Entscheidungsstichwort (Thema)

Entnahmegewinn aus der Überführung eines häuslichen Arbeitszimmers in das Privatvermögen bei Aufgabe der selbstständigen Tätigkeit

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Bei der Veräußerung oder Entnahme von Wirtschaftsgütern die nach § 4 Abs. 5 Nr. 2, 3 EStG Präsentationszwecken dienen und zum notwendigen oder gewillkürten Betriebsvermögen eines Steuerpflichtigen gehören, ist bei der Ermittlung des Gewinns der Buchwert um die AfA zu kürzen, selbst wenn diese wegen des Abzugsverbots des § 4 Abs. 5 EStG den Gewinn nicht gemindert hat.
  2. Dass lediglich ein Teil der vor der Veräußerung/Entnahme angefallenen Betriebsausgaben steuerlich berücksichtigt werden, führt nicht dazu, dass der Veräußerungspreis bzw. der Entnahmegewinn in diesem Umfang von der Besteuerung ausgenommen ist.
  3. Ein betrieblich genutztes häusliches Arbeitszimmer wird unabhängig vom Betriebsausgabenabzug notwendiges Betriebsvermögen mit der Folge, dass der Aufgabegewinn/Veräußerungsgewinn unter Kürzung des Buchwertes um die nicht absetzbare AfA vollversteuert wird.
 

Normenkette

EStG § 18 Abs. 3 S. 2, § 16 Abs. 2 S. 1, Abs. 3 S. 7, § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6b

 

Streitjahr(e)

2001

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 16.06.2020; Aktenzeichen VIII R 15/17)

 

Tatbestand

Streitig ist die Höhe des Entnahmegewinns aus der Überführung des häuslichen Arbeitszimmers in das Privatvermögen im Rahmen der Aufgabe der freiberuflichen Tätigkeit des Klägers im Jahr 2001.

Dem Rechtsstreit liegt folgender Sachverhalt zu Grunde: Der Kläger war im Streitjahr u.a. nebenberuflich selbständig als beratender A tätig. Für diese Tätigkeit nutzte er im eigenen Haus einen Raum als Arbeitszimmer. Zum Ende des Streitjahres gab der Kläger diese Tätigkeit auf. In seiner Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 Einkommensteuergesetz (EStG) erklärte er einen Aufgabeverlust von insgesamt 61.048 DM; darin enthalten war ein auf die Entnahme des Arbeitszimmers entfallender Verlust von 33.356 DM.

Der unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehende und von den Klägern angefochtene Einkommensteuerbescheid 2001 vom 24.01.2003 wurde letztmals am 02.03.2007 geändert. Das beklagte Finanzamt (Beklagter) legte hierin Einkünfte aus selbständiger Arbeit i.H.v./. 2.006 DM der Besteuerung zu Grunde. Der Veräußerungsgewinn i.H.v. 23.723 DM verblieb steuerfrei (Einkommensteuerbescheid Blatt 51 Klageakte I). Mit Einspruchsentscheidung vom 27.08.2007 wurde der Einspruch als unbegründet zurückgewiesen.

Mit der Klage wird vorgetragen, bei der Ermittlung des Entnahmegewinns sei die AfA nicht buchwertmindernd zu berücksichtigen. Der Gesetzgeber habe den vorliegenden Fall nicht gesetzlich geregelt. Würde die Klage abgewiesen, würde sich der Staat zu Unrecht um 4.700 DM bereichern. Der Beklagte widersetze sich mit der Nichtberücksichtigung der AfA der Verfügung des Bundesfinanzministeriums (BMF-Schreiben vom 05.10.2000 IV C 3 - S 2256 - 263/00, Bundessteuerblatt - BStBl - I 2000, 1383) zu ”Zweifelsfragen zur Neuregelung der Besteuerung privater Grundstücksveräußerungsgeschäfte nach § 23 EStG.“ Dort heiße es unter Rz. 39: ”Die anteiligen Anschaffungs- und Herstellungskosten sind nicht zu kürzen, wenn (…) der Abzug der Betriebsausgaben oder Werbungskosten auf 2.400 DM begrenzt ist.“

Der Beklagte verweise auf Privilegien von Selbständigen bei Aufgabe des Betriebes. Das tue aber nichts zur Sache, denn Privilegien hätten beide. Die Selbständigen, deren Arbeitszimmer der Mittelpunkt ihrer beruflichen Tätigkeit sei und die keine Begrenzung bei der Absetzung der Arbeitszimmerkosten einschließlich AfA hätten sowie die Selbständigen, bei denen das - wie im Fall des Klägers - nicht der Fall sei. Der Beklagte verschweige dabei, dass das Privileg eines Steuerfreibetrages bei Betriebsaufgabe im Alter von mindestens 55 Jahren im Leben nur einmal gewährt werde. Entscheide das Gericht zu Gunsten des Klägers, brauche er den Steuerfreibetrag nicht in Anspruch zu nehmen.

Sein Arbeitszimmer habe mit der allgemeinen Lebensführung nichts zu tun; er habe weder eine Sonder-AfA noch eine degressive AfA vorgenommen. Der Sachverhalt sei folglich mit dem vom Bundesfinanzhof (BFH) entschiedenen Sachverhalt ein Wohnmobil betreffend nicht vergleichbar. Die Größe seines Arbeitszimmers habe allein den Hintergrund, dass es das einzige Zimmer im Haus sei, das mit einer Tür abgeschlossen werden könne und über den Hausflur erreichbar sei, ohne den intimen Wohnbereich betreten zu müssen. Der der Einkünfteerzielung dienende Aufwand habe also nicht zugleich der allgemeinen Lebensführung gedient. Das aufgeführte Urteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) 2 BvR 301/98 (vom 07.12.1999, BStBl II 2000, 162ff.) habe nicht zum Gegenstand, ob bei Geschäftsaufgabe zur Ermittlung des Veräußerungsgewinns der Buchwert um die nicht absetzbare Absetzung zu erhöhen sei oder nicht. Unter Einschränkung des objektiven Nettoprinzips werde in diesem Zusammenhang - bei einem Lehrer in nichtselbständiger Arbeit - nur die Kappung der echten Werbungskosten bei 2.400 DM verstanden, also Werbu...

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