Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur Mitwirkungspflicht des Inhabers eines aktiven Veredelungsverfahren

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Zur Berechnung der Höhe der bei der Einfuhr von einem Dritten gem. Art. 185 Abs. 1 ZK beantragten Vergünstigung bei den Zollabgaben, ist ein Autohersteller zumindest dann verpflichtet Unterlagen und Angaben zur Ermittlung der bei der Herstellung verwendeten Teile zur Verfügung zu stellen, wenn ihm bei der Aus- und Wiedereinfuhr ein teilebezogenes Abrechnungsverfahren bewilligt worden war.
  2. Selbst wenn der Hersteller keinen Bezug zum konkreten Einfuhrvorgang hat, ist er eine Person, die mittelbar an Vorgängen im Rahmen des Warenverkehrs beteiligt ist.
  3. Den Nachweis, dass es sich bei der vom Hersteller ausgeführten Ware um ein Veredelungserzeugnis handelt, hat der Anmelder der Rückware zu führen.
 

Normenkette

ZK Art. 14, 185 Abs. 1, Art. 187

 

Streitjahr(e)

2007

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 11.11.2014; Aktenzeichen VII R 21/12)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin, die Automobile herstellt, verpflichtet ist, Unterlagen und Angaben zur Ermittlung etwaiger in die aktive Veredelung übergeführter, bei der Herstellung mehrerer Personenkraftwagen, die von einem Dritten unter Geltendmachung der Rückwareneigenschaft zum freien Verkehr angemeldet und die diesem nach Entrichtung der vollständig erhobenen Einfuhrabgaben überlassen wurden, verwendeter Einfuhrwaren zur Verfügung zu stellen.

In einem beim erkennenden Gericht anhängigen Rechtsstreit (7 K 337/08; nachfolgend: Ausgangsverfahren) geht es um sieben Pkw der Marke X, Typ , die die dortige Klägerin (nachfolgend: Anmelderin) im Juli 2007 einführen ließ und unter Beantragung der Begünstigung als Rückwaren bei dem zuständigen Zollamt (ZA) Stadt 1 zum zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr anmeldete. Die behauptete Rückwareneigenschaft begründete sie mit der Ausfuhr der Fahrzeuge durch den Hersteller, die X, im April 2007 nach Land A, wobei sie als Empfänger ihren Verkäufer, die Fa. Verkäufer I., angab. Nach Beschau der Fahrzeuge lehnte das ZA den Rückwarenantrag ab und erhob in vollem Umfang die Einfuhrabgaben, da die Anmelderin nicht die Ausführerin gewesen sei und nicht über die Ausfuhranmeldungen verfüge. Um jedoch zu klären, ob und ggf. in welchem Umfang die Fahrzeuge von der X unter Verwendung von Einfuhrwaren hergestellt worden waren, ließ es die Anmelderin den Vordruck des Informationsblatts INF 1 ausfüllen und sandte dieses an die für die X, Stadt 2, zuständige Überwachungszollstelle, das Hauptzollamt (HZA) Stadt 3. Dieses sah sich zur Ermittlung der ggf. bei der Herstellung der Fahrzeuge verwendeten Drittlandsteile indessen nicht in der Lage. Auch ein nochmaliger Versuch des Beklagten während des Einspruchsverfahrens, unter Angabe weiterer Daten bei dem HZA Stadt 3 etwaige Rückvergütungsbeträge oder ggf. seinerzeit auf etwa verwendeten Einfuhrwaren lastende Abgaben zu erfahren, schlug fehl. Es konnte schon nicht geklärt werden, ob bei der Herstellung der Fahrzeuge überhaupt in die aktive Veredelung in Gestalt entweder des Verfahrens der Zollrückvergütung oder des Nichterhebungsverfahrens – beide Verfahrensarten waren der X seinerzeit bewilligt – übergeführte Waren verwendet worden waren.

Den Einspruch der Anmelderin wies der Beklagte daraufhin mit der Begründung zurück, es sei weder ein Exemplar der Ausfuhranmeldung noch ein Auskunftsblatt INF 3 vorgelegt worden. Die beigebrachten Beweisunterlagen (Handelsrechungen, Bills of Lading, diverse Schreiben der Fa. Verkäufer I.), so heißt es in den Gründen der Entscheidung, belegten zwar, dass die Fahrzeuge in Deutschland hergestellt, von dort nach Land A ausgeführt und – ohne dort einer Behandlung unterzogen worden zu sein – wieder nach Deutschland eingeführt worden seien. Sie belegten indessen nicht, dass es sich bei der seinerzeitigen Ausfuhr aus Deutschland um Gemeinschaftswaren gehandelt hätte. Bekanntermaßen stelle die deutsche Automobilindustrie die für den Export bestimmten Fahrzeuge unter Verwendung von Drittlandsware her. Dieser Drittlandsanteil müsse im Falle des Reimports bei der Einfuhrabfertigung verzollt werden. Den Nachweis habe der Wiedereinführer zu führen. Zwar könne der Zollbehörde zugemutet werden, im Rahmen der Amtsermittlungspflicht ihren Beitrag zur Beweisführung zu leisten. Dabei müssten jedoch die Grundsätze des Datenschutzes gewahrt bleiben, was bei einer Personenverschiedenheit von Ausführer und Wiedereinführer eine besondere Rolle spiele. Ohne ausdrückliche Erlaubnis des Ausführers dürften die für die Rückwarenabfertigung erforderlichen Daten betriebsinterner Herstellungsvorgänge nicht zugunsten des Wiedereinführers verwendet werden. Da hier die zollseitigen Ermittlungen nicht zum Ziel geführt hätten, sei der Nachweis des Gemeinschaftscharakters der Pkw nicht erbracht worden.

Nachdem die Anmelderin unter Berufung auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 22.05.2003 Rs. C-56/02 (IHW Rebmann, Slg. 2003, I-5499, ZfZ 2003, 267) Klage erhoben ...

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