Leitsatz

Der Inhaber eines gewerblichen bzw. land- und forstwirtschaftlichen Betriebs ist regelmäßig schon allein wegen seiner unbeschränkten Außenhaftung und des ihm allein möglichen Auftretens im Rechtsverkehr (Mit-)Unternehmer einer bürgerlich-rechtlichen Innengesellschaft, die zum Zweck der stillen Beteiligung an seinem Unternehmen gegründet wurde. Dies gilt auch dann, wenn dem Inhaber des Betriebs im Innenverhältnis neben einem festen Vorabgewinn für seine Tätigkeit keine weitere Gewinnbeteiligung zusteht und die Geschäftsführungsbefugnis weitgehend von der Zustimmung des stillen Beteiligten abhängt.

 

Normenkette

§ 13, § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG, § 705 BGB, § 230, § 170 HGB, § 179 Abs. 2, § 180 Abs. 1 Nr. 2a AO

 

Sachverhalt

Der Kläger, leitender Angestellter einer Agrargenossenschaft, hatte auf von der Genossenschaft angemieteten Flächen einen Rinderzuchtbetrieb eröffnet. Zugleich hatten Kläger und Genossenschaft vereinbart, dass sich die Genossenschaft atypisch still an dem Betrieb beteiligen und ihre Einlage als Sacheinlage von 76 Kühen leisten sollte. Am Vermögen der Gesellschaft war danach allein die Genossenschaft beteiligt. Die Gewinne und Verluste waren nach der Vermögensbeteiligung zu verteilen, standen also allein der Genossenschaft zu. Der Kläger hatte im Hinblick auf seine Arbeitsleistung als Geschäftsführer der Gesellschaft einen Anspruch auf Vorabgewinn von 4.000 DM jährlich.

Das FA lehnte den Erlass eines Gewinnfeststellungsbescheids mit der Begründung ab, es liege keine Mitunternehmerschaft vor. Den Gewinnanteil des Klägers für den ersten VZ erfasste es in der ESt-Veranlagung des Klägers als Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit. Die Verpflichtungsklage auf Erlass eines Gewinnfeststellungsbescheids für die Gesellschaft wies das FG ab (EFG 2005, 1111).

 

Entscheidung

Der BFH gab der Revision des Klägers statt und verpflichtete das FA zum Erlass eines Gewinnfeststellungsbescheids.

 

Hinweis

1. Das Urteil betrifft einen ungewöhnlichen Fall, in dem Streit über das Bestehen einer Mitunternehmerschaft bestand.

Eine Agrargenossenschaft und ihr leitender Angestellter hatten eine Gesellschaft errichtet, die als stille Gesellschaft i.S.d. § 230 HGB bezeichnet wurde und auf gemeinschaftliche Tierzucht gerichtet war. Daran war bereits ungewöhnlich, dass sich der Gesellschaftsvertrag auf § 230 HGB bezog, obwohl die Gesellschaft gar keine Tätigkeit im Sinn des Handelsrechts entfalten, sondern landwirtschaftliche Tierzucht betreiben sollte. Allenfalls konnte es sich also um eine Innengesellschaft i.S.d. § 705 BGB handeln. Vor allem ungewöhnlich war aber, dass der nach außen als Unternehmer auftretende Angestellte der Genossenschaft keinerlei Kapitalanteil hielt und deshalb auch von der Gewinn- bzw. Verlustbeteiligung vollkommen ausgeschlossen war. Lediglich ein geringer und auf 4.000 DM festgelegter sog. Vorabgewinn sollte ihm zustehen.

2. Eine Mitunternehmerschaft setzt bekanntlich Mitunternehmerinitiative und Mitunternehmerrisiko voraus. Für jeden Mitunternehmer müssen beide Elemente feststellbar sein.

a) Im Streitfall hatte das FA Mitunternehmerrisiko des nach außen in Erscheinung tretenden Unternehmers verneint, weil keine Verlustbeteiligung und eine nur geringe Gewinnbeteiligung bestand. Darin sah auch der BFH ein sehr geringfügiges Mitunternehmerrisiko. Allerdings sei wie bei dem Komplementär einer KG die nicht beschränkbare Außenhaftung zu berücksichtigen.

b) Dem unterdurchschnittlich ausgeprägten Mitunternehmerrisiko stand im Besprechungsfall aber eine überdurchschnittlich starke Mitunternehmerinitiative gegenüber. Ungeachtet der Kontroll- und Mitwirkungsrechte der stillen Gesellschafterin hatte der Kläger noch stärkere Initiativrechte als ein Komplementär. Denn als nach außen allein auftretendem Unternehmer kann dem Inhaber des Unternehmens, an dem die stille Beteiligung besteht, das "Vertretungsrecht" nicht entzogen werden.

3. Dem Urteil kann trotz des ungewöhnlichen Entscheidungsfalls eine allgemein gültige Aussage entnommen werden: So wie der Komplementär einer KG regelmäßig Mitunternehmer ist, kann auch dem Inhaber des Unternehmens, an dem eine atypisch stille Beteiligung besteht, die Mitunternehmereigenschaft grundsätzlich nicht abgesprochen werden.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 10.5.2007, IV R 2/05

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