2.1.1 Bisherige Regelungen

Die Bemessungsgrundlage der Grundsteuer knüpft(e) bislang an die Einheitswerte des Ersten Abschnitts des Zweiten Teils des Bewertungsgesetzes an. Der Gesetzgeber verfolgte seinerzeit ein Konzept einer mehrfachen Verwendung der Bewertungsgrundlagen für verschiedene Steuern durch turnusmäßige Neubewertungen des Grundbesitzes (Hauptfeststellungen). Die Bewertung des Grundbesitzes gewährleistete das allgemeine Bewertungsziel des § 9 Abs. 1 BewG, nämlich die Zugrundelegung des gemeinen Werts.

Der nach § 21 Abs. 1 BewG normierte Turnus von 6 Jahren für eine neue Hauptfeststellung wurde jedoch ausgesetzt. Infolgedessen liegen den Einheitswerten in den alten Ländern weiterhin die Wertverhältnisse der letzten Hauptfeststellung auf den 1.1.1964 zugrunde. Für die Grundstücke in den neuen Ländern gelten nach § 129 Abs. 1 BewG weiterhin die Einheitswerte, die nach den Wertverhältnissen zum 1.1.1935 festgestellt sind. Daneben kommt für Mietwohngrundstücke und Einfamilienhäuser, für die ein im Veranlagungszeitpunkt für die Grundsteuer maßgebender Einheitswert 1935 nicht festgestellt wurde, eine Ersatzbemessungsgrundlage nach § 42 GrStG zur Anwendung.

Für Fortschreibungen und Nachfeststellungen im laufenden Hauptfeststellungszeitraum sind nach § 27 BewG weiterhin die Wertverhältnisse der v. g. Hauptfeststellungszeitpunkte zugrunde zu legen.

 
Wichtig

Notwendigkeit einer Reform unbestritten

Das Abstellen auf die unterschiedlichen Hauptfeststellungszeitpunkte und Bemessungsgrundlagen bei der Grundsteuer schließt eine Nutzung der elektronisch vorhandenen Daten des Immobilienmarkts und der Geodateninfrastruktur bisher weitgehend aus. Die Notwendigkeit einer Reform des Bewertungsrechts ist – nicht zuletzt aus diesen Gründen – seit Jahren unbestritten.

[1] Vgl. BT-Drs. 19/11085 S. 81

2.1.2 Verfassungsrechtliche Vorgaben

Das BVerfG hat in seiner für die Reform des Bewertungsrechts maßgebenden Entscheidung vom 10.4.2018[2] ausgeführt, dass eine ausreichende Rechtfertigung für die bisherigen Ungleichbehandlungen sich für das derzeitige Recht

  • weder allgemein aus dem Ziel der Vermeidung eines allzu großen Verwaltungsaufwands
  • noch aus Gründen der Typisierung und Pauschalierung
  • noch wegen Geringfügigkeit der Grundsteuerlast
  • noch aus einer etwaigen Kompensation durch Nachfeststellungen und Wertfortschreibungen

ergibt. Zu den verfassungsrechtlichen Anforderungen einer gleichheitsgerechten Bewertung führte das BVerfG grundlegend aus:

  • Der Gesetzgeber hat bei der Wahl der Bemessungsgrundlage und bei der Ausgestaltung der Bewertungsregeln einer Steuer einen großen Spielraum, solange sie geeignet sind, den Belastungsgrund der Steuer zu erfassen und dabei die Relation der Wirtschaftsgüter zueinander realitätsgerecht abzubilden.
  • Um beurteilen zu können, ob die gesetzlichen Bemessungsregeln eine in der Relation realitätsgerechte Bewertung der erfassten Güter und damit die Vergleichbarkeit der Bewertungsergebnisse im Einzelfall sicherstellen, muss das Gesetz das für den steuerlichen Belastungsgrund als maßgeblich erachtete Bemessungsziel erkennen lassen.
  • Dabei ist der Gesetzgeber von Verfassungs wegen auch nicht verpflichtet, sich auf die Wahl nur eines Maßstabs zur Bemessung der Besteuerungsgrundlage festzulegen. Je nach Art und Vielfalt der von der Steuer erfassten Wirtschaftsgüter wird eine Bemessung der Erhebungsgrundlagen ohnehin oft nur durch die Verwendung mehrerer Maßstäbe möglich sein. Bei der Wahl des geeigneten Maßstabs darf sich der Gesetzgeber auch von Praktikabilitätserwägungen leiten lassen, die je nach Zahl der zu erfassenden Bewertungsvorgänge an Bedeutung gewinnen und so auch in größerem Umfang Typisierungen und Pauschalierungen rechtfertigen können, dabei aber deren verfassungsrechtliche Grenzen wahren müssen.
  • Das gilt in besonderem Maße bei steuerlichen Massenverfahren. Bei der Ausgestaltung eines solchen Systems zur Erfassung der Bemessungsgrundlage kann der Gesetzgeber Praktikabilitätserwägungen Vorrang vor Gesichtspunkten der Ermittlungsgenauigkeit einräumen und dabei auch beträchtliche Bewertungs- und Ermittlungsunschärfen in Kauf nehmen, um die darauf beruhende Festsetzung und Erhebung der Steuer handhabbar zu halten. Begrenzt wird sein Spielraum dadurch, dass die von ihm geschaffenen Bewertungsregelungen grundsätzlich in der Lage sein müssen, den mit der Steuer verfolgten Belastungsgrund in der Relation realitätsgerecht abzubilden.
  • Da die Wertverhältnisse während der folgenden Jahre eines Hauptfeststellungszeitraums typischerweise verkehrswertrelevanten Veränderungen unterliegen, bedarf es in regelmäßigen und nicht zu weit auseinander liegenden Abständen einer neuen Hauptfeststellung.

     
    Wichtig

    Von Entscheidung des BVerfG betroffenes Vermögen

    Die Entscheidung des BVerfG betrifft zwar nicht ausdrücklich die Bewertung des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens und die Bewertung des Grundvermögens der in Art. 3 des Einigungsvertrags genannten Gebiete. Gleichwohl schließt das BVerfG nicht aus, dass die für die getroffene Entscheidung maßgeblichen Gesichtspunkte auch auf die ...

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