Leitsatz

Das Thüringer FG hat zu einem Fall nach dem InvZulG 1996 entschieden, dass der Übergang eines Betriebs von einer förderwürdigen hin zu einer nach einer anderen Norm förderwürdigen anderweitigen Betätigung zum Verlust der ursprünglichen Investitionszulage führt. Im entschiedenen Fall ging es um den Strukturwandel eines Betriebs vom Handelsbetrieb (§ 5 Abs. 4 InvZulG 1996) zu einem Betrieb des verarbeitenden Gewerbes (§ 5 Abs. 3 InvZulG 1996).

 

Sachverhalt

Die Klägerin betrieb ursprünglich ein Handelsgewerbe mit Agrarprodukten. Als Betrieb des Groß- und Einzelhandels hat sie eine Investitionszulage nach § 5 Abs. 4 InvZulG 1996 erhalten. Innerhalb der dreijährigen Bindungsfrist veränderte sich die Tätigkeit des Betriebs zum verarbeitenden Gewerbe. Für Investitionen der Folgejahre wurde deshalb eine Investitionszulage nach § 5 Abs. 3 InvZulG 1996 gewährt. Allerdings wurde die zunächst festgesetzte Investitionzulage des ersten Jahrs zurückgefordert, weil die Wirtschaftgüter nicht drei Jahre in einem Betrieb des innerstädtischen Groß- und Einzelhandels verblieben waren. Das FG lehnte die Klage als unbegründet ab.

 

Entscheidung

Nach dem Wortlaut des Gesetzes konnte das FG zunächst nicht anders entscheiden. Die Wirtschaftsgüter waren weder 3 Jahre in einem Betrieb des innerstädtischen Groß- und Einzelhandels, noch 3 Jahre in einem Betrieb des verarbeitenden Gewerbes verblieben. Auch die vom Fördergedanken des Gesetzes geprägte Argumentation, die Wirtschaftsgüter seien während des gesamten Dreijahreszeitraum in einem begünstigten Wirtschaftszweig verblieben, ließ das FG nicht gelten.

Über die Begünstigung des jeweiligen Wirtschaftsguts und die darauf anzuwendende Rechtsnorm sei im Zeitpunkt der Anschaffung oder Herstellung zu entscheiden. Zu diesem Zeitpunkt lag ein Betrieb des Groß- und Einzelhandels vor, so dass § 5 Abs. 4 InvZulG 1996 zur Anwendung kam. Diese Vorschrift enthalte nicht nur eine zeitliche, örtliche und betriebs(stätten)bezogene Zuordnung, sondern fordere auch eine funktionale Zuordnung des jeweiligen Wirtschaftsguts zum Groß- und Einzelhandel. Diese sei hier aber gerade nicht eingehalten. Die später eintretende Förderwürdigkeit nach § 5 Abs. 3 InvZulG 1996 sei ohne Bedeutung, weil über den Beibehalt der Investitionszulage nach § 5 Abs. 4 InvZulG 1996 zu entscheiden sei.

Auch die von der Finanzverwaltung angewendeten Sonderregelungen für Betriebe im Strukturwandel lassen nach Auffassung des FG keine andere Entscheidung zu. Danach sind insbesondere Investitionen nur dann nach den Regelungen für den Betrieb nach Abschluss des Strukturwandels zu beurteilen, wenn deren Anschaffung oder Herstellung selbst den Strukturwandel bewirken. Dies sei hier aber nicht gegeben.

 

Hinweis

Die Entscheidung betrifft einen Fall nach dem InvZulG 1996. Auf das geltende Investitionszulagenrecht kann sie m.E. nicht ohne weiteres übertragen werden. Zwar enthalt auch das InvZulG 1999 und das InvZulG 2005 verschiedene begünstigte Wirtschaftszweige in § 2 Abs. 2 InvZulG 2002 bzw. in § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 InvZulG 2005. Im Gegensatz zum InvZulG 1996 gilt hier aber eine Verbleibensregelung, wonach die begünstigten Wirtschaftsgüter in einem Betrieb der jeweils begünstigten Wirtschaftszweige verbleiben müssen. Dies lässt m.E. einen Wechsel zwischen den verschiedenen Wirtschaftszweigen zu.

 

Link zur Entscheidung

Thüringer FG, Urteil vom 16.10.2003, II 647/01

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