Leitsatz

Bei einer so genannten Außensozietät liegt keine Mitunternehmerschaft vor, wenn das Mitunternehmerrisiko durch Freistellungsvereinbarungen und Berufshaftpflichtversicherungen einerseits und durch eine stabile Gewinnsituation andrerseits sehr schwach ausgeprägt ist. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die gesamte Geschäftsführung und sonstige Entscheidungsbefugnis auf einen Gesellschafter konzentriert ist, der die anderen über bloße Kontroll- und Einsichtsrechte hinaus nicht beteiligt und auch die stillen Reserven allein für sich beansprucht.

 

Sachverhalt

Ein Frauenarzt mit Schwerpunkt pränatale Diagnostik nahm 1993 zwei weitere Gesellschafter zur Gründung einer Gemeinschaftspraxis auf. In berufs- und sozialrechtlicher Hinsicht wurde die Gemeinschaftspraxis anerkannt. Die Gesellschafter legten allerdings im Gemeinschaftspraxisvertrag fest, dass die aufgenommenen Gesellschafter für die einzelnen Jahre fixe Gewinnanteile beziehen sollen und bei einem Ausscheiden nicht an den stillen Reserven beteiligt werden. An den Verlusten der Gemeinschaftspraxis waren die Mitgesellschafter nicht beteiligt. Die alleinige Geschäftsführungs- und Entscheidungsbefugnis stand dem aufnehmenden Gesellschafter zu, die zwei weiteren Gesellschafter hatten nur ein Beteiligungsrecht an Beratungen und im Übrigen Kontroll- und Einsichtsrechte in Bezug auf die Geschäftsunterlagen. Das gesamte Anlagevermögen der Praxis, insbesondere der mit über 1 Mio. DM angesetzte Praxiswert stellte alleiniges Sonderbetriebsvermögen des Hauptgesellschafters dar, der damit 100% des Gesellschaftsvermögens besaß. Nach dem Vertragswerk lag lediglich eine Außensozietät vor, bei der die Mitgesellschafter vom Hauptgesellschafter in jeder Hinsicht von der Inanspruchnahme durch Dritte frei gestellt werden sollten. Im Übrigen sollte eine Berufshaftpflichtversicherung, die ebenfalls über den Hauptgesellschafter abgeschlossen wurde, die Risiken abdecken. Nur in ihrer beruflichen Ausübung handelten die Mitgesellschafter unabhängig und nicht weisungsgebunden. Nach Ausscheiden des zweiten Neugesellschafters wurden die Gewinnanteile des verbleibenden Gesellschafters erhöht. Der Hauptgesellschafter brachte seine Einzelpraxis im Jahr 1993 zu Teilwerten begünstigt in die Gemeinschaftspraxis ein und schrieb insbesondere den Praxiswert in den Folgejahren planmäßig ab. Infolge einer Betriebsprüfung wurden die Feststellungsbescheide für die Jahre ab 1993 aufgehoben, da das Finanzamt keine Mitunternehmerschaft erkennen konnte.

 

Entscheidung

Auch das Finanzgericht konnte keine Mitunternehmerschaft erkennen. Mitunternehmerschaft nach den §§ 18 Abs. 4 Satz 2, 15 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 EStG setzt voraus, dass Mitunternehmerrisiko und Mitunternehmerinitiative festgestellt werden können. Dabei kann im Einzelfall ein schwach ausgeprägtes Mitunternehmerrisiko durch eine intensiver eingeräumte Mitunternehmerinitiative ausgeglichen werden und umgekehrt. Das Gericht konnte weder das eine noch das andere Kriterium in ausreichendem Maße feststellen. Das Mitunternehmerrisiko war schwach ausgeprägt, indem die prinzipiell bestehende unbeschränkte Außenhaftung durch eine umfassende Freistellungsverpflichtung im Innenverhältnis konterkariert wurde. Überdies war eine Berufshaftpflichtversicherung unter der alleinigen Kontrolle des Hauptgesellschafters abzuschließen und auch die langjährige ausgeprägte Gewinnsituation ließ eine persönliche Haftung der Scheinsozii äußerst unwahrscheinlich werden. Schließlich wurde den Mitgesellschaftern eine garantierte Gewinnbeteiligung für alle Jahre zugesagt und ihre Beteiligung am Verlust der Gemeinschaftspraxis war vertraglich ausgeschlossen. Auch die Gewinnanpassungsklauseln in der Vereinbarung waren so unverbindlich, dass auch hierin keinerlei Mitunternehmerrisiko destilliert werden konnte. Im Übrigen wurde trotz einer 20%igen Gewinnabweichung die ursprüngliche Vereinbarung nicht geändert.

Ebenso schwach ausgestaltet erschien dem Gericht die Mitunternehmerinitiative. Die alleinige Geschäftsführungs- und Entscheidungsbefugnis hatte der Hauptgesellschafter. Er musste sich lediglich mit seinen Mitgesellschaftern beraten. Vetorechte standen diesen nicht zu. Weder die vereinbarte selbstständige Berufsausübung noch die berufs- und sozialrechtliche Anerkennung der Selbstständigkeit der beteiligten Ärzte berührt die Sphäre der Unternehmerschaft, die nach anderen Kriterien, nämlich rein steuerlichen Kriterien, zu beurteilen ist. Die bloßen, dem Kommanditisten angenäherten Einsichts- und Kontrollrechte der Gesellschafter begründen nach Ansicht des Gerichts keine echte Mitunternehmerinitiative. Auch die Behauptung, dass die Gesellschafter den Vertrag abweichend von den Regelungen durchgeführt hätten, sah das Gericht durch eine in dieser Hinsicht wenig ergiebige Zeugenvernehmung als nicht erwiesen an.

 

Hinweis

Das Gericht hat die Revision zugelassen, u. a. mit dem Hinweis auf ein paralleles Verfahren im Anschluss an das Urteil des FG Münster vom 9.7.2002, das der BFH unter d...

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