Innergemeinschaftliche Lieferungen in Steuerhinterziehungs- und Betrugsfällen

Urteil Kernaussage und Hinweisen
BFH v. 11.8.2011, V R 19/10

Beteiligt sich ein Unternehmer wissentlich an einem "strukturierten Verkaufsablauf", der darauf abzielt, die geschuldete Besteuerung des innergemeinschaftlichen Erwerbs im Bestimmungsmitgliedstaat durch Vortäuschen einer differenzbesteuerten Lieferung zu verdecken, ist die Lieferung nicht nach § 6a UStG steuerfrei.

Die Entscheidung basiert auf dem Urteil des EuGH v. 7.12.2010, C-285/09.
BFH v. 11.8.2011, V R 50/09

Beteiligt sich ein Unternehmer vorsätzlich durch Täuschung über die Identität des Abnehmers an einer Umsatzsteuerhinterziehung, um hierdurch die geschuldete Besteuerung des innergemeinschaftlichen Erwerbs im Bestimmungsmitgliedstaat zu vermeiden, ist die Lieferung nicht als steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferung zu behandeln.

Die Entscheidung basiert auf dem Urteil des EuGH v. 7.12.2010, C -285/09.
BFH v. 17.2.2011, V R 30/10

Innergemeinschaftliche Lieferungen sind auch unter Vorliegen der Voraussetzungen des § 6a UStG umsatzsteuerpflichtig, wenn der Unternehmer die Identität seines Abnehmers verschleiert, um diesem die Hinterziehung der geschuldeten Umsatzsteuer zu ermöglichen.

Die Entscheidung basiert auf dem Urteil des EuGH v. 7.12.2010, C -285/09.
EuGH v. 7.12.2010, C-285/09

Wenn eine innergemeinschaftliche Lieferung von Gegenständen tatsächlich stattgefunden hat, der Lieferer jedoch bei der Lieferung die Identität des wahren Erwerbers verschleiert hat, um diesem zu ermöglichen, die Mehrwertsteuer zu hinterziehen, kann der Ausgangsmitgliedstaat der innergemeinschaftlichen Lieferung die Mehrwertsteuerbefreiung für diesen Umsatz versagen.

Durch diese Entscheidung ist eine Sanktion gegeben, wenn jemand bewusst eine sachlich falsche Rechnung vorlegt bzw. bewusst sachlich falsche Erklärungen abgibt. Diese Sanktion ist notwendig, da ansonsten das ordnungsgemäße Funktionieren des Europäischen Binnenmarktes infrage steht.

Vergleiche hierzu auch BFH v. 19.10.2010, XI R 78/07, wonach der Vorsteuerabzug zu versagen ist, wenn aufgrund objektiver Umstände feststeht, dass der Steuerpflichtige wusste oder hätte wissen müssen, dass er sich mit seinem Erwerb an einem Umsatz beteiligt, der im Rahmen einer Steuerhinterziehung stattfindet.
BFH v. 30.7.2008, V R 7/03

Aus den im Steuerrecht allgemein geltenden Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit und des Vertrauensschutzes ergibt sich, dass die Steuerfreiheit einer Ausfuhrlieferung nicht versagt werden darf, wenn der liefernde Unternehmer die Fälschung des Ausfuhrnachweises, den der Abnehmer ihm vorlegt, auch bei Beachtung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns nicht hat erkennen können.

Ob die Voraussetzungen hierfür gegeben sind, ist im Erlassverfahren zu prüfen.

Vgl. dazu die Rechtsprechung des EuGH mit Urteil v. 21.2.2008 zur Ausfuhrlieferung (C-271/06 Netto Supermarkt GmbH & Co.KG).

Belegnachweis bei innergemeinschaftlichen Lieferungen

Urteil Kernaussage und Hinweise
BFH v. 21.7.2011, V B 102/10 (NV)

Der Belegnachweis in Abholfällen setzt voraus, dass derjenige, der die Ware tatsächlich abholt (der Abnehmer oder sein Beauftragter) versichert, er werde diesen in das übrige Gemeinschaftsgebiet verbringen.

Es genügt nicht, wenn der Abholer versichert, ein Dritter werde die Ware ins Ausland einführen.

Die vom Abholer zu unterzeichnende Bestätigung sollte daher diesen Punkten exakt sein
BFH v. 12.5.2011, V R 46/10

Der Hinweis auf die innergemeinschaftliche Lieferung in der Rechnung sowie die Verbringungserklärung des Abholers sind zentrale Voraussetzungen für die Steuerbefreiung der innergemeinschaftlichen Lieferung.

Mit einer Rechnung, die nicht auf die Steuerfreiheit der innergemeinschaftlichen Lieferung hinweist, und einer nicht gegenüber dem liefernden Unternehmer abgegebenen Verbringungserklärung, die den Unternehmer auch nicht namentlich bezeichnet, kann der Belegnachweis nicht geführt werden.
BFH v. 4.5.2011, XI R 10/09 Soll bei einer innergemeinschaftlichen Lieferung die Versendung in das übrige Gemeinschaftsgebiet belegmäßig durch einen CMR-Frachtbrief nachgewiesen werden, ist es grundsätzlich erforderlich, die für die Ablieferung vorgesehene Stelle (Bestimmungsort) anzugeben.
BFH v. 17.2.2011, V R 28/10

Die Anforderungen, die die Finanzverwaltung an einen CMR-Frachtbrief als Versendungsbeleg stellt sind nach Meinung der Rechtsprechung überzogen.

Ein CMR-Frachtbrief ist auch dann als Versendungsbeleg i. S. d. UStDV anzuerkennen, wenn er nicht vom Auftraggeber des Frachtführers unterzeichnet ist.

Mit diesem Urteil stellt sich der BFH gegen das BMF-Schreiben v. 5.5.2010, Rz. 36 und entgegen Abschn. 6a.4 Abs. 3 Satz 5 UStAE.

Vgl. hier die neuere Rechtsprechung des BFH v. 22.7.2015, V R 38/14 zum CMR-Frachtbrief.
BFH v. 3.5.2010, XI B 51/09 (NV)

Die Vorlage einer schriftlichen Vollmacht zum Nachweis der Abholberechtigung des Abholenden gehört nicht zu den Erfordernissen für einen ordnungsgemäße...

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