Leitsatz

Wird eine Außenprüfung nach einer Unterbrechung von mehr als sechs Monaten vor Ablauf der normalen Festsetzungsfrist fortgeführt, so ist die Verjährung auch dann gehemmt, wenn keine neue Prüfungsanordnung erlassen wurde.

 

Normenkette

§ 171 Abs. 4 AO , § 196 AO , § 197 AO , § 99 Abs. 2 FGO

 

Sachverhalt

Die klagende OHG hatte die Erklärungen zur Gewinnfeststellung, Gewerbe- und Umsatzsteuer für das Jahr 1990 im Jahr 1991 abgegeben. Das FA erließ im Juli 1993 eine Prüfungsanordnung. Die Prüfung begann noch im gleichen Monat, wurde aber erst im Dezember 1995 abgeschlossen. Ob die Prüfung unmittelbar nach ihrem Beginn vom Prüfer unterbrochen und dann erst 1995 wieder aufgenommen (so die OHG) oder mit zeitweiligen Unterbrechungen bis zum Abschluss fortgeführt wurde (so das FA), ließ sich nicht mehr aufklären.

Die OHG griff die aufgrund der Prüfungsfeststellungen im Jahr 1996 ergangenen Bescheide u.a. mit dem Argument an, es sei Festsetzungs- bzw. Feststellungsverjährung eingetreten. Mit einem Zwischenurteil entschied das FG, den Bescheiden stehe keine Verjährung entgegen.

 

Entscheidung

Der BFH bestätigte die Auffassung des FG. Es komme nicht darauf an, ob die Prüfung unterbrochen worden sei oder nicht. Auch im Fall einer Unterbrechung habe die erneute Aufnahme der Prüfung zu einer Hemmung der Verjährung geführt.

 

Hinweis

1. Nach § 171 Abs. 4 AO läuft bekanntlich die Festsetzungs- bzw. Feststellungsfrist nicht ab, wenn vor Ablauf der üblicherweise vier Jahre dauernden Frist mit einer Außenprüfung begonnen wird. Das FA hat dann noch ausreichend Zeit zum Abschluss der Prüfung und zur Auswertung der Prüfungsfeststellungen. Zum Schutz des Steuerbürgers bestimmt allerdings Satz 2 der Vorschrift, dass die Hemmung der Verjährung nicht eintritt, wenn die Außenprüfung unmittelbar nach ihrem Beginn für mehr als sechs Monate aus Gründen unterbrochen wird, die die Verwaltung zu vertreten hat. Zum Offenhalten der Verjährung reicht also der bloße Prüfungsbeginn nicht aus.

2. Im Besprechungsfall unterstellte der BFH, dass die Prüfung aus von der Verwaltung zu vertretenden Gründen unmittelbar nach ihrem Beginn für mehr als sechs Monate unterbrochen war. Trotzdem kam er zu dem – zunächst vielleicht überraschenden – Ergebnis, die Verjährung sei wirksam gehemmt worden. Zur Begründung stützt sich der BFH darauf, dass unstreitig später noch Prüfungshandlungen stattgefunden haben. Wird die zunächst begonnene Prüfung im Sinn des § 171 Abs. 4 Satz 2 AO unterbrochen, betrachtet der BFH die spätere Aufnahme von Prüfungshandlungen als Beginn einer neuen Prüfung. Diese neue Prüfung entfaltet dann die verjährungshemmende Wirkung.

3. Dieselbe Rechtsfolge galt nach der Rechtsprechung des BFH schon bisher für die Verjährungshemmung bei einer Steuerfahndungsprüfung nach § 171 Abs. 5 AO. Daraus war aber nicht zu folgern, dass für eine reguläre Außenprüfung Gleiches zu gelten hat. Denn im Unterschied zur Außenprüfung ergeht bei der Steuerfahndungsprüfung keine Prüfungsanordnung. Eine Außenprüfung ist demgegenüber nur rechtmäßig und entfaltet verjährungshemmende Wirkung, wenn eine Prüfungsanordnung gem. § 196 AO ergangen ist.

Es ließe sich deshalb die Auffassung vertreten, dass die nach Unterbrechung neu aufgenommene Prüfung auch einer neuen Prüfungsanordnung bedarf. In diesem Punkt hat sich der BFH mit dem Besprechungsurteil aber anders entschieden. Seiner Meinung nach bleibt die Prüfungsanordnung für die unterbrochene Prüfung weiter wirksam und bildet die Grundlage für eine später erneute Aufnahme von Prüfungshandlungen.

Beachten Sie, dass dies auch für die Dauer eines Einspruchsverfahrens gegen die Prüfungsanordnung gilt, sofern nicht AdV gewährt worden ist.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 13.2.2003, IV R 31/01

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