Rz. 659

Zur Erhebung einer Klage auf Feststellung der Nichtigkeit eines Gesellschafterbeschlusses sind befugt

  • Alle Personen, die im Zeitpunkt der Klageerhebung Gesellschafter sind, und zwar unabhängig davon, ob sie in der betreffenden Gesellschafterversammlung anwesend oder vertreten waren und ob sie Widerspruch gegen den Beschluss erhoben haben oder nicht – einer individuellen Rechtsverletzung des klagenden Gesellschafters bedarf es gerade nicht;[1]
  • die Geschäftsführer;[2]
  • ggf. Mitglieder des Aufsichtsrats[3] und
  • die Arbeitnehmervertretungen im Falle der Aufsichtsratswahlen gem. § 250 Abs. 2 AktG analog.
 

Rz. 660

Klagen Gesellschafter, die Geschäftsführung oder Organmitglieder, ist ein besonderes Feststellungsinteresse für die Nichtigkeitsklage nicht erforderlich; das berechtigte Interesse folgt bereits aus der Stellung des Klägers als Gesellschafter bzw. aus der organschaftlichen Beziehung zur Gesellschaft.[4] Eine gewöhnliche Feststellungsklage gem. § 256 ZPO ist Gesellschaftern, Geschäftsführern und anderen Organmitgliedern daher verwehrt.[5] Verlieren diese Personen während eines laufenden Verfahrens ihre besondere Klagebefugnis gem. § 249 AktG, kann das Verfahren (nur) als normale Feststellungsklage fortgeführt werden.[6]

 

Rz. 661

Im Übrigen gelten für die Nichtigkeitsfeststellungsklage (entsprechend § 249 AktG) alle wesentlichen Regelungen des Anfechtungsverfahrens entsprechend, insb. folgende Regelungen:

 

Rz. 662

Bei der Nichtigkeitsklage gilt – anders als bei der Anfechtungsklage – keine Klagefrist; die Klage ist grundsätzlich jederzeit zulässig. Dies gilt aber nur, solange keine Heilung eingetreten ist. Bei einer Heilungsmöglichkeit nach § 242 Abs. 2 Satz 1 AktG kann auch nur bis zum Ablauf dieser drei-Jahres-Frist geklagt werden.[7] Wegen des zwingenden Charakters dieser Vorschrift kommt auch keine Verkürzung oder Verlängerung durch Abreden oder statutarische Bestimmungen in Betracht.[8] Im Gegensatz zur Anfechtungsfrist kann bei der Nichtigkeitsklage auch in der Satzung keine andere Frist für die Geltendmachung der Nichtigkeit vorgesehen werden.[9] Bei den Nichtigkeitsgründen handelt es sich um schwere Rechtsmängel, die den Beschluss per se wirkungslos machen und im öffentlichen Interesse gerade nicht zur Disposition des Gesellschaftsvertrags gestellt werden können.[10]

[1] Die Gesellschaftereigenschaft ist von Amts wegen zu prüfen. Maßgeblich ist der Zeitpunkt der jeweiligen Prozesshandlung, d. h. Klageerhebung und (für das Urteil) Tag der letzten mündlichen Verhandlung, nicht der Tag der Beschlussfassung in der Gesellschafterversammlung, siehe Wertenbruch, in MüKo-GmbHG, Anh. § 47 Rn. 242; K. Schmidt, in Scholz, § 45 Rn. 129.
[2] BGH, Urteil v. 11.2.2008, II ZR 187/06, NZG 2008 S. 317; Wertenbruch, in MüKo-GmbHG, Anh. § 47 Rn. 244; K. Schmidt, in Scholz, § 45 Rn. 134.
[3] Dies gilt insb. für den obligatorischen Aufsichtsrat bei Beschlüssen bezüglich Mitbestimmungsfragen, siehe Römermann, in Michalski, Anh. § 47 Rn. 418.
[4] Darüber hinaus ist ein allgemeines Rechtsschutzbedürfnis erforderlich, das aber nur in besonderen Ausnahmefällen fehlen dürfte, etwa bei Nichtigkeitsklage gegen einen Abberufungsbeschluss, wenn der GF ohnehin anschließend sein Amt niederlegt, OLG Saarbrücken, Urteil v. 17.1.2001, 1 U 686/00, NZG 2001 S. 415.
[5] OLG Hamburg Urteil v. 31.5.1995, 11 U 183/94, GmbHR 1995 S. 734, 735; Wertenbruch, in MüKo-GmbHG, Anh. § 47 Rn. 246 m. w. N.
[6] BGH, Urteil v. 23.10.1998, LwZR 1/98, AG 1999 S. 180, 181 [zur LPG].
[7] BGH, Urteil v. 23.3.1981, II ZR 27/80, NJW 1981 S. 2125; Römermann, in Michalski, Anh. § 47 Rn. 244.
[8] Wertenbruch, in MüKo-GmbHG, Anh. § 47 Rn. 299; Römermann, in Michalski, Anh. § 47 Rn. 245 f. De facto handelt es sich dabei wohl um eine einzuhaltende Frist für die Nichtigkeitsklage, auch wenn K. Schmidt, in Scholz, § 45 Rn. 146 von einer über die bloße Präklusion hinausgehenden Wirksamkeitswirkung spricht.
[9] Zöllner/Noack, in Baumbach/Hueck, Anh. § 47 Rn. 29; Wertenbruch, in MüKo-GmbHG, Anh. § 47 Rn. 299; Römermann, in Michalski, Anh. § 47 Rn. 253 f. A.A. BGH, Urteil v. 20.1.1977, II ZR 217/77, NJW 1977 S. 1292 [zur KG].
[10] K. Schmidt, in Scholz, § 45 Rn. 146; Zöllner/Noack, in Baumbach/Hueck, Anh. § 47 Rn. 29; a. A. noch BGH, Urteil v. 20.1.1977, II ZR 217/75, GmbHR 1977 S. 177.

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