Rz. 313

Was ein Kommanditist gutgläubig aufgrund einer im guten Glauben errichteten Bilanz als Gewinn bezieht, führt nicht zu einem Wiederaufleben seiner persönlichen unmittelbaren Haftung, § 172 Abs. 5 HGB. Ein Scheingewinn i. S. v. § 172 Abs. 5 HGB liegt vor, wenn entweder ein Gewinn tatsächlich nicht erzielt worden ist, wenn dem Kommanditisten ein Anteil von einem echten Gewinn gezahlt wird, der ihm nicht zusteht, oder wenn es sich unerkannt um einen Gewinn handelt, dessen Auszahlung unter § 172 Abs. 4 Satz 2 HGB fällt.

 

Rz. 314

Voraussetzung dafür, dass die Auszahlung von Scheingewinnen die Haftung nicht aufleben lässt, ist, dass die Bilanz in gutem Glauben errichtet worden ist und der Kommanditist den Gewinn in gutem Glauben bezogen hat.

 

Rz. 315

Unter welchen Voraussetzungen eine Bilanz in gutem Glauben i. S. d. § 172 Abs. 5 HGB errichtet ist und ein Kommanditist gutgläubig seinen Gewinnanteil bezieht, ist umstritten. Der BGH hat hierzu bisher insoweit Stellung bezogen, als er feststellte, dass eine Bilanz jedenfalls dann nicht gutgläubig errichtet ist, wenn sie von den für die Aufstellung der Bilanz zuständigen geschäftsführenden Gesellschaftern unter vorsätzlicher Verletzung allgemein anerkannter Bilanzgrundsätze aufgestellt worden ist.[1] Abgesehen von diesem Fall der Bilanzmanipulation wird man Gutgläubigkeit i. S. d. § 172 Abs. 5 HGB immer schon dann verneinen müssen, wenn bei der Aufstellung der Bilanz oder dem Gewinnbezug die jeweils im Verkehr erforderliche Sorgfalt (§ 276 BGB) außer Acht gelassen wird.[2]

 

Rz. 316

Ist bereits die Bilanz nicht gutgläubig errichtet worden, kommt es auf die Gutgläubigkeit des Kommanditisten nicht mehr an. Der BGH hat eine entsprechende Anwendung des § 62 Abs. 1 und Abs. 3 AktG dahin gehend abgelehnt, dass die Kommanditistenhaftung nur dann wiederauflebt, wenn die Kommanditisten wussten oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht wussten, dass sie zum Bezug nicht berechtigt waren.[3]

 

Rz. 317

Der Schutz des gutgläubigen Kommanditisten durch § 172 Abs. 5 HGB reicht also nicht sehr weit. So lebte die Haftung eines Kommanditisten einer Publikums-KG, deren Bilanzen von dem Geschäftsführer der Komplementär-GmbH manipuliert worden waren, wieder auf, obwohl die Bilanzen Bestätigungsvermerke einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft trugen.[4]

 

Rz. 318

Zu einem Wiederaufleben der unmittelbaren Kommanditistenhaftung wegen des Bezuges von Scheingewinnen führt nicht schon die Gutschrift auf dem Privatkonto des Kommanditisten, sondern erst die Auszahlung selbst.[5]

 

Rz. 319

Nach dem Wortlaut des § 172 Abs. 5 HGB ist der Kommanditist, der gutgläubig Scheingewinne bezieht, auch nicht im Innenverhältnis verpflichtet, diese Scheingewinne an die Gesellschaft zurückzuzahlen.[6] Anderenfalls könnten die Gesellschaftsgläubiger trotz Vorliegens der Voraussetzungen des § 172 Abs. 5 HGB durch Forderungspfändung auf den gutgläubig bezogenen Gewinnanteil zurückgreifen.

[2] Schilling in Großkomm., § 172 Rn. 18; a. A. Schlegelberger/K. Schmidt, §§ 171, 172 Rn. 88 f. und Thiessen in Großkomm. § 172 Rn. 148 ff.
[5] Baumbach/Hopt, § 172 Rn. 11; MünchKomm/K. Schmidt, §§ 171, 172 Rn. 85; a. A. Thiessen in Großkomm., § 172 Rn. 136.
[6] Schilling in Großkomm., § 172 Rn. 16; MünchKomm/K. Schmidt, §§ 171, 172 Rn. 94; a. A. Baumbach/Hopt, § 172 Rn. 9.

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