1 Einführung

1.1 Arten der Gründung

 

Rz. 101

Die GmbH kann auf verschiedene Arten gegründet werden: Unter Gründung im engeren Sinne versteht man den in §§ 1ff. GmbHG aufgezeigten Weg der Neugründung.

 

Rz. 102

Daneben kann eine GmbH aber auch durch Umwandlungsvorgänge entstehen:

Viele denkbare Umwandlungsvorgänge ergeben sich aus dem Umwandlungsgesetz (z. B. durch Verschmelzung, vgl. §§ 56ff. UmwG, grenzüberschreitende Verschmelzung, vgl. §§ 122a ff. UmwG, durch Spaltungsvorgänge, vgl. §§ 138ff. UmwG, wozu auch die Ausgliederung aus dem Vermögen eines Einzelkaufmanns zählt, vgl. §§ 152ff. UmwG, oder durch Formwechsel, vgl. §§ 190ff. UmwG).

Darüber hinaus besteht nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zur Niederlassungsfreiheit (Art. 49, 54 AEUV)[1] auch die Möglichkeit, den Satzungssitz einer in den Ländern der EU oder des EWR eingetragenen Gesellschaft nach Deutschland zu verlegen und die Gesellschaft zugleich in eine GmbH deutschen Rechts umzuwandeln (grenzüberschreitender Formwechsel). Auch auf diesem Wege kann also eine GmbH entstehen.

 

Rz. 103

Gegenstand des vorliegenden Kapitels ist die Neugründung. Unter den Mustern befindet sich zusätzlich ein Beispiel für die Gründung durch Umwandlung aus einer AG.

 
Praxis-Beispiel

Muster II, 3.1 bis 3.5

1.2 Die Gründungsphasen

 

Rz. 104

Die Gründung läuft in mehreren Stufen ab. Die volle Rechtsfähigkeit erlangt die GmbH – was § 11 Abs. 1 GmbHG zwar nicht ausdrücklich sagt, aber voraussetzt – mit Eintragung im Handelsregister. Davor besteht die GmbH "als solche" nicht (§ 11 Abs. 1 GmbHG). Bis zur notariellen Beurkundung der Gründung besteht nur eine Vorgründungs-, danach – bis zur Eintragung im Handelsregister – eine Vorgesellschaft.

1.2.1 Vorgründungsgesellschaft

 

Rz. 105

Ab dem Zeitpunkt, zu dem die Gründer – wenn es sich um mehrere handelt - die Gründung einer GmbH verabredet haben, existiert eine Vorgründungsgesellschaft. Rechtlich handelt es sich dabei um eine BGB-Gesellschaft, deren Zweck auf Gründung einer GmbH gerichtet ist.[1] Zu diesem Zweck gehören die Gründungsvorbereitungen wie die Erstellung wirtschaftlicher, steuerlicher und rechtlicher Konzepte, die Vorbereitung der Vertragsentwürfe und die Planung der Finanzierung der erforderlichen Kapitalausstattung.

Auch wenn es bereits zu einer notariellen Beurkundung der Gründung gekommen ist, dabei aber ein Gründer durch einen Vertreter vertreten war, der die (nach § 2 Abs. 2 GmbHG notariell zu beglaubigende) Vollmacht (noch) nicht vorgelegt hat, liegt (noch) eine Vorgründungsgesellschaft vor.[2]

 

Rz. 106

Einer besonderen Form bedarf die Gründung der Vorgründungsgesellschaft nicht. Mangels notarieller Beurkundung (§ 2 GmbHG) sind die Gesellschafter allerdings in dieser Phase auch noch nicht zur Gründung verpflichtet,[3] können also jederzeit die Gründungsabsicht aufgeben und kündigen (§ 723 BGB). Soll schon in dieser Phase eine bindende Gründungsverpflichtung geschaffen werden, zum Beispiel im Rahmen eines Joint Venture oder einer anderen Gesellschaftervereinbarung, ist notarielle Beurkundung erforderlich.

 

Rz. 107

Bei nur einem Gründer gibt es das Stadium der Vorgründungsgesellschaft nicht, weil eine nur aus einem Gesellschafter bestehende Personengesellschaft dem deutschen Recht unbekannt ist.[4]

 

Rz. 108

Die Vorgründungsgesellschaft endet mit Zweckerreichung (§ 726 ­1. Alternative BGB), also mit notarieller Errichtung der GmbH. Sie endet auch, wenn die Erreichung des Zwecks unmöglich geworden ist (§ 726 2. Alternative BGB), zum Beispiel, weil sich herausgestellt hat, dass die beabsichtigte Gründung nicht möglich ist. Schließlich endet sie durch Kündigung (§ 723 BGB), Tod (§ 727 BGB) oder Insolvenz eines Gesellschafters (§ 728 BGB).

 

Rz. 109

Sollte die Vorgründungsgesellschaft bereits – vorzeitig – mit dem Betrieb eines Handelsgeschäfts begonnen haben (§ 105 Abs. 1 HGB), das nach Art oder Umfang einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert (§ 105 Abs. 2 i. V. m. § 1 Abs. 2 HGB) ist sie als OHG, andernfalls als GbR zu qualifizieren. Folge ist nach bzw. analog § 129 HGB die persönliche Haftung der Gründer für die Unternehmensverbindlichkeiten.

 

Rz. 110

Seit der BGH im Jahre 2001 die BGB-Gesellschaft als (teil-)rechtsfähig anerkannt hat,[5] sind auch die nach außen tätigen Vorgründungsgesellschaften als teilrechtsfähig zu qualifizieren.

 

Rz. 111

Die Vorgründungsgesellschaft ist nicht mit der späteren GmbH "identisch", und ihr Vermögen geht auch nicht automatisch im Wege der Gesamtrechtsnachfolge auf die Vorgesellschaft oder GmbH über. Sollte sie also bereits Vermögen angeschafft haben, muss dieses nach Errichtung oder Eintragung noch eigens auf die GmbH übertragen werden. Das muss durch Einzelrechtsübertragung geschehen. Eine dem § 41 Abs. 2 AktG entsprechende Vorschrift, wonach Verbindlichkeiten auch ohne Zustimmung des Gläubigers auf die AG übergehen, wenn dies binnen drei Monaten nach Eintragung zwischen Gründern und AG vereinbart sowie...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Finance Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge