Leitsatz

Wohnung nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Satz 7 EStG 2004 ist nur eine Unterkunft, die dem Steuerpflichtigen zuzurechnen ist, also seine "eigene" Wohnung ist. Eine gemeinschaftliche Wohnung kann danach "eigene" Wohnung sein, wenn der Steuerpflichtige selbst zwar noch eine eigene Wohnung besitzt, in der gemeinschaftlichen Wohnung aber nachweislich seit längerer Zeit ständig lebt und übernachtet.

 

Sachverhalt

Die im Jahr 1983 geborene Tochter der Klägerin besuchte im Jahr 2004 die Fachhochschule für Verwaltung und Rechtspflege. Am Ausbildungsort bewohnte die Tochter mit ihrem Ehemann eine Drei-Zimmer-Wohnung. Die Familienkasse (FK) hob die Kindergeldfestsetzung ab dem Januar 2004 auf, da die Einkünfte und Bezüge der Tochter den Grenzbetrag nach § 32 Abs. 4 EStG überschritten hätten. Nach erfolglosem Einspruchsverfahren macht die Klägerin im Klageverfahren geltend, dass sich der Lebensmittelpunkt der Tochter noch an deren Heimatort bei Klägerin befunden habe, weil sich die Tochter an den überwiegenden Wochenenden und in der ausbildungsfreien Zeit in der Wohnung der Klägerin aufgehalten habe. Die Aufwendungen für die Fahrten von dem Lebensmittelpunkt zur Fachhochschule seien daher als Werbungskosten anzuerkennen und der Grenzbetrag nach § 32 Abs. 4 EStG werde danach unterschritten. Die FK ist der Auffassung, dass sich der Lebensmittelpunkt der Tochter nicht an ihrem Heimatort befinde, da sie dort keine eigene Wohnung habe.

 

Entscheidung

Nach Auffassung des FG sind die Aufwendungen für die Familienfahrten nicht als Werbungskosten zu berücksichtigen, da die Tochter der Klägerin am Heimatort keine Wohnung i. S. d. § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Satz 7 EStG 2004 hat. Nach dem Urteil des BFH v. 25.3.1988 (VI R 207/84, BStBl 1988 II S. 706) kann eine gemeinschaftliche Wohnung nur dann eine Wohnung im Sinne dieser Vorschrift sein, wenn der Steuerpflichtige selbst keine andere weitere Wohnung hat oder er zwar noch eine eigene Wohnung besitzt, in der gemeinschaftlichen Wohnung aber nachweislich seit längerer Zeit ständig lebt und übernachtet. Unter Beachtung dieser Kriterien ist das Zimmer im Haus der Klägerin eine fremde und keine eigene Wohnung. Da die Tochter keine Wohnung bei der Klägerin hat ist es unerheblich, ob dort ihr Mittelpunkt der Lebensinteressen gewesen ist.

 

Hinweis

Im Revisionsverfahren III R 48/09 muss der BFH die Frage klären, ob ein Zimmer im Haus der Eltern eine Wohnung i. S. d. § 9 EStG ist oder nicht. In vergleichbaren Fällen sollte daher Einspruch gegen die Ablehnung des Kindergeldes eingelegt und das Ruhen des Verfahrens nach § 363 Abs. 2 AO beantragt werden.

 

Link zur Entscheidung

FG des Landes Sachsen-Anhalt, Urteil vom 22.01.2008, 4 K 94/06

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