Während normalerweise der Gewinn einer Kapitalgesellschaft gem. § 7 Abs. 4 KStG nach dem Wirtschaftsjahr ermittelt wird, ist bei der Liquidation der im Abwicklungszeitraum erzielte Gewinn der Besteuerung zugrunde zu legen.[1] Der Abwicklungszeitraum beginnt mit der Auflösung der Gesellschaft und endet mit der Schlussverteilung des Gesellschaftsvermögens. Der Abwicklungszeitraum stimmt i. d. R. weder vom Verlauf noch von der Dauer mit dem Kalenderjahr überein. Er kann kürzer sein, ist aber meist länger als ein Kalenderjahr. Nach § 11 Abs. 1 Satz 2 KStG soll der Besteuerungszeitraum 3 Jahre nicht übersteigen. Hierbei handelt es sich um 3 Zeitjahre (= 36 Monate).

3.2.1 Beginn des Besteuerungszeitraums

Der Liquidationsbesteuerungszeitraum beginnt mit der Auflösung der Gesellschaft. Ein Beschluss der Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft über die Auflösung wird mit dem Tag der Beschlussfassung wirksam, sofern sich aus dem Beschluss nichts anderes ergibt.[1] Bei Auflösung innerhalb eines Wirtschaftsjahrs kann ein Rumpfwirtschaftsjahr gebildet werden, das den Zeitraum vom Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahrs bis zur Auflösung umfasst.[2] § 8b Abs. 1 EStDV ist sinngemäß anzuwenden.[3]

Nach der Rechtsprechung besteht sogar eine Verpflichtung zur Bildung eines Rumpfwirtschaftsjahrs. Dieses ergibt sich aus der handelsrechtlichen Verpflichtung zur Erstellung einer Liquidations-Eröffnungsbilanz und der Bindungswirkung des Handelsrechts für das Steuerrecht.[4] Das Rumpfwirtschaftsjahr ist nicht in den Abwicklungszeitraum einzubeziehen.[5]

 
Praxis-Beispiel

Auflösung einer GmbH – Liquidationsbesteuerungszeitraum (1)

Die X-GmbH hat ein Wirtschaftsjahr, das mit dem Kalenderjahr übereinstimmt. Die Gesellschafterversammlung beschließt die Auflösung der GmbH mit Wirkung zum 01.01.06.

Für das Kalenderjahr 05 ist eine normale Körperschaftsteuer-Veranlagung durchzuführen. Dieser ist der Gewinn des Wirtschaftsjahres 1.1.05 bis 31.12.05 zugrunde zu legen. Der Liquidationszeitraum beginnt am 1.1.06. Ein Rumpfwirtschaftsjahr entsteht nicht.

 
Praxis-Beispiel

Auflösung einer GmbH – Liquidationsbesteuerungszeitraum (2)

Die X-GmbH hat ein Wirtschaftsjahr, das mit dem Kalenderjahr übereinstimmt. Zum 1.6.06 beschließt die Gesellschafterversammlung die Auflösung der GmbH.

Die X-GmbH kann zum 31.5.06 eine Bilanz erstellen und damit ein Rumpfwirtschaftsjahr vom 1.1.06 bis 31.5.06 bilden. Dieses Rumpfwirtschaftsjahr ist nicht in den Liquidationsbesteuerungszeitraum einzubeziehen.

Die X-GmbH kann jedoch den Zeitraum 1.1.06 – 31.5.06 in die Liquidationsbesteuerung einbeziehen. Damit wird der Beginn des Liquidationsbesteuerungszeitraums auf den 1.1.06 vorverlegt.

 
Praxis-Beispiel

Auflösung einer GmbH – Liquidationsbesteuerungszeitraum (3)

Die X-GmbH hat ein abweichendes Wirtschaftsjahr zum 30.6. Die Gesellschafterversammlung beschließt die Auflösung der GmbH zum 1.1.06. Bilanzen werden auf den 30.6.05 und auf den 31.12.05 erstellt.

Die Bilanzerstellung zum 31.12.05 führt zur Bildung eines Rumpfwirtschaftsjahres 1.7.05 bis 31.12.05. In die Körperschaftsteuer-Veranlagung für das Kalenderjahr 05 sind sowohl das Ergebnis des abweichenden Wirtschaftsjahres 1.7.04 bis 30.6.05 als auch das Ergebnis des Rumpfwirtschaftsjahres 1.7.05 bis 31.12.05 einzubeziehen. Der Liquidationsbesteuerungszeitraum beginnt am 1.1.06

3.2.2 Dauer des Liquidationsbesteuerungszeitraums

Nach § 11 Abs. 1 KStG soll der Besteuerungszeitraum 3 Jahre nicht übersteigen. Da es sich um eine Sollbestimmung handelt, wird bei einer nur geringfügigen Überschreitung des 3-Jahreszeitraums dieser i. d. R. zweckmäßigerweise verlängert und der gesamte Abwicklungszeitraum in die Besteuerung einbezogen. Wird der 3-Jahreszeitraum dagegen deutlich überschritten, wird nach Ablauf von 3 Jahren eine Zwischenbilanz erstellt und für diese 3 Jahre eine Veranlagung durchgeführt. Die danach beginnenden Besteuerungszeiträume sind grundsätzlich jeweils auf ein Jahr begrenzt.[1]

 
Praxis-Beispiel

Auflösung einer Gesellschaft

Die Gesellschafterversammlung der X-GmbH (Wirtschaftsjahr = Kalenderjahr) beschließt zum 16.5.06 die Auflösung der Gesellschaft. Auf den 15.5.06 wird eine Bilanz erstellt. Entsprechend bildet die GmbH ein Rumpfwirtschaftsjahr vom 1.1.06 bis 15.5.06. Nach Ablauf des Sperrjahrs findet am

  1. 15.8.09
  2. 15.10.11

die Schlussverteilung des Gesellschaftsvermögens statt.

Das steuerliche Ergebnis des Rumpfwirtschaftsjahrs ist nicht in den Liquidationsbesteuerungszeitraum einzubeziehen. Dieser beginnt am 16.5.06 und endet am 15.8.09.

  1. Da die 3-Jahresfrist nur geringfügig überschritten ist, ist der gesamte Liquidationsbesteuerungszeitraum in die Besteuerung einzubeziehen.
  2. Da die Liquidation nicht innerhalb von 3 Jahren beendet ist, wird nach Ablauf des 3-Jahreszeitraums eine Körperschaftsteuer-Veranlagung für diesen Zeitabschnitt durchgeführt (16.5.06 bis 15...

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