Leitsatz

Überträgt der Eigentümer bei der Veräußerung eines nicht parzellierten Grundstücks eine Teilfläche ohne Ansatz eines Kaufpreises und erhält er dafür gegenüber der erwerbenden Gemeinde einen Rückübertragungsanspruch auf ein entsprechendes, parzelliertes und beplantes Grundstück, so schafft er dieses im Weg des Tauschs i.S.v. § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG an.

 

Normenkette

§ 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1. EStG

 

Sachverhalt

Im vorliegenden Fall veräußerten zwei Brüder ihr 16 000 qm großes unbebautes Grundstück (Acker- und Grünland) an die Stadt, um es ihr zu ermöglichen, die Beplanung samt Veräußerung des entstandenen Baulands vorzunehmen. Im Gegenzug verpflichtete sich die Stadt, jedem der Brüder ein 700 qm großes Baugrundstück (als Teil des hingegebenen Grundstücks) zurückzuübertragen.

Einer der Brüder verkaufte sodann sein Grundstück an eine GmbH. Das FA unterwarf einen Veräußerungsgewinn der Besteuerung. Das FG folgte dem (FG Münster, Urteil vom 23.06.2009, 13 K 2760/05 E, Haufe-Index 2220479, EFG 2009, 1941).

 

Entscheidung

Der BFH bestätigte die Vertragsauslegung durch das FG, das es als gemischten Vertrag angesehen hat, wenn ein unparzelliertes Grundstück gegen ein be­plantes eingetauscht wird. Es liegt hierin ein entgeltliches Geschäft durch Tausch, mithin eine Anschaffung. Deshalb sei die Veräußerung innerhalb der maßgeblichen Frist steuerbar.

 

Hinweis

1. Private Veräußerungsgeschäfte (§ 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 7, § 22 Nr. 2 EStG) i.S.v. § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG (in der für das Streitjahr – 2003 – geltenden Fassung) sind Veräußerungsgeschäfte, bei denen der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung bei Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten nicht mehr als zehn Jahre beträgt. Unter Anschaffung oder Veräußerung i.S.d. § 23 EStG ist die entgeltliche Übertragung eines Wirtschaftsguts zu verstehen. Zweck des Steuertatbestands ist es, innerhalb der Spekulationsfrist realisierte Werterhöhungen eines bestimmten Wirtschaftsguts im Privatvermögen des Steuerpflichtigen der ESt zu unterwerfen.

2. Daraus ergibt sich u.a. das Erfordernis der Nämlichkeit von angeschafftem und veräußertem Wirtschaftsgut; da § 23 Abs. 3 EStG ausdrücklich auch Herstellungskosten erwähnt, bedeutet Nämlichkeit lediglich Identität im wirtschaftlichen Sinn. Ob Nämlichkeit gegeben ist oder ein anderes Wirtschaftsgut ("aliud") vorliegt, richtet sich nach einem wertenden Vergleich von angeschafftem und veräußertem Wirtschaftsgut unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls, sodass eine derartige Wertung dem FG als Tatsacheninstanz obliegt.

3. Ein entgeltlicher Erwerb ist auch im Weg des Tauschs möglich. Die Anschaffungskosten eines Wirtschaftsguts entsprechen dabei dem gemeinen Wert des weggegebenen Wirtschaftsguts. Demgegenüber handelt es sich nicht um einen Anschaffungsvorgang, wenn kraft Hoheitsakts Grundbesitz entzogen und Ersatzland zugewiesen wird. Denn ein Anschaffungsgeschäft verlangt, dass die Erwerbshandlung des Steuerpflichtigen wesentlich von seinem Willen abhängt. So ist der Erwerb von Ersatzland im Zusammenhang mit einer Enteignung keine Anschaffung i.S.v. § 23 EStG. Am willentlichen Erwerb fehlt es auch bei Rechtsgeschäften zur Vermeidung einer Enteignung bzw. Umlegung.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 13.04.2010 – IX R 36/09

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