Leitsatz

1. Ob der anlässlich des Übergangs zu einer neuen Tätigkeit erzielte Veräußerungsgewinn einer GmbH & Co. KG nach § 7 Satz 1 GewStG der Gewerbesteuer unterliegt, beurteilt sich danach, ob der "bisherige" und der "neue" Betrieb bei wirtschaftlicher Betrachtung und nach der Verkehrsauffassung wirtschaftlich identisch sind. Dies richtet sich nach den gleichen Kriterien, die für die Bestimmung der Unternehmensidentität im Rahmen des § 10a GewStG maßgeblich sind.

2. Die Überführung einer wesentlichen Betriebsgrundlage in den "neuen" Betrieb steht der Einstellung des "bisherigen" Betriebs nicht entgegen. Der Gewinn aus der Veräußerung des bisher originär gewerblichen Geschäftsbereichs einer GmbH & Co. KG ist daher nicht bereits dann dem Gewerbeertrag zuzuordnen, wenn eine wesentliche Betriebsgrundlage in dem neuen vermögensverwaltenden Geschäftsbereich der nunmehr gewerblich geprägten Personengesellschaft fortgeführt wird (Änderung der Rechtsprechung).

 

Normenkette

§ 2 Abs. 1 Satz 2, § 7 Satz 1, § 10a, § 14 Satz 3 GewStG, § 15 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1, § 16 Abs. 1, Abs. 3 EStG

 

Sachverhalt

An der Klägerin, einer GmbH & Co. KG, waren im Streitjahr 2000 C als Kommanditist vermögensmäßig zu 100 % und (seit Gründung) die K-GmbH vermögensmäßig ohne Beteiligung als Komplementärin beteiligt. Alleingeschäftsführerin der Klägerin war die K-GmbH. Gesellschafter-Geschäftsführer der K-GmbH war C. Nachdem die K-GmbH sich zunächst auf die Komplementärstellung bei der Klägerin beschränkt hatte, erwarb sie in den 1990er-Jahren diverse (weitere) Beteiligungen. Die Beteiligung an der K-GmbH wurde bei der Klägerin zu keinem Zeitpunkt als Sonderbetriebsvermögen (SBV) des C bilanziert.

Im Streitjahr veräußerte die Klägerin ihren Betrieb und beschränkte sich fortan auf das Halten von zwei Beteiligungen. Das FA unterwarf den Veräußerungsgewinn der GewSt. Es sei eine wesentliche Betriebsgrundlage – die Beteiligung des C an der K-GmbH – in dem neuen fiktiven Gewerbebetrieb ohne Aufdeckung der stillen Reserven fortgeführt worden. Das FG (FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 8.1.2019, 6 K 6313/17, Haufe-Index 12986356, EFG 2019, 636) gab der Klage statt. Der bisherige Gewerbebetrieb "…Herstellung" und die nach dessen Veräußerung ausgeübte vermögensverwaltende Tätigkeit seien bei wirtschaftlicher Betrachtung nicht identisch. Insbesondere seien weder im Gesamthandsvermögen der Klägerin noch im Sonderbetriebsvermögen ihrer Mitunternehmer wesentliche Betriebsgrundlagen vom bisherigen in den neuen Betrieb überführt worden.

 

Entscheidung

Die Revision des FA war erfolgreich. Der BFH hob das FG-Urteil auf und verwies die Sache an das FG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurück. Das FG habe seine Entscheidung, der zufolge der "bisherige" und der "neue" Betrieb der Klägerin wirtschaftlich nicht identisch seien, noch auf Grundlage der überholten Rechtsauffassung getroffen und es unterlassen, diese Frage aufgrund einer Würdigung des Gesamtbilds der Tätigkeit der Klägerin zu beantworten. Dies müsse das FG im zweiten Rechtsgang nachholen.

 

Hinweis

1. Bei Personengesellschaften ist der Gewerbeertrag um solche Bestandteile zu bereinigen, die – wie der Gewinn aus der Veräußerung oder Aufgabe eines Gewerbebetriebs i.S.d. § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1, Abs. 3 EStG – nicht mit dem Wesen der GewSt als einer auf den tätigen Gewerbebetrieb bezogenen Sachsteuer übereinstimmen. Die Nichtberücksichtigung dieser Gewinne hat ihren Grund darin, dass die GewSt nur den durch den laufenden Betrieb anfallenden Gewinn erfasst. Für die gewerbesteuerrechtliche Nichterfassung von Veräußerungsgewinnen ist es – anders als im Bereich der ESt – nicht entscheidend, ob alle stillen Reserven aufgedeckt werden. Veräußerungsgewinne sind daher bei der Ermittlung des Gewerbeertrags auszuscheiden, wenn die Veräußerung zu einer endgültigen Einstellung der gewerblichen Betätigung des Veräußerers führt.

Unter Gewerbebetrieb ist in diesem Zusammenhang die tatsächlich ausgeübte gewerbliche Betätigung der Personengesellschaft zu verstehen. Ob diese gleich geblieben ist, muss nach dem Gesamtbild der Tätigkeit unter Berücksichtigung ihrer wesentlichen Merkmale beurteilt werden.

2. Aus diesem tätigkeitsbezogenen Verständnis des Steuergegenstands folgt, dass die Weiternutzung einer wesentlichen Betriebsgrundlage in dem "neuen" Betrieb, insbesondere eine solche mit erheblichen stillen Reserven, der Einstellung des "bisherigen" Betriebs nicht entgegensteht, sondern lediglich einer jener Umstände ist, die bei der erforderlichen Würdigung der Gesamtumstände zu berücksichtigen ist.

Diese (geänderte) Auffassung, die der BFH zunächst zur Bestimmung der Unternehmensidentität i.S.d. § 10a GewStG und der sachlichen Steuerpflicht vertreten hat (BFH, Urteil vom 19.12.2019, IV R 8/17, BFH/NV 2020, 650, BStBl II 2020, 401), hat er in dem Besprechungsurteil nun auch auf die Frage übertragen, ob ein Veräußerungsgewinn der GewSt unterliegt. Denn auch insoweit kommt es – ausgehend von einem tätigkeitsbezogenen Ansatz –...

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