliche Lieferung von Gegenständen bezieht, deren Lieferung im Inland steuerfrei ist. Entscheidend war hierfür die ansonsten bestehende Möglichkeit, für die innergemeinschaftliche Lieferung im Abgangsmitgliedstaat ein Recht auf Vorsteuerabzug in Anspruch nehmen zu können, obwohl aufgrund der Steuerfreiheit der Inlandslieferung der innergemeinschaftliche Erwerb im Bestimmungsmitgliedstaat steuerfrei ist (vgl. hierzu im Inland: § 4b Nrn. 1 und 2 UStG). Es käme dann zu einem Vorsteuerabzug ohne Besteuerung auf der nachfolgenden Stufe. Um dies zu verhindern, hat der EuGH der unechten Steuerfreiheit ohne Vorsteuerabzug Vorrang vor der echten Steuerfreiheit mit Vorsteuerabzug eingeräumt. Dieses Spezialitätsverhältnis ist auch bei der gebotenen richtlinienkonformen Auslegung von § 15 Abs. 3 UStG zu beachten.

3. Fraglich ist, ob dies auch im Verhältnis zwischen unechter Steuerfreiheit zur Steuerbefreiung für Ausfuhrlieferungen gilt. Die Behandlung im Drittstaat ist aus Sicht des EU-Rechts eigentlich ohne Bedeutung, sodass hier von einem Vorrang der echten Steuerbefreiung für Ausfuhrlieferung vor der unechten Steuerfreiheit für die Inlandslieferung auszugehen sein könnte.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 22.8.2013 – V R 30/12

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