Entscheidungsstichwort (Thema)

Rechtliche Beurteilung ist keine neue Tatsache

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Die rechtliche Qualifizierung eines Umstandes durch das Finanzgericht ist nicht als Tatsache i.S.d. § 173 Abs. 1 AO an zu sehen.
  2. Ein bestandskräftiger Steuerbescheid kann nicht nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO hinsichtlich der Höhe der Versorgungsbezüge geändert werden, wenn das Finanzamt die Versorgungszusage im Rahmen der Besteuerung des versorgungsverpflichteten Unternehmens wegen fehlender Angemessenheit nur zum Teil zum Betriebsausgabenabzug zu lässt.
 

Normenkette

AO § 173 Abs. 1 Nr. 2, § 174 Abs. 1

 

Streitjahr(e)

1987, 1988, 1990, 1991, 1992

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 07.07.2004; Aktenzeichen VI R 93/01)

 

Tatbestand

Der Kläger ist Rechtsnachfolger seiner in 1996 verstorbenen Ehefrau…. Die Eheleute wurden für 1987-1992 zur Einkommensteuer zusammen veranlagt. Frau … hatte als ehemalige Angestellte der Firma F. und G. KG von dieser Versorgungsbezüge erhalten, die in den jeweiligen Einkommensteuererklärungen erklärt worden waren, und zwar in 1987 in Höhe von 39.000,-- DM, in 1988 in Höhe von 38.800,-- DM, in den Jahren 1989-1991 in Höhe von 39.000,-- DM und in 1992 in Höhe von 28.500,-- DM. Der Beklagte hat diese Bezüge in den jeweiligen Steuerbescheiden in Einklang mit den Steuererklärungen als Einkünfte im Sinn von § 19 des Einkommensteuergesetzes (EStG) angesetzt.

Der Kläger selbst war bis zum 01.01.1987 mehrheitlich an der Firma F. und G. KG beteiligt und hat seinen Anteil zu diesem Zeitpunkt auf seine drei Töchter übertragen.

Während einer Betriebsprüfung bei der F. und G. KG kam der Prüfer zu dem Ergebnis, dass die der Frau … gegebene Pensionszusage im Hinblick auf die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs zu Verträgen zwischen nahen Angehörigen überhöht sei. Teilweise wurde die Rückstellung aufgelöst und jährlich nur noch Versorgungsbezüge in Höhe von 4.800,-- DM zum Betriebsausgabenabzug zugelassen. Einspruch und Klage gegen die entsprechenden Gewinnfeststellungsbescheide blieben erfolglos (Urteil des Hessischen Finanzgericht vom 20. November 1996 - 3 K 3273/92, Entscheidungen der Finanzgerichte -EFG- 1997, 463).

Mit Schreiben vom 10. November 1994 hat die Klägerseite unter Hinweis auf das schwebende Klageverfahren vorsorglich Änderung der Einkommensteuerbescheide 1987-1992 für den Fall beantragt, dass mit rechtskräftigen Urteil des Hessischen Finanzgerichts die Klage abgewiesen würde. Nachdem der Beklagte mit Schreiben vom 12.12.1996 auf die Rechtskraft des Urteils des Hessischen Finanzgericht hingewiesen worden war, hat dieser die Änderungsanträge mit Bescheid vom 19.12.1996 abgelehnt; die Ablehnung für die Jahre 1987-1988 wurde mit eingetretener Festsetzungsverjährung begründet, die Ablehnung für die Jahre 1989-1992 erfolgte mit der Begründung, dass weder die Änderungsvorschrift des § 173 Abs. 1 Nr. 2 der Abgabenordnung (AO) noch § 174 AO im Streitfall eingreife.

Hiergegen hat die Klägerseite zunächst Einspruch eingelegt und nach erfolglosem Einspruchsverfahren Klage erhoben. Der Kläger ist der Ansicht, dass im Streitfall die Voraussetzungen des § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO vorlägen, so dass für die Jahre 1989-1992 eine Änderung der bestandskräftigen Steuerbescheide möglich sei. Der Kläger stützt sich dabei im wesentlichen auf das Urteil des Bundesfinanzhofs -BFH- vom 02.08.1994 - VIII R 65/93, Bundessteuerblatt -BStBl- II 1995, 264. Der dort entschiedene Fall sei mit dem vorliegenden Sachverhalt vergleichbar.

Eine Änderung nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO komme deshalb vorliegend wegen neuer Tatsachen in Betracht, weil dem Beklagten nicht bekannt gewesen sei, dass es sich hier um eine Pensionszusage unter nahen Angehörigen gehandelt habe. Es liege auch kein „grobes Verschulden” der Klägerseite im Sinn des § 173 AO vor. Auch den Hilfsantrag, anteilige Steuern gemäß § 227 AO insoweit zu erlassen, als Einkommensteuer auf Unterschiedsbeträge zwischen jährlich 4.800,-- DM und den angesetzten Bezügen entfallen, stützt der Kläger auf die Begründung des BFH-Urteils vom 02.08.1994 - VIII 65/93, a.a.O. Nach Auffassung des Klägers ist es aus sachlichen Begründungen unbillig, Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit der Besteuerung zu unterwerfen, die beim Zahlenden nicht als Betriebsausgabe abgesetzt worden seien. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Schriftsatz des Klägers vom 20.08.1999 Bezug genommen.

Der Kläger beantragt,

den Beklagten unter Aufhebung der ablehnenden Verfügung vom 19.12.1996 sowie der Einspruchsentscheidung vom 29.07.1999 zu verpflichten, die Einkommensteuerbescheide für 1989-1992 gemäß § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO mit der Maßgabe zu ändern, dass die steuerpflichtigen Bezüge im Sinn von § 19 EStG lediglich in Höhe von jährlich 4.800,-- DM angesetzt werden;

hilfsweise den Beklagten zu bescheiden, Einkommensteuer für 1987-1992 gemäß § 227 AOin entsprechender Höhe zu erlassen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte ist der Ansicht, dass im Streitfall eine Änderung der bestandskräftigen Steuerbescheide ...

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