Leitsatz

Der notwendige Nachweis darüber, dass ein Fahrzeug physisch in das übrige Gemeinschaftsgebiet gelangt ist, kann durch einen Beleg über die zeitnahe Zulassung im EU-Ausland geführt werden.

 

Sachverhalt

Ein niedergelassener VW-/Audi-Händler stritt mit dem Finanzamt über die Steuerbefreiung für innergemeinschaftliche Fahrzeuglieferungen in den Jahren 1999 und 2000. Nach Ansicht des Finanzamtes konnte der Händler für eine ganze Reihe von (Abhol-) Lieferungen den notwendigen Buch- und Belegnachweis nicht erbringen. Im Laufe des Verfahrens wurden allerdings Unterlagen zur Zulassung einiger Fahrzeuge in anderen Mitgliedstaaten nachgereicht. Diese Unterlagen wurden vom Finanzamt nicht als Nachweis anerkannt, da solche Bestätigungen über die Zulassung in anderen EU-Ländern keinerlei Aussagekraft zu der Feststellung hätten, ob tatsächlich eine innergemeinschaftliche Lieferung an den vereinbarten Abnehmer zum Zeitpunkt der erklärten Lieferung stattgefunden habe. Die Belege waren teilweise in fremder Sprache verfasst. Sie erlaubten nach Ansicht der Finanzbehörden in Unkenntnis des jeweiligen Kfz-Zulassungsverfahrens auch keine Beurteilung darüber, dass das Fahrzeug tatsächlich körperlich in den Mitgliedstaat, der die "Bestätigung" ausgestellt hat, gelangt sei und in wessen Verfügungsmacht das Fahrzeug zum Zeitpunkt der Lieferung, der Zulassung oder der Ausstellung der Bestätigung gewesen sei. In Deutschland, so die Finanzverwaltung, könnten z. B. auch Fahrzeuge zugelassen werden, die sich tatsächlich nicht im Inland befänden.

 

Entscheidung

Die Klage hatte insoweit Erfolg. Nach Ansicht des Finanzgerichts kann der Nachweis der zeitnahen Zulassung eines Fahrzeugs im übrigen EU-Ausland als objektiver Nachweis für das physische Gelangen eines Fahrzeugs in das übrige Gemeinschaftsgebiet angesehen werden, so dass die Lieferungen steuerfrei sind. Soweit sich das Finanzamt auf das Urteil des FG München v. 30.1.2008, 3 K 5193/04 beruft, wonach allein die Registrierung eines Fahrzeugs in Spanien nichts darüber aussage, wer die Lieferungen vorgenommen habe bzw. ob nicht ein weiterer inländischer Dritter die streitgegenständliche innergemeinschaftliche Lieferung ausgeführt habe, wurde die Entscheidung vom BFH, Urteil v. 14.12.2011, XI R 32/09 aufgehoben. Der BFH hat insoweit ausgeführt, dass auch eine zeitnahe Registrierung bzw. Zulassung der Pkw im EU-Ausland als Nachweis darüber ausreichen kann, dass die Fahrzeuge tatsächlich physisch in den anderen Mitgliedstaat verbracht worden sind (vgl. auch BFH, Urteil v. 17.2.2011, V R 28/10).

Um Zwischenverkäufe (im Zeitraum zwischen Erwerb des Fahrzeugs und der Zulassung im Ausland) hinreichend auszuschließen, sind Zulassungen nur dann als objektiver Nachweis für die Verbringung ins EU-Ausland geeignet, wenn sie zeitnah nach der Lieferung erfolgen. Welcher Zeitraum als "zeitnahe" Zulassung bzw. Fahrzeugregistrierung zu qualifizieren ist, muss unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände des Einzelfalls geklärt werden. Zumindest dürfte eine Zulassung bzw. Registrierung innerhalb eines Monats nach Übergabe regelmäßig als zeitnah anzusehen sein (vgl. FG Baden-Württemberg, Urteil v. 20.7.2011, 14 K 4282/09).

 

Hinweis

Mittlerweile liegen zahlreiche Entscheidungen zu dem Problemkreis vor, wie ein Unternehmer den Warenweg ins EU-Ausland abweichend von den strengen Anforderungen der Finanzverwaltung bzw. der UStDV alte Fassung belegen kann.

Aktuell ist zu beachten, dass mit Wirkung zum 1.1.2012 als weitgehend einzige Nachweismöglichkeit für die Anwendung der Steuerbefreiung für innergemeinschaftliche Lieferungen in § 17a UStDV die Gelangensbestätigung eingeführt wurde. Diese ist jedoch so massiv in der Kritik, dass der Gesetzgeber förmlich zum Nachbessern "gezwungen" wird. Deshalb sollen mit der 11. Verordnung zur Änderung der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung weitere Nachweismöglichkeiten geschaffen werden, um den Betroffenen insgesamt eine einfache und sichere Nachweismöglichkeit zu ermöglichen. Ein Referentenentwurf des Bundesfinanzministeriums (Bearbeitungsstand 1.10.2012) liegt zwischenzeitlich vor. Danach kann der Unternehmer den Nachweis auch wie folgt führen (vgl. § 17a Abs. 3 Nr. 5 UStDV-Entwurf):

"Bei der Lieferung von Fahrzeugen, die durch den Abnehmer befördert werden und für die eine Zulassung für den Straßenverkehr erforderlich ist, durch einen Nachweis über die Zulassung des Fahrzeugs auf den Erwerber im Bestimmungsmitgliedstaat der Lieferung. Der Beleg muss bei der Lieferung eines Fahrzeugs im Sinne des § 1b Abs. 2 UStG ("neue Fahrzeuge") zusätzlich dessen Fahrzeug-Identifikationsnummer enthalten".

Es sieht also derzeit danach aus, dass "ordnungsgemäße Zulassungsbestätigungen" künftig bereits "per Gesetz" anzuerkennen sind, wenngleich das dem Unternehmer im Zeitpunkt der Lieferung zunächst wenig helfen wird, da er die Zulassungsbestätigung womöglich erst Wochen später erhält.

Für bis zum 30.6.2013 ausgeführte innergemeinschaftliche Lieferungen ist vorgesehen, dass der Unternehm...

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