Wie ist das Thema KPI-Steuerung heute in mittelständischen Unternehmen verankert? Generell lassen sich hier keine "Pauschalaussagen" treffen, denn die Treiber für die Ausprägung eines Kennzahlensystems sind vielfältig. Das Thema "Controlling im Mittelstand" ist Gegenstand verschiedener empirischer Untersuchungen. Mit Fokus auf das Thema "KPIs" sind hier zuerst die Aussagen zu den genutzten Controllinginstrumenten relevant. Des Weiteren lassen sich aber auch vor dem Hintergrund der Controllingorganisation sowie der Verfügbarkeit der IT-Unterstützung Tendenzen ableiten. Diese sollen anhand der folgenden drei Gestaltungsparameter beschrieben werden:

  • Inhalte: Wie ausgeprägt ist die Nutzung von Kennzahlensystemen und welche Aussagen lassen sich zu den inhaltlichen Schwerpunkten treffen?
  • Prozesse: Wie sind die Aktivitäten organisiert, die zur Bereitstellung der relevanten Kennzahlen notwendig sind?
  • Systeme: Welche IT-Unterstützung steht zur Verfügung, um die Datenbasis für die Kennzahlen bereitzustellen und Berichte zu generieren?

2.1.1 Inhalte häufig nicht entscheidungsorientiert

Konzentration auf Inhalte des externen Berichtswesens

Vor dem Hintergrund, dass eine spezialisierte Controllingfunktion häufig erst mit wachsender Unternehmensgröße vorliegt[1], werden Aufgaben des internen Berichtswesens häufig von Mitarbeitern des externen Rechnungswesens mitbetreut.[2] Dieser organisatorische Aspekt kann dazu führen, dass sich die berichteten Kennzahlen auf Größen konzentrieren, die sich sehr stark am externen Rechnungswesen orientieren. Oft haben diese Informationen jedoch nur eine eingeschränkte Relevanz für die Unternehmenssteuerung bzw. decken nicht alle für die Unternehmenssteuerung erforderlichen Inhalte ab. So finden zum Beispiel nicht-finanzielle Kennzahlen wie bspw. Kundenzufriedenheit keine Berücksichtigung.

Eine Konzentration auf das externe Rechnungswesen bedeutet zudem, dass die Kennzahlen ausschließlich in den etablierten Legalstrukturen vorliegen. In den wenigsten Fällen entspricht die Legalstruktur jedoch den steuerungsrelevanten Management-Dimensionen. So lassen sich aus der Legalberichterstattung in den meisten Fällen nicht ohne weiteres Segment- bzw. Business Unit-Informationen ableiten. Außerdem liegen somit keine Ergebnisinformationen auf Produktebene oder Informationen zu den einzelnen Funktionsbereichen wie Produktion oder Vertrieb vor.[3] Ein weiterer Aspekt ist, dass die Kennzahlen des externen Rechnungswesens ohne weitere Anpassungen nicht alle Aspekte des Unternehmenserfolgs berücksichtigen – eine Risikobetrachtung ist z. B. nicht ohne weiteres möglich. Zudem können in der Rechnungslegung genutzte Wahlrechte unter Umständen zu einem verzerrten Bild der Performance führen, was im schlimmsten Fall zu Fehlentscheidungen führen kann.

[1] vgl. bspw. Becker, Ulrich und Zimmermann 2012.
[2] vgl. z. B. Rieg, Gruber und Reißig-Thust 2013.
[3] vgl. auch die Zusammenfassung der Studie von Schön und Müller 2010 bei Schön 2016, S. 134.

2.1.2 Geringe Verzahnung mit der Unternehmensstrategie

Vor dem Hintergrund, dass sich das Controlling in kleineren Unternehmen oft auf operative Tätigkeiten konzentriert und die Übernahme von strategischen Aufgaben erst mit steigender Unternehmensgröße zunimmt[1], lässt sich häufig beobachten, dass in kleineren Unternehmen die Verzahnung des Kennzahlensystems mit der Unternehmensstrategie verhältnismäßig gering ausgeprägt ist. Die seltenere Nutzung strategischer Controllinginstrumente, wie bspw. der Balanced Scorecard in kleineren Unternehmen[2] untermauert diese Beobachtung. Ein zusammenhängendes Kennzahlensystem, welches Ursache-Wirkungs-Zusammenhänge abbildet, ist somit in vielen kleineren und mittleren Unternehmen tendenziell seltener anzutreffen als in größeren Unternehmen.

Nachholbedarf bei Prozessstandardisierung und Systemintegration

Die Erfüllung von Controllingaufgaben durch spezialisierte Mitarbeiter ist in kleineren Unternehmen weniger verbreitetet als in Großunternehmen.[3] Sofern eine Controllingabteilung vorhanden ist, sind die Mitarbeiterkapazitäten in kleineren Unternehmen oft begrenzt.[4] Erfahrungsgemäß kann dies dazu führen, dass die mit Controllingaufgaben betrauten Mitarbeiter sehr stark in die Erfüllung des Tagesgeschäfts eingebunden sind. Für eine Professionalisierung der Systeme und Prozesse fehlt dabei oft die Zeit. Übergeordnete Aktivitäten, wie bspw. die Organisation des Reportingprozesses (z. B. Etablierung eines Reportingkalenders, Festlegung klarer Verantwortlichkeiten und Vertretungsregelungen, Dokumentation der Berechnungsvorschriften verwendeter Kennzahlen, usw.), können so oft nicht wahrgenommen werden.

Der Schwerpunkt der Controllertätigkeit liegt somit eher auf der Datenaufbereitung und Informationsbereitstellung. Zum einen kann durch eine alleinige Konzentration auf die Informationsbereitstellung die Rolle des "Business Partners" nicht ausgefüllt werden, zum anderen werden aber auch sogenannten "Governance"-Tätigkeiten eine zu geringe Priorität eingeräumt. Dies kann dazu führen, dass Prozesse nicht standardisiert oder dokumentiert sind. Ein Mangel ...

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