Leitsatz

1. Zu den Kürzungsbeträgen i.S.d. § 9 Nr. 2a GewStG gehört auch die Liquidationsrate, mit der das nach Abschluss der Liquidation verbliebene Reinvermögen an die Anteilseigner ausgekehrt wird, soweit nicht Eigenkapital i.S.d. § 30 Abs. 2 Nr. 4 KStG 1977 (EK 04) als verwendet gilt (Anschluss an BFH, Urteil vom 2.4.1997, X R 6/95, BStBl II 1998, 25). Soweit im Rahmen der Gewinnermittlung die Anteile an der Untergesellschaft infolge des Untergangs des Wirtschaftsguts "Beteiligung" aus der Bilanz eines Anteilseigners auszubuchen sind, mindert dies nicht den Kürzungsbetrag i.S.d. § 9 Nr. 2a GewStG.

2. Der Gewinn aus Gewerbebetrieb ist nach § 8 Nr. 10 Buchst. b GewStG zu erhöhen, soweit aufgrund der ausgekehrten Liquidationsrate, die zu einer Kürzung nach § 9 Nr. 2a GewStG geführt hat, der Buchwert der Anteile an der Untergesellschaft beim Anteilseigner auszubuchen ist. Die Hinzurechnung ist nicht auf die Fälle beschränkt, in denen der auf den Anteil entfallende Liquidationserlös geringer ist als der auszubuchende Buchwert des Anteils.

 

Normenkette

§ 8 Nr. 10 Buchst. b GewStG , § 9 Nr. 2a GewStG

 

Sachverhalt

Eine Muttergesellschaft (KG) liquidierte ihre 100-prozentige Tochter-GmbH. Die Beteiligung stand mit dem Nennwert von 1 Mio. DM zuzüglich nachträglicher Anschaffungskosten sowie in Ergänzungsbilanzen ausgewiesener Anschaffungskosten einzelner Gesellschafter zu Buch. Aufgrund der Liquidation wurden an die KG ca. 14,3 Mio. DM ausgekehrt. Diese erfasste in ihrer Gewinnermittlung nach Abzug der bisher aktivierten Anschaffungskosten einen Gewinn von ca. 10,6 Mio. DM aus der Liquidation. In ihrer GewSt-Erklärung nahm die KG eine Kürzung nach § 9 Nr. 2a GewStG von ca. 13,3 Mio. DM (Auskehrung abzüglich Stammkapital) vor.

Das FA erkannte nach einer Außenprüfung nur noch eine Kürzung in Höhe von 10,6 Mio. DM an und wurde darin vom FG bestätigt.

 

Entscheidung

Der BFH wies die Revision zurück, weil der Gewerbeertrag im Ergebnis richtig ermittelt worden sei. Allerdings sei eine Kürzung in Höhe der Liquidationsrate abzüglich des Stammkapitals in Höhe von 13,3 Mio. DM vorzunehmen, wenn nicht in Höhe der aktivierten sog. nachträglichen Anschaffungskosten EK 04 an die KG zurückgezahlt worden sei. Dieser Kürzung stehe aber eine Hinzurechnung in Höhe des Buchwerts der Beteiligung nach § 8 Nr. 10 Buchst. b GewStG gegenüber. Soweit EK 04 zurückgezahlt worden sei, fielen sowohl Kürzung als auch Hinzurechnung um den betreffenden Betrag geringer aus. Per Saldo sei deshalb der vom FA angesetzte Gewerbeertrag in jedem Fall richtig.

 

Hinweis

1. Durch das gewerbesteuerliche Schachtelprivileg soll eine Doppelbesteuerung des Gewerbeertrags bei Tochter- und Muttergesellschaft vermieden werden. Dies geschieht, indem der Gewerbeertrag der Muttergesellschaft um die ausgeschütteten Gewinnanteile der Tochtergesellschaft nach § 9 Nr. 2a GewStG gekürzt wird. Zu einer Doppelbelastung mit GewSt könnte es ohne die Privilegierung auch im Fall der Liquidation der Tochtergesellschaft kommen. Denn die Liquidation erfolgt im Weg der Verwertung des Gesellschaftsvermögens, die bei Überschreitung des zugeführten Kapitals einen Gewerbeertrag der Tochtergesellschaft auslöst. Deshalb muss auch die Liquidationsrate zu einer Kürzung bei der Muttergesellschaft führen. Dies stellt der BFH im Besprechungsurteil klar und bestätigt ausdrücklich eine gleich lautende Entscheidung vom 2.4.1997 (X R 6/95, BStBl II 1998, 25).

2. Die Kürzung um die nach Abzug des Stammkapitals erhaltene Liquidationsrate hat allerdings zur Folge, dass der Gewerbeertrag um einen höheren Betrag gemindert wird, als sich die Liquidation gewinnerhöhend ausgewirkt hat, wenn neben dem Stammkapitalanteil weitere Anschaffungskosten bei der Muttergesellschaft bzw. deren Personengesellschaftern angefallen waren. Denn sämtliche Anschaffungskosten werden im Zusammenhang mit der Liquidation ausgebucht und mindern dann den Gewinn.

Deshalb verlangt der BFH neben der Kürzung zugleich eine Hinzurechnung nach § 8 Nr. 10 Buchst. b GewStG in Höhe des gewinnmindernd erfassten Betrags. Im Ergebnis wird durch die Kombination von Kürzung und Hinzurechnung genau der Betrag neutralisiert, mit dem sich per Saldo die Liquidation der Tochtergesellschaft auf den Gewinn der Muttergesellschaft ausgewirkt hat.

3. Beachten Sie, dass keine Hinzurechnung erfolgt, soweit die zusätzlichen Anschaffungskosten aus (verdeckten) Einlagen herrühren (nach altem Recht EK 04; jetzt im steuerlichen Einlagekonto nach § 27 KStG erfasst). Einer Kompensation bedarf es insoweit nicht, weil in Höhe dieses Betrags auch keine Kürzung erfolgt. Sowohl offene als auch verdeckte Einlagen sind zunächst von dem bei der Liquidation ausgekehrten Betrag abzuziehen. Nur ein verbleibender Betrag ist Anteilsgewinn i.S.d. § 9 Nr. 2a GewStG.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 8.5.2003, IV R 35/01

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