Leitsatz

Der Wegfall der Vergünstigungen nach § 13a Abs. 5 ErbStG a.F. infolge einer insolvenzbedingten Veräußerung des Betriebsvermögens ist kein sachlicher Grund für einen Erlass gem. § 227 AO.

 

Normenkette

§ 227 AO, § 13a Abs. 5 ErbStG a.F.

 

Sachverhalt

Die Kläger wurden neben ihrer Schwester je zu einem Drittel Erben ihres 1996 verstorbenen Vaters. Zum Nachlass gehörten u.a. die Anteile an einer GmbH & Co. KG (Wert: 3 Mio. DM), über deren Vermögen Anfang 2001 das Insolvenzverfahren eröffnet wurde. Im Mai 2001 verkaufte der Insolvenzverwalter das Betriebsvermögen an einen Investor.

Das FA setzte zuletzt mit bestandskräftig gewordenen Bescheiden gegen die Kläger Erbschaftsteuer i.H.v. jeweils ca. 110 TDM fest und versagte die Vergünstigungen des § 13a ErbStG, weil das Betriebsvermögen innerhalb der fünfjährigen Behaltensfrist des § 13a Abs. 5 Nr. 1 ErbStG veräußert worden sei.

Die Kläger beantragten daraufhin 2006, die auf den Erwerb des Betriebsvermögens entfallende und bereits bezahlte Erbschaftsteuer i.H.v. jeweils ca. 64 TDM aus sachlichen und persönlichen Billigkeitsgründen zu erlassen. Dies lehnte das FA ab und wies später die Einsprüche der Kläger als unbegründet zurück. Die Vergünstigungen des § 13a ErbStG entfielen unabhängig davon, aus welchen Gründen das Betriebsvermögen veräußert worden sei; deshalb stelle die insolvenzbedingte Veräußerung keinen Billigkeitsgrund dar.

Das FG (FG Münster vom 28.02.2008, 3 K 3877/07 Erb, Haufe-Index 1993122, EFG 2008, 1049) wies die dagegen erhobene Klage ab, weil das FA einen Erlass der Erbschaftsteuer ermessensfehlerfrei abgelehnt habe.

 

Entscheidung

Dem folgte jetzt der BFH und wies die Revision der Kläger als unbegründet zurück.

 

Hinweis

1. Nach § 227 AO kann das FA Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis ganz oder zum Teil erlassen, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre. Bei der Erlassentscheidung handelt es sich um eine Ermessensentscheidung des FA, die nach § 102 FGO gerichtlich (nur) daraufhin überprüft werden darf, ob das FA die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten oder es von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat.

2. Ein Erlass aus sachlichen Gründen kommt nach der ständigen BFH-Rechtsprechung in Betracht, wenn die Einziehung der Steuer zwar dem Gesetz entspricht, aber infolge eines Gesetzesüberhangs den Wertungen des Gesetzgebers derart zuwiderläuft, dass sie unbillig erscheint (vgl. BFH, Urteil vom 23.03.1998, II R 41/96, BFH/NV 1998, 1152). Dies setzt voraus, dass der Gesetzgeber die mit der Einziehung der Steuer verbundene Härte nicht bewusst in Kauf genommen hat. Ein Erlass wegen sachlicher Unbilligkeit ist deshalb nur insoweit durch § 227 AO gedeckt, wie angenommen werden kann, der Gesetzgeber würde die im Billigkeitsweg zu entscheidende Frage – hätte er sie geregelt – i.S.d. vorgesehenen Erlasses entscheiden.

a) Nach § 13a ErbStG werden u.a. beim Erwerb eines Gewerbebetriebs, eines Teilbetriebs oder eines Anteils an einer Gesellschaft i.S.d. § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG ein Freibetrag und ein verminderter Wertansatz gewährt. Diese Vergünstigungen fallen jedoch nach § 13a Abs. 5 Nr. 1 ErbStG mit Wirkung für die Vergangenheit weg, soweit das begünstigte Betriebsvermögen innerhalb von fünf Jahren nach dem Erwerb veräußert wird ("Nachversteuerung"); als Veräußerung gilt nach § 13a Abs. 5 Nr. 1 S. 1 Halbs. 2 ErbStG auch die Aufgabe des Gewerbebetriebs. Dazu hat der BFH nun schon mehrfach entschieden, dass der Wegfall der Vergünstigungen selbst dann mit dem Gesetzeszweck im Einklang steht, wenn das Betriebsvermögen krisen- oder insolvenzbedingt veräußert wird.

b) Soweit das FA auf diese gefestigte Rechtsprechung im Rahmen seiner Ermessensentscheidung Bezug genommen und daraus den Schluss gezogen hat, dass damit der für einen Billigkeitserlass erforderliche Gesetzesüberhang über die Wertungen des Gesetzgebers nicht besteht, ist dem vollständig zuzustimmen. Entscheidend ist nämlich, dass der Gesetzgeber im Rahmen seiner Typisierungsbefugnis die Vergünstigungen bei jeder Betriebsveräußerung und Betriebsaufgabe versagt und die Umstände des jeweiligen Einzelfalls, die dazu geführt haben, bewusst nicht berücksichtigt. Das gilt auch für die von den Klägern angeführten besonderen Fallumstände: Soweit sie durch die Unternehmensinsolvenz in erheblichem Umfang Privatvermögen verloren haben, ist schon einzuwenden, dass der Einsatz privater Gelder zur Rettung eines Unternehmens eine unternehmerische Entscheidung im Verantwortungsbereich des Gesellschafters ist und Unternehmensinsolvenzen sehr häufig mit einem Verlust von Privatvermögen verbunden sind. Auch das geringfügige Unterschreiten der Fünf-Jahres-Frist kann keinen Billigkeitserlass begründen, da der Gesetzgeber die Behaltensfrist eindeutig geregelt und damit klar zu erkennen gegeben hat, dass bei einer Veräußerung oder Aufgabe des Betriebsvermögens vor Ablauf der Frist grundsätzlich auch aus Billigkeitsgründen die Vergünstigun...

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