Kommentar

Wer aufgrund unvollständiger oder unrichtiger Angaben in einer Steuererklärung vorsätzlich verhindert, daß gesetzlich geschuldete Steuern nicht in voller Höhe oder nicht rechtzeitig festgesetzt werden, begeht eine Steuerhinterziehung ( § 370 AO ). Dabei sind auch Einkommensteuer-Vorauszahlungen nicht nur Zahlungen auf spätere ggf. entstehende Steuern, sondern selbst als Steuerschulden zu qualifizieren. Der Tatbestand der Hinterziehung von Einkommensteuer-Vorauszahlungen ist erfüllt, wenn eine Tathandlung bewirkt, daß die tatsächlich geschuldeten Vorauszahlungen im Vorauszahlungsbescheid in unzutreffender Höhe festgesetzt werden. Die Tathandlung kann sowohl in unrichtigen Angaben bei einem Antrag auf Herabsetzung der Vorauszahlungsschulden wie auch in unrichtigen Angaben bei der Einkommensteuererklärung des Vorjahres sein, welche zu einer niedrigeren Festsetzung der Vorauszahlungen führt. Entscheidend für die Tatbestandsverwirklichung der Hinterziehung von Einkommensteuer-Vorauszahlungen ist allein, daß in beiden Fällen durch die Tathandlung eine Bedingung gesetzt wird, die zur Steuerverkürzung führt. Vollendet ist die Hinterziehung der Vorauszahlungen mit der Festsetzung der Steuer im Vorauszahlungsbescheid ( Verwaltungsakt ).

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 15.04.1997, VII R 74/96

Anmerkung

Anmerkung: Die Entscheidung macht deutlich, daß bewußt unrichtige Angaben in der Einkommensteuererklärung nicht nur die Jahreseinkommensteuer des Vorjahres, sondern auch die Einkommensteuer-Vorauszahlungen im nächsten Veranlagungszeitraum verkürzen. Im Urteilsfall ging es um die Inanspruchnahme eines Geschäftsführers als Haftenden. Der Geschäftsführer hatte mit Wissen des Geschäftsinhabers mit verschiedenen Lieferanten Vereinbarungen getroffen, nach denen nur über etwa die Hälfte der gelieferten Waren ordnungsgemäße Rechnungen ausgestellt worden sind. Nur die ordnungsgemäßen Rechnungen und die daraus folgenden Umsätze wurden verbucht, die „schwarz” erwirtschafteten Gewinne wurden nicht in die Einkommensteuererklärung des Geschäftsführers aufgenommen. Der Geschäftsführer hat somit Beihilfe zur Hinterziehung der Einkommensteuer-Vorauszahlungen des Geschäftsinhabers geleistet und muß bei nachgewiesener vorsätzlicher Beihilfe auch für die hinterzogenen Vorauszahlungen haften.

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