Leitsatz

1. Der Inanspruchnahme eines Investitionsabzugsbetrags steht es nicht entgegen, wenn im Zeitpunkt seiner Geltendmachung feststeht, dass die Investition nicht mehr von dem Steuerpflichtigen selbst, sondern aufgrund einer bereits durchgeführten oder feststehenden unentgeltlichen Betriebsübertragung von dem Betriebsübernehmer vorgenommen werden soll.

2. Voraussetzung dafür ist, dass der Steuerpflichtige bei Fortführung des Betriebs die von ihm benannten Wirtschaftsgüter selbst angeschafft oder hergestellt hätte und er zum maßgeblichen Bilanzstichtag anhand objektiver Kriterien erwarten konnte, dass die Investition nach Übertragung des Betriebs fristgemäß von seinem Rechtsnachfolger zur Nutzung in dem übertragenen Betrieb vorgenommen werden würde.

 

Normenkette

§ 7g EStG 2007, § 6 Abs. 3 EStG

 

Sachverhalt

Ein bilanzierender Landwirt übertrug seinen Betrieb im Weg vorweggenommener Erbfolge zum 1.12.2007 auf seinen Sohn. Im März 2009 reichte er seine ESt-Erklärung 2007 mit dem Jahresabschluss auf den 30.11.2007 ein und machte dabei Investitionsabzugsbeträge nach § 7g EStG geltend. Nach einer Außenprüfung vertrat das FA die Ansicht, der Vater könne keine Investitionsabzugsbeträge beanspruchen, weil feststehe, dass er die Investitionen nicht mehr durchführen werde.

Das FG teilte diese Auffassung (Niedersächsisches FG, Urteil vom 11.4.2012, 4 K 210/11, Haufe-Index 3139678).

 

Entscheidung

Der BFH war anderer Ansicht und verwies das Verfahren an das FG zurück. Wenn der Vater die Investitionen bei Fortführung des Betriebs voraussichtlich selbst vorgenommen hätte und bezogen auf den Bilanzstichtag anhand objektiver Kriterien erwarten konnte, dass der Sohn die Investitionen fristgemäß ausführen würde, könne er insoweit Investitionsabzugsbeträge in Anspruch nehmen. Hierzu müsse das FG noch weitere Tatsachenfeststellungen treffen.

 

Hinweis

1. Der Große Senat des BFH hat sich mit Beschluss vom 14.4.2015, GrS 2/12 (BStBl II 2015, 1007, BFH/PR 2016, 2) von der bisher ausschließlich betriebsbezogenen Betrachtung des § 7g EStG gelöst und neben dem Erfordernis der Betriebsidentität auch noch das Erfordernis der Personenidentität von Steuerbegünstigtem und Investor entwickelt. Die Steuervergünstigung ist danach nur zu gewähren, wenn im Zeitpunkt der Geltendmachung nicht bereits feststeht, dass Investor ein anderer Stpfl. sein wird.

Diese Situation tritt nicht nur ein, wenn bei Geltendmachung der Steuervergünstigung bereits feststeht, dass der Betrieb zuvor – wie im Fall des Großen Senats – in eine Kapitalgesellschaft eingebracht sein wird (dazu das in jener Sache ergangene abschließende Urteil des BFH vom 27.1.2016, X R 21/09, BFH/NV 2016, 751) oder aber in eine Personengesellschaft (BFH, Urteil vom 27.1.2016, X R 31/11, BFH/NV 2016, 1032), sondern auch, wenn feststeht, dass der Betrieb bis zur Investition auf einen Rechtsnachfolger unentgeltlich übergegangen sein wird. Um eine solche Betriebsübertragung im Weg vorweggenommener Erbfolge ging es im hier entschiedenen Fall.

2. Der BFH zeigt sich im Fall der Generationennachfolge großzügiger als bei einer Umwandlung. Der Inv­estitionsabzugsbetrag kann auch bei im Zeitpunkt der Beantragung vollzogener oder feststehender unentgeltlicher Übertragung in Anspruch genommen werden. Dafür stützt sich der BFH auf den Zweck der Buchwertfortführung nach § 6 Abs. 3 EStG und die Annahme, dass die vom Übergeber gewonnene Liquidität aus dem Steuervorteil typischerweise mit dem Betrieb an den Übernehmer weitergegeben wird, um diesem die späteren Investitionen zu ermöglichen.

3. Da der Übertragende weiß, dass er die Investitionen nicht mehr selbst durchführen wird, kann er naturgemäß nicht die nach der von 2007 bis 2015 geltenden Rechtslage erforderlichen Absichten zur Investition und zur Nutzung in seinem Betrieb haben.

Daran scheitert die Inanspruchnahme der Steuervergünstigung aber dann nicht, wenn der Übertragende am Bilanzstichtag annehmen konnte, dass der Übernehmer des Betriebs die Investitionen fristgemäß durchführen und die beschafften Güter ordnungsgemäß in seinem Betrieb nutzen würde. Hierfür fordert der BFH objektive Anhaltspunkte, wie z.B. einen feststehenden Ersatzbeschaffungsbedarf. Ein weiteres Indiz ist die tatsächliche Durchführung des Investitionsvorhabens durch den Übernehmer.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 10.3.2016 – IV R 14/12

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