Leitsatz

1. Die Internationale Schifffahrts- und Hafenordnung für den Bodensee (ISHO) vom 22.9.1867 wurde durch das Übereinkommen über die Schifffahrt auf dem Bodensee vom 1.6.1973 (BGBl II 1975, 1406) aufgehoben.

2. Es bleibt unentschieden, ob der Bodensee als real geteilt anzusehen ist. Selbst wenn dies nicht der Fall sein sollte, stünden der Steuerbarkeit von dortigen Kioskumsätzen auf deutschen Schiffen ab dem Jahr 1984 keine allgemeinen Regeln des Völkerrechts i.S.d. Art. 25 GG entgegen.

 

Normenkette

§ 1 Abs. 1 Nr. 1 ZG , § 1 Abs. 2 ZG , § 3 Abs. 6 ZG , § 2 Abs. 3 Nr. 1 ZG

 

Sachverhalt

Die im Inland ansässige Klägerin verkaufte Süßwaren auf Bodenseeschiffen. Sie meinte, die Internationale Schifffahrts- und Hafenordnung für den Bodensee vom 22.9.1867 (ISHO, Bayerisches Regierungsblatt 1868, 385) verbiete die Erhebung von Abgaben und somit auch von deutscher Umsatzsteuer; ihre Umsätze auf dem Bodensee seien daher nicht steuerbar. Die ISHO war allerdings seit 1976 (Art. 27 Abs. 1 und die Präambel des Übereinkommens über die Schifffahrt auf dem Bodensee vom 1.6.1973) aufgehoben worden.

Das FA ging dagegen davon aus, dass sich das Erhebungsgebiet i.S.d. § 1 Abs. 2 UStG bis zur Mitte des Bodensees erstrecke (Realteilungstheorie). Dementsprechend erfasste es nur einen entsprechenden Teil der Kioskumsätze. Der Auffassung schloss sich das FG an.

 

Entscheidung

Die Revision der Klägerin hatte keinen Erfolg.

 

Hinweis

Die Breitenwirkung der Entscheidung dürfte gering sein. Es reicht m.E. deshalb ein knapper Hinweis:

Staats- und völkerrechtlich könnte der Bodensee noch zu mehreren Dissertationen Anlass geben. Die Realteilungstheorie erklärt sich selbst: reale Teilung mit der Folge, dass nur ein Teil Erhebungsgebiet wäre. Die Kondominiumstheorie bedeutet: gemeinsame Gebietshoheit der Anliegerstaaten. Daraus folgt aber allenfalls, dass das ganze Grenzgebiet Erhebungsgebiet wäre, nicht, wie die Klägerin meinte, das Gegenteil.

Die Finanzverwaltung geht – bei Berücksichtigung der verschiedenen Theorien – vom "kleinsten gemeinsamen Nenner" aus. Die Anrainerstaaten haben ausdrücklich im November 1983 gegen diese Praxis keine Einwände erhoben.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 29.8.2002, V R 30/01

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