Entscheidungsstichwort (Thema)
Wiederbeschaffung von Hausrat bei Aussiedlern aus den ehemaligen Ostgebieten
Leitsatz (redaktionell)
- Ein unabwendbares Ereignis aus Gründen politischer Verfolgung liegt vor, wenn ein Verbleiben im Heimatland mit Gefahren für Leib und Leben oder die persönliche Freiheit des Steuerpflichtigen verbunden wäre oder wenn durch die Intensität und Schwere der Behinderung die Menschenwürde verletzt wird und die Erschwernisse über das hinausgehen, was die Bewohner des Heimatstaates eines Steuerpflichtigen aufgrund des dort herrschenden Systems allgemein hinnehmen müssen.
- Bei Aussiedlern aus den ehemaligen Ostblockstaaten ist nach dem 31.12.1989 in jedem Einzelfall zu prüfen, ob ein Verbleiben im Heimatland mit Gefahren für Leib und Leben oder für die persönliche Freiheit des Steuerpflichtigen verbunden ist bzw. der Steuerpflichtige im Heimatland ständiger staatlicher Diskriminierung und politischem Druck zum Verlassendes Landes ausgesetzt war.
- Zum Nachweis staatlicher Diskriminierung bedarf es einer substantiierten Darlegung und Glaubhaftmachung der individuellen Lebensumstände, ein Verweis auf allgemeine Feststellungen die andere Jahre betreffen reicht nicht aus.
Normenkette
EStG § 33 Abs. 1-2
Streitjahr(e)
1996
Tatbestand
Der Kläger, der im Streitjahr 1996 von der beklagten Behörde (dem Finanzamt) zusammen mit seiner Ehefrau zur Einkommensteuer veranlagt wurde, lebte bis zum Jahr 1993 mit seiner Familie in Kasachstan. Dort war der Kläger als Fahrer und seine Ehefrau als Köchin beschäftigt (Registrierschein des Bundesverwaltungsamts vom , Seite 4). Mit Bescheid vom … sah das Bundesverwaltungsamt hinsichtlich der Ehefrau und der drei gemeinsamen Kinder die Voraussetzungen für eine Aufnahme als Aussiedler in der BRD (vorläufig) als erfüllt an. Gleichzeitig wurde dem Kläger als nichtdeutscher Ehegatte die Einreise in das Gebiet der BRD gestattet. Am 30.4.1993 erfolgte die Übersiedlung der Familie des Klägers in die BRD. Nach einem Zwischenaufenthalt im Übergangswohnheim des Landkreises D zog die Familie in 1996 nach D und richtete sich dort eine Wohnung ein.
In ihrer Einkommensteuererklärung 1996 machten der Kläger und seine Ehefrau (nachfolgend: Eheleute) u.a. Wiederbeschaffungskosten für Hausrat (Küche, Sofa, Tisch und Stühle, Schränke, Waschmaschine) in Höhe von insgesamt 19.704 DM (nach der Berechnung des Finanzamts 19.331 DM) als außergewöhnliche Belastung geltend. In dem gemäß § 164 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangenen Einkommensteuerbescheid vom 5.1.1998 wurde dieses Begehren vom Finanzamt zunächst mit der Begründung abgelehnt, dass eine abschließende Prüfung dieser Kosten nicht vor Februar 1998 erfolgen könne.
Nachdem die Eheleute die gleichzeitig vom Finanzamt angeforderte Aufstellung über die bei der Übersiedlung zurückgelassenen Haushaltsgegenstände vorgelegt hatten, regte das Finanzamt mit Schreiben vom 17.2.1998 an, die Entscheidung über die steuerliche Abzugsfähigkeit der Wiederbeschaffungskosten bis zum Abschluss des beim Hessischen Finanzgericht (FG) unter der Geschäftsnummer 12 K 4849/97 anhängigen Rechtsstreits zurückzustellen, dem ein gleichgelagerter Sachverhalt zugrunde liege. Mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 18.2.1998 lehnte der Kläger unter Hinweis auf das vom Bundesfinanzhof (BFH) durch Beschluss vom 25.11.1996 III R 238/94 bestätigte Urteil des FG Rheinland-Pfalz vom 13.7.1994 5 K 2881/93 (Entscheidungen der Finanzgerichte -EFG- 1994, 930) den Vorschlag des Finanzamts ab und bat, die Angelegenheit abzuschließen.
Nachdem der Prozessbevollmächtigte im Juni 1996 an die Bescheidung des Antrags erinnert hatte, lehnte das Finanzamt mit Verfügung vom 3.7.1998 unter Beifügung einer Rechtsbehelfsbelehrung eine Änderung der Einkommensteuerfestsetzung für das Jahr 1996 mit der Begründung ab, es sei nicht nachgewiesen worden, welche Einschränkungen der persönlichen Freiheit die Eheleute konkret hätten erdulden müssen. Mit Bescheid vom 15.7.1998 änderte das Finanzamt den Erstbescheid vom 5.1.1998 nach § 164 Abs. 2 AO in der Weise, dass es den Vorbehalt der Nachprüfung aufhob. Hiergegen legte der Kläger erfolglos Einspruch ein (Einspruchsentscheidung vom 18.12.1998).
Mit der vorliegenden Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Er macht geltend, dass im Wohnort seiner Familie die gleichen Diskriminierungen und Verfolgungen geherrscht hätten wie in dem der Entscheidung des FG Rheinland-Pfalz in EFG 1994, 930 zugrunde liegenden Sachverhalt.
Dem Kläger sind vom Gericht drei Schreiben des Auswärtigen Amtes zugeleitet worden, in denen zu den Lebensumständen deutschstämmiger Personen in Kasachstan in den Jahren 1990 (Schreiben vom 19.5.1994), 1992 (Schreiben vom 14.7.1997) und 1995 (Schreiben vom 30.3.2000) Stellung genommen wird. Wegen der Einzelheiten wird auf diese Schreiben, zu deren Feststellungen der Kläger sich nicht geäußert hat, Bezug genommen.
Der Kläger beantragt,
unter Abänderung des Einkommensteuerbescheides 1996 vom...