Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur Rechtmäßigkeit der Anordnung einer Lohnsteueraußenprüfung

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Kommt es im Falle einer ausländischen juristischen Person oder Gesellschaft nach dem maßgeblichen ausländischen Recht auf gesellschaftsinterne Vorgänge an, so trifft die juristische Person oder Gesellschaft eine Mitwirkungspflicht an der Feststellung, ob ein gesetzlicher Vertreter im Rahmen seiner Vertretungsmacht handelt.
  2. Unterzeichnet bei grundsätzlich gemeinschaftlicher Vertretungsbefugnis nur ein gesetzlicher Vertreter die Prozessvollmacht kann der andere gesetzlicher Vertreter die Klage genehmigen. Ohne Genehmigung ist die Klage nur zulässig, wenn die Alleinvertretungsberechtigung nachgewiesen ist. Die Vernehmung des anderen gesetzlichen Vertreters als Zeuge für die Erteilung der nach dem Gesellschaftsvertrag möglichen Erteilung einer Alleinvertretungsberechtigung des handelnden gesetzlichen Vertreters scheidet als Nachweis aus.
 

Normenkette

FGO § 58 Abs. 2

 

Streitjahr(e)

2016, 2017, 2018, 2019

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 20.10.2022; Aktenzeichen VI B 33/22)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit der Anordnung einer Lohnsteueraußenprüfung.

Die Klägerin ist eine Arzt- und Psychotherapiepraxis, die als Ltd. am xx.xx.2017 in das Companies House von England und Wales eingetragen wurde. Directors der Ltd. und deren Gesellschafter - zu jeweils 50 % - sind C und D. Im „PART 2, DIRECTORS, DIRECTORS´ POWER AND RESPONSIBILITIES, Directors´ general autohority” Nr. 3 Abs. 3 des Gesellschaftsvertrages findet sich folgende Formulierung:

„If the company has more than one director, two directors shall be the legal

representatives oft he company, in accordance with these Articles. The board of directors may authorise one or more of the directors in respect of a particular

business transaction or generally to exercise all the powers of the company on ist behalf alone.”

Herr D erteilte der B Ltd., NL (nachfolgend als B bezeichnet) eine Prozessvollmacht für das vorliegende Verfahren (Blatt 15 Gerichtsakte).

Die B trat im Besteuerungsverfahren für die Klägerin gegenüber dem Beklagten als steuerlicher Berater und einer der Empfangsbevollmächtigten auf (Blatt 23 ff. Lohnsteuer-Arbeitgeberakten).

Die B wurde mit Bescheid des Beklagten vom 30.10.2019 (Blatt 35 Lohnsteuer-Arbeitgeberakten) als deren Bevollmächtigte wegen unbefugter Hilfeleistung in Steuersachen für diese für alle anhängigen und zukünftigen Verwaltungsverfahren der Klägerin als Auftraggeberin im Zuständigkeitsbereich des Beklagten gem. § 80 Abs. 7 Abgabenordnung (AO) zurückgewiesen. Alle Verfahrenshandlungen, die trotz der Zurückweisung für die Klägerin als Auftraggeberin vorgenommen würden, blieben gem. § 80 Abs. 10 AO ohne steuerliche Wirkung. Die Klägerin wurde über die Zurückweisung mit Datum ebenfalls vom 30.10.2019 (Blatt 25 Gerichtsakte: erste Seite des Schreibens) entsprechend unterrichtet

Mit Bescheid vom 04.11.2020 wurde bei der Klägerin gem. § 196, 197 AO eine Lohnsteueraußenprüfung angeordnet (Blatt 42 Lohnsteuer-Arbeitgeberakten). Der zu prüfende Zeitraum sei der 01.01.2016 bis zum 31.12.2019. Die Prüfung werde an Amtsstelle durchgeführt.

Mit Bescheid vom 21.12.2020 (Blatt 45 Lohnsteuer-Arbeitgeberkaten) wurde die Anordnung der Lohnsteuer-Außenprüfung für den Prüfungszeitraum 01.01.2016 bis 31.07.2017 zurückgenommen. Die Anordnung der Prüfung für den Prüfungszeitraum 01.08.2017 bis 31.12.2019 bleibe jedoch hiervon unberührt.

Gegen diese Prüfungsanordnung richtet sich die vorliegende Klage.

Die Klägerin ergänzt und vertieft ihr Vorbringen dahin, dass Herr D für die Klägerin alleinvertretungsberechtigt sei. Dies sei dem öffentlichen Register des Companies House zu entnehmen und deswegen öffentlich bekannt. Weder nach britischem noch nach deutschem Recht wirkten interne Beschränkungen der Geschäftsführungsbefugnisse im Außenverhältnis. Es werde auf § 37 Abs. 2 GmbHG ggf. in analoger Anwendung, § 114 Abs. 1 und § 115 Abs. 1 HGB verwiesen. Liege ggf. eine denkbare Beschränkung der Vertretungsbefugnis vor, was nicht der Fall sei, so billige die Mitgesellschafterin die Klageerhebung jedenfalls. Zur Tatsache, dass Herr D im vorliegenden Fall zur Klageerhebung beauftragt sei, werde Beweis durch Ladung von Frau C angeboten.

Die Voraussetzungen der Prozessbevollmächtigten, die Klägerin gem. §§ 62 FGO, 3a StBerG vertreten zu dürfen, seien zudem gegeben, was weiter ausgeführt wird.

Es sei über den Antrag auf Akteneinsichtnahme zu entscheiden. Sei die Klägerseite wie vorliegend postulationsfähig, so sei ein wirksamer Antrag auf Akteneinsichtnahme zu bescheiden. Müsse beurteilt werden, ob die Klage zulässig oder unzulässig sei, so sei die Akteneinsichtnahme unabdingbarer Bestandteil des rechtlichen Gehörs, weil sie dem Rechtssuchenden erst ermögliche, zur zu beurteilenden Frage der Zulässigkeit seinen Vortrag auf den Akteninhalt zu stützen. Es seien weitere, näher bezeichnete

Akten beizuziehen.

Der Beklagte habe mit dem angefochtenen Verwa...

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