Nachdem wir in Kap. 2 umfangreich unser Phasenmodell im Krisenmanagement beschrieben und mit einigen Beispielen aus dem Praxisumfeld untermauert haben, möchten wir in diesem Kapitel Führungskräften und Controllern konkrete Beispiele von Aktivitäten und Maßnahmen an die Hand geben, die als Grundlagen zur Bekämpfung der Krise dienen sollen. Dabei versuchen wir die Maßnahmen durch anschauliche Praxisbeispiele zu verdeutlichen. Gerne verweisen wir an dieser Stelle auf unseren im Mai 2020 erschienen Sonderbeitrag, in dem wir die Rolle des Controllers in Krisensituationen besonders unsere Aufmerksamkeit geschenkt haben. Dort lassen sich noch tiefergehende Abbildungen und Hinweise finden, die für das Controlling im Krisenumgang sicherlich nicht uninteressant sein könnten.[1]

[1] ICV, 2020b.

5.2.1 Phase 0: Krisenerkennung und -vorsorge

Da wir die Maßnahmen in der vorgelagerten Phase 0 bereits ausführlich in Kap. 3 beleuchtet haben, wollen wir hier die wichtigsten Aspekte nochmal in Kürze zusammenfassen: Hauptgegenstand ist die sofortige Bildung von dedizierten Krisenteams, die unbedingt durch das Controlling – zumindest teilweise – personell besetzt werden sollten. Weiterhin bieten sich Mitarbeiterprofile mit ausgeprägten analytischen Fähigkeiten an. Sofern das Unternehmen aktuell von keiner Krisensituation bedroht wird, sollten Trigger-Signale für mögliche Black-Swan-Bedrohungen definiert werden. Außerdem sollten Branchen- und Kundenanalysen wiederkehrend betrieben werden. Szenarien-Analysen mit jeweiligen Gegenmaßnahmen runden das Aufgabenspektrum für das Krisenteam in Phase 0 ab. Dieser Prozess sollte fortlaufend sein bis zu dem Punkt, an dem eine zukünftige Krisensituation wahrscheinlich wird.

5.2.2 Phase 1: Überleben sichern

In der ersten Phase ist die Krise noch spürbar wie ein Schock: hier sollten Controller zunächst die Liquidität für die kurz- und mittelfristige Planung sicherstellen. Frühzeitige Kommunikation mit Groß-Kunden und Lieferanten ist hier maßgeblich dafür entscheidend, dass man nicht von einem Auftragsrückgang überrascht wird, indes die Zulieferer aber weiter Ressourcen und Komponenten zur üblichen Auftragslage liefern. Man konnte bspw. in der aktuellen Corona-Krise beobachten, dass Bestellsysteme der Automobilindustrie noch intensiv Komponenten von Zulieferern bestellt haben, obwohl bei überwiegend allen Herstellern die Produktion reduziert oder eingestellt worden war. Bzgl. der Liquidität kann es hilfreich sein, solche liquiditäts- oder planungsgefährdende Umsatzrisiken in regelmäßigen Reportings und Analysen zu prüfen und immer wieder vor der aktuellen Unternehmens- und Krisensituation zu reflektieren. So lässt sich zumindest die Liquidität für strategische Investitionen oder zukünftige Restrukturierungsprogramme hochhalten. Als Business Partner sollte der Controller die Ergebnisse der Szenario-Analysen dem Top-Management vortragen und gleichzeitig erste geeignete Handlungsmaßnahmen vorbereitet haben, die der aktuellen und zukünftigen Krisensituation entgegenwirken können. Ferner sollte die bisherige Risikoposition kritisch untersucht und um die aktuellen Gegebenheiten ergänzt werden. Letztlich wäre hier noch die Erarbeitung von Sofortmaßnahmen denkbar, wie bspw. die Stabilisierung von Schlüssel-Kooperationen oder die Bindung anderer Akteure (z. B. Lieferanten).

5.2.3 Phase 2: Stabilisierung

Mit der erfolgreichen kurz- und mittelfristigen Absicherung des Unternehmens ist die Liquidität für das Erste gesichert: jetzt beginnt die Arbeit der Stabilisierung. Während diese gewonnene Liquiditätstransparenz selbstverständlich in Phase 2 fortgeführt wird und die Prognosen in regelmäßigen Abständen wiederholt werden sollten, hat der Controller hauptsächlich zwei Aufgaben in dieser Phase: Zum einen sollte die Zahlungsfähigkeit sichergestellt und zum anderen sollten erste Kostensenkungs- bzw. Einsparprogramme initiiert werden. Neben der Prüfung von staatlichen Unterstützungsmöglichkeiten ist es ratsam, mit den Hausbanken möglicherweise neue Kreditlinien auszuhandeln oder andere schnelle Finanzierungsformen zu nutzen. Für konkrete Beispiele von Maßnahmen zur Kosten- und Effizienzsteigerung wollen wir an dieser Stelle auf das Kap. 4.3 verweisen; dort finden sich abteilungsspezifische Maßnahmen und Vorschläge. Der Controller ist für die Planung, Initiierung sowie Steuerung dieser Sparprogramme verantwortlich. Das bedeutet auch, dass er unerwartete negative Entwicklungen – durch die Programme – schnell revidieren kann. Die Konsequenzen aus den Maßnahmen sind zu quantifizieren und sollten Bestandteil der regelmäßig Reportings und Forecasts sein. Eine leitende Prämisse kann hierbei sein den Break-even für möglichst viele Produkte und Services durch Kostensenkung erheblich zu reduzieren. Letztlich sollte der Controller Möglichkeiten eines rentabilitätsorientierten Portfoliomanagements evaluieren: das bedeutet, dass sich alle Produkte, Prozesse, Investitionen und auch Landesgesellschaften harten finanziellen Kriterien-Checks unterziehen müssen. Hier kann es sich anbieten, geeignete Kriterien für die Portfolioauswahl im ...

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