Leitsatz

Die Einräumung eines Grundpfandrechts führt nicht zu einer Begrenzung der Geschäftsführerhaftung nach § 69 AO.

 

Sachverhalt

Der Kläger war Gesellschafter und Geschäftsführer einer GmbH. Im April 2009 stellte sie den Antrag auf Einleitung eines Insolvenzverfahrens, der mangels Masse abgelehnt wurde. Bereits 2008 war bei der GmbH eine Betriebsprüfung durchgeführt worden, die zu erheblichen Steuernachforderungen führte. Zudem ergingen ab November 2008 keine Lohnsteuer-Anmeldungen, so dass Lohnsteuer-Festsetzungen aufgrund von Schätzungen erfolgten. In 2010 erließ das Finanzamt gegen den Kläger einen Haftungsbescheid, da bekannt geworden war, dass die GmbH in 2010 noch Einnahmen aus der Veräußerung von Wohnungen hatte. Hierbei legte das Finanzamt eine Haftungsquote von 75 % zugrunde. Der Kläger setzte sich gegen die Haftungsinanspruchnahme im Einspruchs- und Klagewege zur Wehr. Zur Begründung führte er im Wesentlichen an, dass die Höhe der Inanspruchnahme zweifelhaft sei. So sei zu berücksichtigen, dass die aus der Veräußerung der Wohnungen erzielten Einnahmen nicht zu berücksichtigen seien, da das Grundvermögen mit Grundpfandrechten belastet gewesen sei. Auch liege kein Verschulden des Klägers vor, da dieser in die kaufmännische Geschäftsführung nicht eingebunden gewesen sei.

 

Entscheidung

Die Klage hatte nur in einem geringen Umfang Erfolg. Grundsätzlich hafte der Geschäftsführer einer GmbH als gesetzlicher Vertreter für die Erfüllung der steuerlichen Verpflichtungen der Gesellschaft nach § 69 AO. Dies gelte in einem besonderen Umfang für die Einbehaltung und Abführung der Lohnsteuer. Hinsichtlich der Umsatzsteuer und der Körperschaftsteuer gelte hingegen der Grundsatz der anteiligen Tilgung, der zum Inhalt habe, dass Steuerschulden in dem gleichen Umfang wie andere Gläubiger zu befriedigen seien. Auf die Tatsache, dass er in die kaufmännische Geschäftsführung nicht eingebunden gewesen sei, könne sich der Kläger nicht berufen. Auch könne er der Haftung nicht dadurch entgehen, dass er darauf verweise, dass das veräußerte Grundvermögen bereits durch grundpfandrechtliche Sicherheiten quasi nicht mehr zum Zufluss von liquiden Mitteln zur Schuldentilgung zur Verfügung gestanden habe.

 

Hinweis

Das Urteil fasst einige der Klassiker aus dem Bereich der Haftung des gesetzlichen Vertreters nach § 69 AO i. V. m. § 34 AO zusammen. Es stellt den Grundsatz der anteiligen Tilgung dar, der indes für die Lohnsteuer keine Anwendung findet (Schwarz, AO, § 69 AO Rz. 16). Zudem wird dargelegt, warum der oftmals erhobene Einwand, man habe doch auf die kaufmännische Geschäftsführung keinen Einfluss gehabt, regelmäßig nicht durchgreift. Zwar ist es möglich, eine solche Abgrenzung der Tätigkeitsbereiche im Vorwege schriftlich zu treffen, doch entfällt die Exculationswirkung spätestens im Zeitpunkt der wirtschaftlichen Krise (Schwarz, AO, § 69 AO Rz. 15). Besonders bitter für den Kläger war indes, dass er durch die Veräußerung des Grundstücks, die ihm letztlich vorgeworfen wurde, kaum einen Vorteil hatte, da das Grundvermögen durch Grundpfandrechte belastet war. Doch auch dies hat der BFH bereits verschiedentlich so ausgeurteilt (BFH, Urteil v. 26.4.1984, V R 128/79, BStBl 1984 II S. 776). Ob dies allerdings zwingend ist, erscheint fraglich, zumal sich die Einflussmöglichkeit des Geschäftsführers hinsichtlich der Verwertung regelmäßig in Grenzen halten dürfte.

 

Link zur Entscheidung

FG Münster, Urteil vom 16.01.2014, 9 K 2879/10 L

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