Entscheidungsstichwort (Thema)

Kindergeldanspruch bei Unterbrechung zweier Ausbildungsabschnitte durch Erwerbstätigkeit

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Eine Übergangszeit im Sinne des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2b EStG liegt nicht vor, wenn ein Kind nach Beendigung oder Abbruch eines Ausbildungsabschnitts eine Vollzeiterwerbstätigkeit aufnimmt und er später mit einem weiteren Ausbildungsabschnitt beginnt.

2. Eine kindergeldschädliche Unterbrechung der Ausbildung liegt auch vor, wenn das Kind zwar keiner Vollzeiterwerbstätigkeit nachgeht, sich aber durch eine ausreichend dotierte Teilzeitbeschäftigung den Lebensunterhalt selbst sichert, ohne weiter einer Ausbildung nachzugehen.

3. Die während der Erwerbstätigkeit zwischen zwei Ausbildungsabschnitten erzielten Bruttoeinnahmen bleiben bei der Berechnung der kindergeldschädlichen Einkünfte während der Ausbildungszeit außer Ansatz.

 

Normenkette

EStG § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2b

 

Streitjahr(e)

1998

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 23.02.2006; Aktenzeichen III R 82/03)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Klägerin für die Monate Januar bis April und September bis Dezember 1998 Kindergeld für das Kind J zusteht und ob der Beklagte in diesem Zusammenhang das bereits gezahlte Kindergeld für die Monate Januar bis April 1998 zurecht zurückgefordert hat. Insbesondere ist dabei die kindergeldrechtliche Auswirkung einer Ausbildungspause von Mai bis Ende August 1998 streitig. Im einzelnen liegt dem Rechtsstreit der folgende Sachverhalt zugrunde:

Die Klägerin erhielt zunächst Kindergeld für ihre Tochter J, die ab dem 1.9.1997 an der Fachhochschule Informatik studierte und im Haushalt der Klägerin lebte. Unter dem 10.5.1998 teilte die Klägerin der beklagten Behörde mit, dass ihre Tochter ab dem 1.5. bis voraussichtlich zum 31.12.1998 eine Erwerbstätigkeit aufgenommen habe und dabei Bruttoeinnahmen von 2.000,- DM monatlich erzielen werde. Dem lag zugrunde, dass die Tochter mit Datum vom 20.4.1998 einen unbefristeten Anstellungsvertrag mit der Firma „ software service GmbH” in F abgeschlossen hatte, wonach sie bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 20 Stunden als Anwendungsprogrammiererin für ein monatliches Bruttogehalt von 2.000,-- DM arbeiten sollte. Weil die Einkünfte und Bezüge der Tochter J danach den Jahresgrenzbetrag von 12.360,-- DM für 1998 übersteigen würden, setzte der Beklagte mit Bescheid vom 23.6.1998 das Kindergeld ab Januar 1998 auf Null DM fest und forderte zugleich das bis Mai 1998 bereits gezahlte Kindergeld von insgesamt 1.100,-- DM zurück.

Den hiergegen gerichteten rechtzeitigen Einspruch wies der Beklagte mit Entscheidung vom 21.8.1998 als unbegründet zurück.

Mit der hiergegen fristgerecht erhobenen Klage macht die Klägerin geltend, die in den Monaten Mai bis einschließlich August erzielten Einkünfte der Tochter seien nach § 32 Abs. 4 Sätze 7 und 8 Einkommensteuergesetz (EStG) außer Ansatz zu lassen, weil die Tochter ab April 1998 ihr Studium abgebrochen und erst am 1.9.1998 mit dem Abschluss eines Berufsausbildungsvertrages mit dem o.a. Softwareunternehmen ihre Ausbildung fortgesetzt habe. Damit liege eine kindergeldschädliche Übergangszeit im Sinne von § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2b) EStG von mehr als 4 Monaten vor, weshalb gemäß § 32 Abs. 4 Sätze 7 und 8 EStG die in den Monaten Mai bis August erzielten Einkünfte in Höhe von insgesamt 8.333,33 DM außer Betracht bleiben müssten. Die in der Zeit vom 1.9. bis 31.12.1998 erzielten Einkünfte von 8.704,-- DM abzüglich anteiliger Werbungskostenpauschale lägen unter dem anteiligen Grenzbetrag.

Zur Untermauerung ihres Vorbringens hat die Klägerin Ablichtungen des Anstellungsvertrages vom 20.4.1998 (Bl. 9,10 der Gerichtsakte) und des Berufsausbildungsvertrages vom 21.7.1998 (Bl. 11 der Gerichtsakte) vorgelegt. Nach dem Berufsausbildungsvertrag wird die Tochter im Ausbildungsbetrieb in der Zeit vom 1.9.1998 bis zum 31.8.2001 zur Fachinformatikerin ausgebildet und erhält dafür im ersten Ausbildungsjahr eine Ausbildungsvergütung von monatlich 1.076,-- DM, (1.138,-- DM im zweiten und 1.226,-- DM im dritten). Zusätzlich zahlt der Ausbildungsbetrieb der Tochter ab 1.9.1998 freiwillig und widerruflich eine monatliche Prämie von 1.100,-- DM (vgl. die vorgelegte Ablichtung des Schreibens des Ausbildungsbetriebes vom 28.7.1998, Bl. 12 der Gerichtsakte). Zum Nachweis des Studienabbruchs hat die Klägerin eine Bescheinigung der Fachhochschule vom 10.9.1999 (Bl. 63 der Gerichtsakte) vorgelegt, aus der sich ergibt, dass die Tochter mit Ablauf des Sommersemesters 1998 zum 31.8.1998 exmatrikuliert wurde, jedoch keinerlei Leistungsnachweise oder Belegungen für das Sommersemester registriert sind und die Tochter das Studium in dieser Zeit nicht betrieben hatte.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

den Bescheid des Beklagten vom 23.6.1998 und die Einspruchsentscheidung vom 21.8.1998 aufzuheben, soweit darin das Kindergeld für die Tochter J für die Monate Januar bis April und September bis Dezember 1998 aufgehoben und für den Zeitraum von Januar bis Ap...

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