4.1 Verfahren ab 2015

Inländische Banken und andere abzugspflichtige Personen müssen unter bestimmten Voraussetzungen neben der Kapitalertragsteuer und dem Solidaritätszuschlag auch die Kirchensteuer einbehalten. In den Jahren 2009–2014 wurde der Kirchensteuerabzug auf Kapitalerträge nur dann vorgenommen, wenn der Steuerpflichtige dies ausdrücklich beim Steuerabzugsverpflichteten beantragt hatte. Im Ergebnis erfolgte der Kirchensteuerabzug auf freiwilliger Basis.

Bei Kapitalerträgen, die nach dem 31.12.2014 zufließen, erfolgt der Kirchensteuerabzug im Rahmen eines automatisierten Abfrageverfahrens, welches in § 51a EStG geregelt ist.

Alle Abzugsverpflichteten müssen grds. jährlich in den Monaten September und Oktober die sog. Kirchensteuerabzugsmerkmale beim BZSt abrufen. Die aufgrund dieser Abfrage überlassenen Daten sind dem Steuerabzug des Folgejahrs zugrunde zu legen. Der Steuerpflichtige kann dem Datenabruf widersprechen, sog. Sperrvermerk.[1] Dann wird im Falle einer Kirchensteuerpflicht das zuständige Finanzamt informiert.

Bei kirchensteuerpflichtigen Kapitalanlegern wird die Kirchensteuer auf Grundlage des Steuersatzes für Kapitaleinkünfte berechnet. Da Kapitalerträge möglichst nicht mehr in die Einkommensteuererklärung aufgenommen werden sollen, wurde ab dem Jahr 2009 der Sonderausgabenabzug auf Kirchensteuer – soweit dieser auf mit dem Abgeltungsteuersatz besteuerte Kapitalerträge entfällt – eingeschränkt.[2] Im Fall einer Kirchensteuerpflicht ermäßigt sich anstelle dessen die Steuer um 25 % der auf die Kapitalerträge entfallenden Kirchensteuer.[3]

Der Kirchensteuersatz beträgt in Bayern und Baden-Württemberg 8 % und in den anderen Ländern 9 % der Einkommensteuer/der Kapitalertragsteuer. Teilweise ergeben sich Abweichungen bei einzelnen Landeskirchen oder Kultusgemeinden.

 
Praxis-Beispiel

Kirchensteuerabzug bei Gewinnausschüttungen

A erhält im März 2019 eine Gewinnausschüttung einer GmbH i.  H.  v. 10.000 EUR. A ist kirchensteuerpflichtig (Steuersatz 9 %).

 
    EUR
Einkommensteuer 10.000
4 + 0,09
2.444,99
Kirchensteuer 2.445 × 9 % 220,05
Solidaritäts­zuschlag 2.445 × 5,5 % 134,47

Ohne Kirchensteuerpflicht hätte die Kapitalertragsteuer 2.500 EUR betragen. Die gesetzliche Minderung der Kapitalertragsteuer beträgt somit 55,01 EUR. Dies ist ¼ der Kirchensteuer von 220,05 EUR.[4]

4.2 Datenabruf

Der Datenabruf läuft wie folgt ab:

  • Das BZSt hat unter dem Ordnungskriterium der Steueridentifikationsnummer die steuerlichen maßgebenden Daten gespeichert. Diese Datenbasis ist insbesondere auch Grundlage für die elektrischen Lohnsteuerabzugsmerkmale (ELSTAM). Zusätzlich werden Daten zur territorialen Ausdehnung der steuererhebenden Religionsgemeinschaft und der jeweilige Kirchensteuersatz der Religionsgemeinschaft gespeichert. Aufgrund dieser Datenbasis können die Kirchensteuerabzugsmerkmale gebildet werden, welche durch das BZSt automatisiert bereitgestellt werden.
  • Einzelfragen zur Verfahrensanmeldung für die Abzugsverpflichteten werden auf den Internetseiten des BZSt beantwortet (www.bzst.de).
  • Unter Angabe des Geburtsdatums und der Steueridentifikationsnummer können die Daten vom Abzugsverpflichteten abgerufen werden. Für die Fälle, in denen die Steueridentifikationsnummer nicht bekannt ist, wurde eine Abfragemöglichkeit der Identifikationsnummer durch den Steuerabzugsverpflichteten geschaffen.
  • Für abzugspflichtige Kapitalerträge ist grds. eine jährliche Regelabfrage im Zeitraum vom 1.9. bis 31.10. vorgesehen, ob der Steuerpflichtigen zum 31.8. einer erhebungsberechtigten Religionsgemeinschaft angehört. Die hiernach bereitgestellten Kirchensteuerabzugsmerkmale sind für den Steuerabzug des Folgejahres zugrundezulegen. Bei Erträgen aus Lebensversicherungen oder bei Begründung von Geschäftsbeziehungen ist darüber hinaus eine sog. Anlassabfrage vorgesehen. Auch hieraufhin werden die maßgebenden Abzugsmerkmale bereitgestellt.
  • Der Steuerpflichtige muss vor dem erstmaligen Datenabruf vom Abzugsverpflichteten auf den bevorstehenden Datenabruf hingewiesen werden, damit dieser die Möglichkeit hat, einen Sperrvermerk zu beantragen.[1]

4.3 Sperrvermerk

Der Steuerpflichtige kann zur Vermeidung des Kirchensteuerabzugs der Datenübermittlung an den Abzugsverpflichteten bis auf Widerruf widersprechen, sog. Sperrvermerk.[1] Hierzu muss der Steuerpflichtige die Erklärung zum Sperrvermerk bis zum 30.6. eines Jahrs beim BZSt nach amtlich vorgeschriebenen Vordruck oder elektronisch über das BZStOnlinePortal einreichen. Der Abzugsverpflichtete muss den Steuerpflichtigen rechtzeitig vor Regel- oder Anlassabfrage auf die bevorstehende Datenabfrage sowie das gegenüber dem BZSt bestehende Widerspruchsrecht, schriftlich oder in anderer geeigneter Form hinzuweisen.[2]

Eine ausfüllbare pdf-Datei kann auf den Internetseiten der Finanzverwaltung unter www.formulare-bfinv.de im Formularcenter (Formulare A-Z / Kirchensteuer) abgerufen werden.

Dem Abzugsverpflichtete...

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