Rz. 187

Nach § 15a Abs. 3 Satz 1 EStG gilt der Grundsatz, dass dann, wenn ein Kommanditist seine Einlage in die Gesellschaft durch eine Entnahme mindert und dadurch ein negatives Kapitalkonto entsteht bzw. sich erhöht, dem Kommanditisten der Betrag der Einlagenminderung als Gewinn zuzurechnen ist. § 15a Abs. 3 Satz 1 EStG soll Missbräuchen entgegentreten, indem diese Vorschrift verhindert, dass in Verlustjahren nur zum Zwecke des Verlustausgleiches kurzfristige Einlageerhöhungen vorgenommen werden, die im Folgejahr oder nach Vornahme des Verlustausgleiches rückgängig gemacht werden.[1]

Ein Beispiel in Anlehnung an Knobbe-Keuk[2] soll diesen Grundgedanken des § 15a Abs. 3 Satz 1 EStG verdeutlichen.[3]

 
Praxis-Beispiel

Herabsetzung der Kommanditeinlage

 
Hafteinlage (im Handelsregister eingetragen) 500
Kapitalkonto (tatsächlich geleistete Einlage) 1.000
Verlustanteil im Jahr I 1.000
Entnahme im Jahr II 500
Gewinn durch Einlagenminderung im Jahr II 500

Ohne § 15a Abs. 3 Satz 1 EStG hätte der Kommanditist im Jahr I einen ausgleichs- und abzugsfähigen Verlustanteil von 1 000. Hätte er die Entnahme nicht im Jahr II, sondern im Jahr I getätigt, so wären im Jahr I 500 ausgleichs- und abzugsfähig und 500 verrechenbar mit späteren Gewinnen aus der Beteiligung gewesen. Ohne § 15a Abs. 3 Satz 1 EStG wäre der Verlust steuerlich unterschiedlich zu behandeln, je nachdem, ob der Verlust zuerst eingetreten ist und es dann zur Entnahme kam oder umgekehrt; § 15a Abs. 3 Satz 1 EStG führt zur Gleichbehandlung vorstehender beider Möglichkeiten, sodass es ohne Anreiz ist, durch kurzfristige Eintragung hoher Haftsummen ein nicht gerechtfertigtes Verlustausgleichsvolumen zu schaffen.[4] Die Regelung des § 15a Abs. 3 Satz 1 EStG führt im Beispielsfall dazu, dass die Hälfte des Verlustes – 500 –, der dem Kommanditisten im Jahr I als ausgleichs- bzw. abzugsfähiger Verlustanteil zugerechnet worden ist, mit Wirkung des Jahres II, also des Zeitraums, in dem das negative Kapitalkonto durch die Entnahme entsteht, in einen nur verrechenbaren Verlustanteil umgewandelt wird.

 

Rz. 188

Ein ergänzendes Beispiel von Herrmann-Heuer[5] zeigt, dass die Haftungsminderung nicht zur Zurechnung positiver Einkünfte führt, wenn aufgrund der Haftung tatsächlich Beträge geleistet wurden.

 
Praxis-Beispiel

Keine Zurechnung positiver Einkünfte

 
Vereinbarte Einlage 1.000
Tatsächlich geleistete Einlage (im Jahr I) 500
Verlustanteile des Kommanditisten in den Jahren I-III 800
Weitere Einzahlungen in Jahren I–III 200

Verminderung der vereinbarten Einlage im Jahr IV um 400 auf 600

Aufgrund der Verringerung der vertraglichen Einlage im Jahr IV wären dem Kommanditisten positive Einkünfte in Höhe von 200 zuzurechnen, um die die in den Jahren I-III zugerechneten Verluste den Betrag der verminderten Einlage übersteigen. Durch die weitere Einzahlung des Kommanditisten von 200 verringern sich die zuzurechnenden positiven Einkünfte auf 100.

 

Rz. 189

Wie sich die Einlage- oder Haftungsminderung in den Folgejahren auswirkt, ergibt sich aus § 15a Abs. 3 Satz 4 EStG: Die dem Kommanditisten aufgrund der Haftungs- oder Einlagenminderung "zuzurechnenden Beträge mindern die Gewinne, die dem Kommanditisten im Wirtschaftsjahr der Zurechnung oder in späteren Wirtschaftsjahren aus seiner Beteiligung an der KG zuzurechnen sind". Ein Beispiel von Herrmann-Heuer[6] verdeutlicht diese Gesetzesvorschrift.

 
Praxis-Beispiel

Haftungsminderung in Folgejahren

 
Geleistete Einlage des Kommanditisten 1.000
Verlustanteile der Jahre I–III 600
Auszahlung im Jahr IV (ohne dass eine zu berücksichtigende Haftung entsteht) 500
Zuzurechnender positiver Betrag im Jahr IV aufgrund der Rückzahlung 100
Gewinnanteil des Kommanditisten im Jahr V 200
./. Zuzurechnender positiver Betrag des Jahres IV 100
Steuerpflichtiger Gewinnanteil im Jahr V 100
 

Rz. 190

Vorstehend dargestellte Zurechnung von Einkünften entfällt jedoch, wenn die Entnahme oder die Einlagenrückzahlung zu einem Wiederaufleben der Haftung führt, d. h. der Kapitalanteil des Kommanditisten durch die Entnahme oder Einlagenrückzahlung unter den Betrag der Hafteinlage gemindert wird. Durch diese Regelung wird sichergestellt, dass ein Kommanditist, dessen Haftung durch Entnahme bzw. Einlagenminderung wieder auflebt, genauso gestellt wird wie ein Kommanditist, dem aufgrund erweiterter Außenhaftung ein über die geleistete Einlage hinausgehender Verlust zugerechnet wird.[7]

[1] Vgl. Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, 449, sowie Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, E (grün) zu § 21 EStG, S. 12 f. und 15.
[2] Vgl. Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, S. 449.
[3] Vgl. Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, E (grün) zu § 21 EStG, S. 15.
[4] Vgl. Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, E (grün) zu § 21 EStG, S. 15.
[5] Vgl. Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, E (grün) zu § 21 EStG, S. 15.
[6] Vgl. Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, E (grün) zu § 21 EStG, S. 15.
[7] Vgl. Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, E (grün) zu § 21 EStG, 13 unter Berufung auf Bordewin, FR 1982, S. 487.

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