Die beschriebenen Ansatzpunkte zur Gestaltung von Kennzahlen in saisonalen Branchen werden anhand des Beispiels eines Herstellers kundenindividueller Genussmittel veranschaulicht.

3.1 Saisonale Nachfrageschwankungen

Starke saisonale Schwankungen bei kundenindividuellen Genussmitteln

Kundenindividuelle Genussmittel wie Schokolade und Pralinen werden insbesondere als Geschenke nachgefragt. Der Bedarf steigt wenige Wochen vor Schenkfesten wie Weihnachten, Ostern, Muttertag und Valentinstag sehr stark an und fällt nach diesen Ereignissen abrupt ab. Die Produkte müssen bis zu diesen Ereignissen geliefert werden. Bei verspäteter Lieferung sinkt der Wert der Produkte für die Kunden sehr stark, da sie sie nicht mehr als Geschenke zu diesen Anlässen nutzen können.

Die saisonalen Hochs werden durch die steigende Nachfrage vor den Schenkfesten begründet. Saisonale Hochs nehmen zeitlich gesehen ca. 15 % eines Jahres ein. Im Praxisbeispiel werden während dieser Zeiträume mehr als 60 % des Jahresvolumens abgesetzt.

Produzierende Unternehmen kundenindividueller Genussmittel stehen vor der Herausforderung, die Produkte entsprechend der saisonalen Nachfrage herzustellen und fristgerecht zu liefern. Die genauen Nachfragemengen und kundenindividuellen Spezifikationen sind nur begrenzt planbar. Eine Vorproduktion vor saisonalen Hochs ist aufgrund der kundenindividuellen Herstellung nicht möglich. Ein Großteil des Produktionsvolumens fällt in die saisonalen Hochs und muss in einem kurzen Zeitraum erfüllt werden. Je näher die Schenkfeste rücken, desto stärker konzentriert sich die Nachfrage und desto kürzer werden die Lieferzeiten.

Zur kurzfristigen Erfüllung von Aufträgen müssen stets ausreichend Vorprodukte vorhanden sein. Zugleich ist darauf zu achten, dass Lagerkosten minimiert und verderbliche Vorprodukte rechtzeitig vor dem Ende der Haltbarkeit verbraucht werden. Die Endprodukte müssen nach der Auslieferung an die Kunden noch einige Monate haltbar sein.

3.2 Kennzahlen zur Unternehmenssteuerung

Kennzahlen entsprechend der saisonalen Nachfrage auswählen

Für die Steuerung eines Herstellers kundenindividueller Schokolade werden Kennzahlen entsprechend der saisonalen Nachfrage gestaltet. Zunächst werden in Abhängigkeit von den Saisonalitäten die zentralen Kennzahlen festgelegt. In saisonalen Hochs steht die fristgerechte Lieferung der Produkte an die Kunden im Vordergrund. Besondere Bedeutung hat die Lieferung vor dem Schenkfest. Dies wird durch die Steuerung anhand der Kennzahlen Produktionsdauer und Lieferzeit unterstützt. Lieferzeit beinhaltet neben der Produktionsdauer die Dauer des Transports vom Produktionsstandort zum Kunden.

Während saisonaler Tiefs steht die effiziente Produktion trotz niedriger Nachfrage im Mittelpunkt. Die vorhandenen Kapazitäten sollen ausreichend ausgelastet werden. Zur Steuerung wird das Produktionsvolumen pro Mitarbeiter pro Stunde betrachtet, das einen spezifischen Sollwert nicht unterschreiten soll (vgl. Tab. 5).

 
  Hoch Tief
Herausforderung fristgerechte Lieferung an die Kunden effiziente Produktion
Ziel Einhaltung der Lieferfrist, Lieferung vor dem Schenkfest Auslastung der vorhandenen Kapazitäten
Zentrale Kennzahlen

Produktionsdauer

Lieferzeit
Produktionsvolumen pro Mitarbeiter pro Stunde

Tab. 5: Auswahl von Kennzahlen für Hersteller kundenindividueller Genussmittel

Produktionsdauer

Im Folgenden wird die saisonalitätsadäquate Gestaltung der Kennzahlen anhand einer Auswahl von Kennzahlen beispielhaft erläutert. Für die Steuerung der fristgerechten Lieferung ist die Kennzahl Produktionsdauer relevant, die Auslastung wird mithilfe des Produktionsvolumens pro Mitarbeiter pro Stunde sichergestellt. Die Produktionsdauer stellt einen Bestandteil der gesamten Lieferzeit von Bestelleingang bis Anlieferung beim Kunden dar. Während des gesamten Jahres wird eine Produktionsdauer von bis zu 2 Tagen angestrebt. In saisonalen Hochs steht die Lieferung spätestens zu den Ereigniszeitpunkten der jeweiligen Hochs im Mittelpunkt. Aufgrund des höheren Produktionsvolumens wird in Hochs eine Produktionsdauer von 2 Tagen, in Tiefs von einem Tag angestrebt.

Die Kennzahl Produktionsdauer unterliegt verschiedenen Einflussfaktoren aufseiten des Unternehmens. Einflüsse und damit Ansatzpunkte zur Korrektur bei Zielabweichungen sind

  • die vorhandenen Kapazitäten in einzelnen Produktionsbereichen und Produktlinien,
  • das Auftragsvolumen,
  • die Produktionsplanung sowie
  • die Verfügbarkeit von Vorprodukten.

Auf Überschreitungen der Sollwerte wird in saisonalen Hochs zunächst mit der Verlängerung und Erhöhung der Anzahl der Schichten reagiert. Sind diese Maßnahmen ausgeschöpft, werden die Kapazitäten durch den Einsatz von kurzfristig verfügbaren externen Mitarbeitern erhöht.

In saisonalen Tiefs steht die gleichmäßige und ausreichende Auslastung der Produktionskapazitäten im Vordergrund. Die Herausforderung besteht darin, Unterauslastungen zu verhindern. Die Kapazitäten werden zwischen den Produktionsbereichen so verteilt, dass alle Bereiche gleichmäßig ausgelastet sind.

Produktionsvolumen pro Mitarbeiter pro Stunde

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