Entscheidungsstichwort (Thema)

Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten bei Wohnraumvermietung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Vermietung einer Wohnung im Zusammenhang mit dem Verzicht auf einen bestehenden Nießbrauch unter gleichzeitiger Einräumung einer dauernden Last stellt nicht zwangsläufig einen Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten dar.

2. Die Gestaltung wird auch nicht dadurch rechtsmissbräuchlich, dass die Kaltmiete zu nahezu 100% aus der dauernden Last bezahlt werden kann.

3. Die spätere Umwandlung eines dinglichen Nutzungsrechts in ein Mietverhältnis ist grundsätzlich zulässig, wenn eine klare Abkopplung des neuen Rechtsverhältnisses von dem alten Nutzungsrecht vorliegt.

4. Neben der unentgeltlichen Übertragung eines Grundstücks unter dem Vorbehalt eines lebenslänglichen (unentgeltlichen) Nutzungsrechts können Eltern ihren Kindern Vermögensgegenstände entgeltlich oder unentgeltlich zu übertragen und sich ferner die Nutznießung des übertragenen Gegenstandes entweder unentgeltlich oder entgeltlich sichern.

 

Normenkette

AO § 42; EStG § 10 Abs. 1 Nr. 1, § 21 Abs. 2

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 17.12.2003; Aktenzeichen IX R 60/01)

BFH (Urteil vom 17.12.2003; Aktenzeichen IX R 60/01)

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der von den Klägern erklärte Verlust aus Vermietung und Verpachtung steuerlich zu berücksichtigen ist.

Der mit seiner Ehefrau, der Klägerin, zusammen zur Einkommensteuer (ESt) veranlagte Kläger ist Alleineigentümer eines in 1953 errichteten Wohngebäudes, das ursprünglich als Mietwohngrundstück bzw. Zweifamilienhaus bewertet war, ab dem 01.01.1974 als Einfamilienhaus bewertet wurde und nach einem Umbau durch den Kläger in 1985 ab dem 01.01.1986 wieder als Zweifamilienhaus bewertet ist. Das Gebäude hatten die Eltern des Klägers 1959 zu je ½ erworben. Mit Schenkungsvertrag vom 27.03.1963 übertrug der Vater seine Grundstückshälfte auf den Kläger und seinen Bruder, so dass diese zu je ¼ beteiligt waren. Das zu Gunsten der Mutter bestehende Nießbrauchsrecht - das der Vater des Klägers seiner Ehefrau im Jahr zuvor anlässlich der Trennung der Eltern eingeräumt hatte - an dieser Grundstückshälfte wurde von den Söhnen übernommen.

Am 05.10.1985 wurden die folgenden vier Verträge abgeschlossen:

- Das der Mutter an den Grundstücksanteilen der Söhne zustehende Nießbrauchsrecht wurde aufgehoben. Gleichzeitig verpflichten sich die Söhne zur Zahlung eines monatlichen Betrages von 250,-- DM als dauernde Last.

- Der Kläger erwarb von seinem Bruder dessen Grundstücksanteil zum Kaufpreis von 60.000,-- DM und übernahm damit auch dessen Anteil an der im vorstehenden Vertrag vereinbarten dauernden Last.

- Die Mutter übergab ihre Grundstückshälfte schenkweise (im Wege der vorweggenommenen Erbfolge) an den Kläger. Dieser hatte jedoch an den Bruder eine Herauszahlung von 40.000,-- DM zu zahlen.

- Der Kläger vermietete seiner Mutter nach Umbau die Wohnung im Erdgeschoss, bestehend aus drei Zimmern Küche und Bad mit insgesamt 50 qm zu einem Mietzins von monatlich 250,-- DM zuzüglich einer Nebenkostenpauschale von 100,-- DM. Außerdem sollte der Strom lt. separatem Zähler direkt bezahlt werden.

Bei den Veranlagungen bis einschließlich 1993 wurden die von den Klägern geltend gemachten Überschüsse der Werbungskosten über die Mieteinnahmen berücksichtigt. Erstmals im Zuge eines Rechtsbehelfsverfahrens gegen den ESt-Bescheid 1993 machte das Finanzamt (FA) darauf aufmerksam, dass in der Übergabe des Grundstücks bei gleichzeitiger Umwandlung eines Nießbrauchsrechts in eine dauernde Last und Abschluss eines Mietvertrages ein Gestaltungsmissbrauch im Sinne des § 42 Abgabenordnung (AO) zu sehen sei und daher das Mietverhältnis mit der Mutter steuerlich nicht anerkannt werden könne. Es könne deshalb eine verbösernde Entscheidung getroffen werden, falls der Einspruch nicht zurückgenommen werde. Hierauf nahmen die Kläger den Einspruch zurück.

Bei Durchführung der ESt-Veranlagung für 1994 ließ das FA den geltend gemachten Werbungskostenüberschuss in Höhe von 13.173,-- DM unter Hinweis auf die im Einspruchsverfahren 1993 geäußerte Auffassung nicht zum Abzug zu. Mit dem hiergegen erhobenen Einspruch trugen die Kläger vor, es sei Ziel der Vertragsgestaltung gewesen, das bis dahin von der Mutter allein bewohnte Haus in Alleineigentum zu übernehmen, es umzubauen und teilweise zu vermieten. Dementsprechend seien sie in 1985 in die obere 80 qm große Wohnung, die Mutter zunächst in die untere nach dem Umbau neu entstandene 50 qm große Wohnung gezogen. Es sei ursprünglich aber nicht geplant gewesen, der Mutter die bisherige Wohnung zu erhalten. Vielmehr habe die Mutter bei der Hausübergabe auf die Bestellung eines dinglich gesicherten Wohnrechts verzichtet, da sie zu ihrem anderen Sohn nach E habe umziehen wollen, sobald dieser ein geeignetes Haus zum Kauf gefunden hätte. Ein Wohnrecht sei daher für die Mutter wirtschaftlich uninteressant gewesen. Da der Bruder aber im Zeitpunkt der Vertragsabschlüsse noch kein geeignetes Haus gehab...

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