Leitsatz

Kurzfristige Wechselkredite bei verschiedenen Banken sind nicht deswegen als eine einheitliche Schuld i.S.d. § 8 Nr. 1 GewStG zu beurteilen, weil zur langfristigen Zinssicherung der Kredite ein sog. Zinsswap-Geschäft ohne Auszahlung des Nominalbetrags (General Hedge) abgeschlossen wird. Die für das Swap-Geschäft geleisteten Zinsen sind deshalb keine Dauerschuldentgelte.

 

Normenkette

§ 8 Nr. 1 GewStG

 

Sachverhalt

Die Klägerin, eine GmbH, betrieb die als Tochterunternehmen eines ausländischen Konzerns der Kraftfahrzeugindustrie den Großhandel mit Automobilen und Ersatzteilen der Muttergesellschaft. Die Finanzierung der Importe erfolgte im Streitjahr 1993 bei der Klägerin üblicherweise durch kurzfristige Wechselkredite. Diese wurden jeweils in unterschiedlicher Höhe von unterschiedlichen Kreditgebern zu unterschiedlichen Zeitpunkten aufgenommen, wobei nicht jeweils mehrere Wechselkredite beim selben Kreditgeber aufeinander folgten. Die Verzinsung der Wechselkredite erfolgte auf Grundlage des 3-Monats-Libors, der um einen Aufschlag erhöht wurde. Dieser war je nach Kreditgeber unterschiedlich.

Es bestand kein Anspruch der Klägerin gegenüber den jeweils beteiligten Banken auf Gewährung eines Kredits bei Begebung eines Wechsels. Über die Kreditgewährung wurde jeweils von Fall zu Fall entschieden. Es erfolgte auch keine Kreditgewährung mit feststehender Kreditlinie über einen längeren Zeitraum bei einer Bank. Die verschiedenen Banken wirkten bei der Gewährung der jeweiligen kurzfristigen Wechselkredite nicht zusammen.

Die Klägerin schloss mit einem Dritten (A) einen Rahmenvertrag über den Abschluss von Zinsswap-Geschäften für die Dauer von vier Jahren. Auf dieser Grundlage wurde ein Zinsswap-Geschäft geschlossen. Danach verpflichtete sich die Klägerin, eine jährliche Zahlung von 5,05 % eines Nominalbetrags von 20 Mio. DM an A zu leisten und erhielt als Gegenleistung eine variable Gutschrift, basierend auf dem jeweiligen 3-Monats-Libor, für denselben Nominalbetrag. Der variable Zinssatz für den Anfangsberechnungszeitraum betrug 6,27232 %. Der Zinsswap wurde als "General Hedge" vereinbart, bei dem der jeweilige Nominalbetrag nicht aus- und zurückgezahlt wurde.

Das Zinsswap-Geschäft diente der Absicherung des Zinsschwankungsrisikos bei der Importfinanzierung durch kurzfristige Wechselkredite.

Im Gegensatz zu der Klägerin erfasste das FA die an A gezahlten Zinsen von 5,05 % als Dauerschuldentgelte und rechnete die Hälfte dieses Betrags dem Gewinn der Klägerin bei der Ermittlung des Gewerbeertrags hinzu.

Die dagegen gerichtete Klage hatte Erfolg (EFG 2003, 254).

 

Entscheidung

Durch die Revision des FA änderte sich an diesem Ergebnis nichts; auch der BFH gab der Klägerin recht:

Die Kredite als solche waren jeweils unterjährig und damit kurzfristig und dienten laufenden Geschäftsvorfällen. Sie stellten sonach keine Dauerschulden dar. Die Zinsswap-Vereinbarung zog wiederum keine Kapitalüberlassung nach sich; sie diente nur dem "Hedging", also der Zinssicherung. Infolgedessen sah der BFH keinen Grund für die Annahme, der Zinsswap "ziehe" die Wechselkredite in den Dauerschuldbereich "hinein". Im Einzelnen ergibt sich dazu alles aus den Praxis-Hinweisen.

 

Hinweis

1. Es gibt seit geraumer Zeit einen Streit darüber, ob Zinssicherungsgeschäfte (Swaps) geeignet sind, voneinander getrennte (einzelne) Fremdverbindlichkeiten, die an sich keine Dauerschulden darstellen, zu verklammern und zu einer einheitlichen, langfristigen Kapitalnutzung mutieren zu lassen. Anlass zu diesem Streit gab eine entsprechende Verwaltungspraxis, die sich für ihre Auffassung auf das BFH-Urteil vom 20.6.1990, I R 127/86 (BStBl II 1990, 915) bezieht. Danach können Verbindlichkeiten gegenüber verschiedenen Kreditgebern als eine Schuld i.S.d. § 8 Nr. 1 GewStG zu beurteilen sein, wenn sie wirtschaftlich eng zusammenhängen und durch Vereinbarungen zwischen den Kreditgebern und zwischen ihnen und dem Kreditnehmer derart miteinander verknüpft sind, dass gerade die Verknüpfung dem Kreditnehmer die längerfristige Nutzung von Kreditmitteln sichert.

2. Der BFH belässt keine Zweifel daran, dass dem nicht zu folgen ist:

Gehört das Zinsswap-Geschäft nicht zu den Bedingungen, zu denen die Kredite von den jeweiligen Kreditinstituten gewährt werden, so stellt die Absicherung des Zinsschwankungsrisikos durch einen Dritten, von den Kreditinstituten unabhängigen Vertragspartner, einen von den Kreditgeschäften zu unterscheidenden Vorgang dar, der prinzipiell nicht geeignet ist, die Kredite als eine im wirtschaftlichen Sinne einheitliche Verbindlichkeit und damit als Dauerschuld zu behandeln. Der Swap ist dann vielmehr eine unternehmensinterne Maßnahme, durch welche – ähnlich einem Devisentermingeschäft bezogen auf das Währungsrisiko oder auch bei Abschluss einer Risikoversicherung – ein Teil der mit einer Kreditaufnahme verbundenen Risiken der auftretenden Zinsschwankungen abgedeckt wird.

Das gründet auf den folgenden Überlegungen: Die durch den Swap aufgebaute "Hedge"-Position entbi...

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