Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitszimmer einer Fachjournalistin als Mittelpunkt der Tätigkeit

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Der Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bestimmt sich nach dem inhaltlichen (qualitativen) Schwerpunkt der Betätigung des Steuerpflichtigen. Dem zeitlichen (quantitativen) Umfang der Nutzung kommt dabei lediglich eine indizielle Bedeutung zu.

2. Das häusliche Arbeitszimmer kann bei einer Fachjournalistin, die sowohl Einkünfte aus nichtselbständiger als auch aus selbständiger Arbeit erzielt, der Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und betrieblichen Tätigkeit sein, wenn nach den Gesamtumständen die Tätigkeit im Arbeitszimmer (z.B. die strukturierte Verarbeitung von Informationen und das Sammeln von Informationen per Telefon, Internet oder Zeitschriften) für die gesamte Betätigung prägend und wesentlich ist.

3. Werden zwei Zimmer als Arbeitszimmer genutzt, kommt der unbeschränkte Abzug der Aufwendungen gem. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 3 2. Halbsatz EStG nur für ein Zimmer in Betracht, wenn für die Ausübung der Aufgabenfelder der Tätigkeit ein Zimmer ausreichend ist.

 

Normenkette

EStG § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6b S. 3

 

Streitjahr(e)

1996

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die steuerliche Berücksichtigung von Aufwendungen für zur Einkünfteerzielung genutzter Zimmer.

Die Kläger sind Eheleute und wurden im Streitjahr 1996 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Im Jahre 1994 erwarben sie ein Wohnhaus mit einer Wohnfläche von 147,68 qm. Der Kläger erzielte im Streitjahr als xxx Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Die Klägerin, eine xxx, erzielte als Journalistin sowohl Einkünfte aus freiberuflicher als auch Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit.

Bei der Gewinnermittlung bezüglich der freiberuflichen Tätigkeit setzte die Klägerin für ein 19,18 qm großes, im Erdgeschoss belegenes Zimmer Betriebsausgaben i. H. v. xxx DM an, welche der Beklagte nicht anerkannte. Ferner machte sie bezüglich der nichtselbständigen Tätigkeit für ein weiteres, 9,28 qm großes, im 2. Obergeschoss (Dachgeschoss) belegenes Arbeitszimmer Werbungskosten i. H. v. xxx DM geltend; insoweit berücksichtigte der Beklagte einen Betrag i. H. v. 2.400,00 DM.

Die Klage richtet sich gegen die nur eingeschränkte steuerliche Berücksichtigung der geltend gemachten Aufwendungen für die Zimmer.

Die Kläger tragen vor, dass der Mittelpunkt der gesamten Tätigkeit der Klägerin als Fachjournalistin für…im häuslichen Arbeitszimmer gelegen habe, so dass die geltend gemachten Aufwendungen in voller Höhe abzugsfähig seien. Außerhalb des Arbeitszimmers habe die Klägerin lediglich in völlig untergeordnetem Umfang Dienstreisen zur Sammlung von Hintergrundinformationen durchgeführt, in deren Anschluss sie Artikel im Arbeitszimmer verfasst habe. So sei sie im Streitjahr nur an 28 Tagen außerhalb des Arbeitszimmers tätig geworden. Sie sei keine über aktuelle Ereignisse berichtende Sensationsjournalistin. Sie habe auch keine Möglichkeit gehabt, an einem anderen Ort, z. B. in Redaktionsräumen zu arbeiten. Ihr habe kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung gestanden. Hinsichtlich der freiberuflichen Tätigkeit handele es sich bei dem benutzten Büroraum zudem um eine Betriebsstätte i. S. d. § 12 Abs. 1 Abgabenordnung (AO), so dass insoweit bereits deshalb die geltend gemachten Aufwendungen vollumfänglich abziehbar seien. Prägend und wesentlich für die Tätigkeit der Klägerin sei die Erstellung der Artikel, etc., im Arbeitszimmer. Es handele sich eher um eine redaktionelle Tätigkeit. Ihre Tätigkeit unterscheide sich also maßgeblich von derjenigen einer Bildjournalistin. Angesichts der mittlerweile zur Verfügung stehenden elektronischen Hilfsmittel (z. B. Internet) sei es nunmehr möglich, auf die Dienstreisen zu verzichten und auch die erforderlichen Recherchen vom Arbeitszimmer aus einzuholen. Sie habe unterschiedliche Räume benutzt, weil die unterschiedlichen Tätigkeiten für verschiedene Auftraggeber der Abgrenzung bedürften, insbesondere um Interessenkollisionen zu vermeiden.

Die Kläger beantragen,

den angefochtenen Einkommensteuerbescheid für 1996 unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung dahingehend zu ändern, dass zusätzliche Werbungskosten für das zweite Arbeitszimmer in Höhe von xxx DM als Werbungskosten anerkannt werden.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er vertritt die Auffassung, dass nach den tatsächlichen Verhältnissen die Arbeitszimmer nicht den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit der Klägerin gebildet hätten. Das freiberuflich genutzte Zimmer sei auch keine Betriebsstätte. Die Tätigkeit als Fachjournalistin für…erfordere es typischerweise, außerhalb des Arbeitszimmers vor Ort zu recherchieren, da nur so Material und Erkenntnisse gesammelt werden könnten. So sei die Klägerin im Streitjahr nach…gereist und habe Aufwendungen für eine Kamera geltend gemacht. Es sei auch nicht glaubhaft, dass eine Journalistin im konkreten Bereich alle erforderlichen Informationen von zu Hause erm...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Finance Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge