Leitsatz

Für ein Kind, das nach dem Abitur als freiwilliger Helfer an einer Schule in Neuseeland tätig ist, besteht kein Anspruch auf Kindergeld, sofern der Aufenthalt keine theoretisch-systematische Sprachausbildung beinhaltet. In einem derartigen Fall liegt kein Kindergeldtatbestand des § 32 Abs. 4 Nr. 2 EStG vor, weil sich das Kind weder in Berufsausbildung befindet noch ein freiwilliges soziales oder ökologisches Jahr ableistet.

 

Sachverhalt

Die im Jahr 1986 geborene Tochter der Klägerin hielt sich nach Abschluss ihrer Schulausbildung von August 2006 bis Juli 2007 in Neuseeland auf. Sie arbeitete dort als freiwillige Helferin an einer Schule und erhielt dort Unterkunft, Verpflegung und ein Taschengeld. Gegen die von der Familienkasse vorgenommene Aufhebung der Kindergeldfestsetzung ab August 2006 trägt die Klägerin im Klageverfahren vor, dass der Aufenthalt in Neuseeland ein vorgelagertes Praktikum für das Studium der Tochter darstelle, welches als Teil der Berufsausbildung anzusehen sei und den Kindergeldanspruch begründe.

 

Entscheidung

Der Klägerin steht für die Zeit des Auslandsaufenthaltes ihrer Tochter kein Kindergeld zu, da diese sich weder in Berufsausbildung (§ 32 Abs. 4 Nr. 2a EStG) befand, noch ein freiwilliges soziales Jahr (§ 32 Abs. 4 Nr. 2d EStG) leistete. Unter Berufsausbildung ist die Ausbildung zu einem künftigen Beruf zu verstehen. In Berufsausbildung befindet sich, wer sein Berufsziel noch nicht erreicht hat, sich aber ernstlich darauf vorbereitet. Einen Bezug zu einer Berufstätigkeit könnte bei dem in Rede stehenden Auslandsaufenthalt allein die Verbesserung der englischen Sprachkenntnisse haben. Sprachaufenthalte im Ausland können aber nur dann als Berufsausbildung anerkannt werden, wenn der Erwerb der Fremdsprachenkenntnisse nicht dem ausbildungswilligen Kind selbst überlassen bleibt, sondern Ausbildungsinhalt und Ausbildungsziel von einer fachlich autorisierten Stelle vorgegeben werden und die Tätigkeit im Ausland von einem theoretisch-systematischen Sprachunterricht begleitet wird (BFH, Urteil v. 9.6.1999, VI R 143/98, BStBl 1999 II S. 710). Diese Voraussetzung ist im Streitfall nicht erfüllt. Der Aufenthalt in Neuseeland kann auch nicht als freiwilliges soziales oder ökologisches Jahr i. S. des § 32 Abs. 4 Nr. 2d EStG gelten, da dem Auslandsaufenthalt keine Vereinbarung mit einem nach § 5 SozDiG bzw. § FÖJFG anerkannten Träger zu Grunde lag.

 

Hinweis

Im Hinblick auf das vor dem BFH anhängige Verfahren III R 61/06, in dem die Frage zu klären ist, ob § 32 Abs. 4 Nr. 2d EStG eine Rechtsgrund- oder Rechtsfolgenverweisung auf das Gesetz zur Förderung eines freiwilligen sozialen Jahres enthält, hat das FG die Revision zugelassen.

 

Link zur Entscheidung

Niedersächsisches FG, Urteil vom 27.08.2007, 16 K 359/06

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