vorläufig nicht rechtskräftig

Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Umsatzsteuerliche Organschaft im Falle der Eigenverwaltung nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens

 

Leitsatz (redaktionell)

  1. Eine organisatorische Eingliederung wird nach summarischer Prüfung bei Anordnung des Eigenverwaltungsverfahrens im Rahmen der Insolvenz grundsätzlich weder durch die Bestellung eines Sachwalters noch durch die Bestellung von Gläubigerausschüssen nicht ausgeschlossen.
  2. Zumindest dann, wenn der Sachwalter den Zahlungsverkehr nicht an sich gezogen und das Insolvenzgericht keinen Zustimmungsvorbehalt angeordnet hat, ist vom Fortbestehen einer organisatorischen Eingliederung trotz angeordneter Eigenverwaltung auszugehen.
  3. Der Umstand, dass der Schuldner nach § 275 Abs. 1 InsO angehalten ist, Verbindlichkeiten, die nicht zum gewöhnlichen Geschäftsbetrieb gehören, nur mit Zustimmung des Sachwalters einzugehen, und auch von der Eingehung von Verbindlichkeiten, die zum gewöhnlichen Geschäftsbetrieb gehören, bei einem Widerspruch des Sachwalters abzusehen ist, schränkt seine Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis nicht derart ein, dass er seinen Willen in der laufenden Geschäftsführung nicht mehr durchsetzen kann.
 

Normenkette

UStG § 2 Abs. 2 Nr. 2; Insolvenzordnung § 160; InsO §§ 270, 272, 275, 277

 

Streitjahr(e)

2012

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 19.03.2014; Aktenzeichen V B 14/14)

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um das Bestehen einer umsatzsteuerlichen Organschaft im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes. Das Hauptsacheverfahren ist beim Hessischen Finanzgericht unter dem Aktenzeichen 6 K 2013/12 anhängig.

Die Antragstellerin betreibt ein Unternehmen, dessen ins Handelsregister eingetragener Gegenstand die Herstellung und der Vertrieb von Bodenbelägen, Heim- und Industrietextilien und sonstigen Erzeugnissen sowie der Handel mit Textilerzeugnissen ist. Ihre Geschäftsführer im Streitzeitraum waren die Herren A, B und C. Herr A war als einziger alleinvertretungsberechtigt.

An folgenden sechs Gesellschaften war die Antragstellerin unmittelbar oder – über ihre Tochtergesellschaft D GmbH – mittelbar alleinige Anteilseignerin: E GmbH, F GmbH, G GmbH, H GmbH, I GmbH sowie J GmbH. Wegen Einzelheiten zur Konzernstruktur wird auf Bl. 51 Rückseite der InsO-Akte Bezug genommen. Unternehmensgegenstand der genannten Gesellschaften war insbesondere die Herstellung und der Vertrieb von Bodenbelägen.

Zugleich war bei den ersten fünf Gesellschaften Herr A alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer. Neben ihm waren jeweils Herr C sowie bei der E GmbH Herr K, bei der F GmbH Herr B und Herr L, bei der G GmbH Herr M und Herr B, bei der H GmbH Herr L sowie bei der I GmbH Herr M als Geschäftsführer bestellt, welche die Gesellschaften jeweils nur zusammen mit einem anderen Geschäftsführer oder einem Prokuristen vertreten durften.

Geschäftsführer der J GmbH schließlich waren Herr N, der bei der Antragstellerin zugleich eine leitende Funktion im Objektbereich begleitete, und Herr C.

Für die Zeit bis zum 01.05.2012 bestand zwischen den Beteiligten Einvernehmen darüber, dass die sechs Tochtergesellschaften in die Antragstellerin finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch eingegliedert waren und somit die Voraussetzungen einer umsatzsteuerlichen Organschaft vorlagen.

Am 05.03.2012 stellte die Antragstellerin beim Amtsgericht O einen Insolvenzantrag und beantragte die Eigenverwaltung. Mit Beschluss vom selben Tag (Az. XXX/12) bestellte das Amtsgericht Herrn RA P zum vorläufigen Sachwalter und ordnete an, dass die Antragstellerin berechtigt ist, unter Aufsicht des vorläufigen Sachwalters die Insolvenzmasse weiter zu verwalten und über sie zu verfügen.

Mit Beschluss vom 01.05.2012 eröffnete das Amtsgericht dann das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Antragstellerin und zeitgleich auch über das Vermögen aller sechs genannten Tochtergesellschaften. Für alle Verfahren wurde Eigenverwaltung im Sinne von § 270 Abs. 1 der Insolvenzordnung (InsO) angeordnet, Herr RA P jeweils zum Sachwalter bestellt und Gläubigerausschüsse eingesetzt. In allen Eröffnungsbeschlüssen ist angeordnet, dass die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis gem. § 270 Abs. 1 Satz 1 InsO bei der jeweiligen Schuldnerin verbleibt und schuldbefreiende Leistungen nur an diese zu erfolgen haben. Insoweit wird auf Bl. 40 bis 59 der Verfahrensakten bzw. Bl. 187 bis 190 der Inso-Akte verwiesen.

Die für die Antragstellerin sowie deren Tochtergesellschaften gesondert abgegebenen Umsatzsteuer-Voranmeldungen für Mai 2012 fasste der Antragsgegner (das Finanzamt, FA) unter der Annahme, das Organschaftsverhältnis bestehe fort, zusammen und setzte mit Datum vom 05.07.2012 die Umsatzsteuer-Vorauszahlung der Antragstellerin auf 590.413,36 € fest. Die Vorauszahlungen der Tochtergesellschaften wurden dem entsprechend mit Bescheiden vom 24.07.2012 auf 0 € festgesetzt. Bezüglich der für die einzelnen Gesellschaften vorangemeldeten Beträge wird auf Bl. 25 der Verfahrensakte verwiesen. Die I Gmb...

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