Leitsatz

Ein fiktiver Unterhaltsanspruch gehört nicht zu den eigenen Einkünften und Bezügen eines Kindes. Nur wenn der Unterhalt tatsächlich zufließt, ist er in die Kindergeldberechnung einzubeziehen.

 

Sachverhalt

Eine angehende Bankkauffrau wurde während ihrer Ausbildung schwanger und konnte diese erst nach Mutterschutz und Elternzeit abschließen. Mit dem Vater des Kindes lebte sie nicht zusammen, auch war sie nicht mit ihm verheiratet. Der Vater zahlte nur für das Kind Unterhalt, für die Mutter zahlte er nichts. Fraglich war, ob die Kindesmutter steuerlich noch als Kind zu berücksichtigen ist und ihre Eltern daher einen Anspruch auf Kindergeld haben. Den Eltern wurde das Kindergeld mit dem Argument verwehrt, dass ihre Tochter einen fiktiven Unterhaltsanspruch gegenüber dem Kindesvater hat (aus § 1615I Abs. 2 BGB) und ihre Einkünfte und Bezüge deshalb den maßgeblichen Grenzbetrag von (damals) 7.680 EUR übersteigen.

 

Entscheidung

Das FG entschied, dass ein fiktiver Unterhaltsanspruch nicht bei der Berechnung der eigenen Einkünfte und Bezüge des Kindes einbezogen werden darf. Zwar verneinte das FG zunächst, dass im Urteilsfall überhaupt ein Unterhaltanspruch bestand. Diese Feststellung war jedoch nicht streitentscheidend, da nach Ansicht des Gerichts der Anspruch allein noch keine Einbeziehung rechtfertigt. Vielmehr muss der Unterhalt dem Kind auch tatsächlich zugeflossen sein. Dies war nicht der Fall. Neben den tatsächlich zugeflossenen Mitteln dürfen zudem nur Einkünfte und Bezüge einbezogen werden, auf die das Kind verzichtet hat. Einen solchen Verzicht auf Unterhalt erkannte das FG im Urteilsfall aber nicht. Die Richter gingen davon aus, dass die Mutter nichts von einem etwaigen Unterhaltsanspruch wusste und daher auch nicht bewusst auf diesen verzichten konnte. In der Konsequenz war daher kein fiktiver Unterhaltsanspruch zu berücksichtigen, sodass die Kindesmutter unter dem Grenzbetrag von 7.680 EUR blieb und steuerlich noch als Kind zu berücksichtigen war.

 

Hinweis

Ein volljähriges Kind wird aktuell steuerlich nur berücksichtigt, wenn es Einkünfte und Bezüge von nicht mehr als 8.004 EUR bezogen hat (§ 32 Abs. 4 S. 2 EStG). Bis zum Veranlagungszeitraum 2009 lag diese Grenze noch bei 7.680 EUR. Die Überschreitung des Grenzbetrags kann nicht dadurch umgangen werden, dass das Kind bewusst auf Einkünfte oder Bezüge verzichtet (§ 32 Abs. 4 S. 9 EStG).

 

Link zur Entscheidung

FG Münster, Urteil vom 17.06.2010, 11 K 2790/09 Kg

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