Leitsatz

Die Schuldzinsenhinzurechnung nach § 4 Abs. 4a EStG i.d.F. des StBereinG 1999 ist bei Mitunternehmerschaften zwar gesellschafterbezogen zu bestimmen. Gleichwohl steht der sog. Mindestabzug nach Satz 5 der Vorschrift (jetzt: Satz 4) nicht jedem Mitunternehmer in voller Höhe zu; er ist vielmehr entsprechend den Schuldzinsenanteilen der einzelnen Mitunternehmer aufzuteilen.

 

Normenkette

§ 4 Abs. 4a, § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG

 

Sachverhalt

An einer KG waren vier Gesellschafter beteiligt. Die Gesellschafter hatten in den Streitjahren 1999 und 2000 Überentnahmen i.S.d. § 4 Abs. 4a EStG getätigt, allerdings in unterschiedlicher Höhe. Die KG begehrte, die Überentnahmen individuell zu ermitteln und jedem Gesellschafter den Sockelbetrag zuzuerkennen. Das FA ging von einer gesellschaftsbezogenen Ermittlung der Überentnahmen aus und war der Auffassung, den Sockelbetrag könne die Gesellschaft nur einmal in Anspruch nehmen.

Das FG folgte der Meinung des FA (EFG 2003, 74).

 

Entscheidung

Nachdem während des Revisionsverfahrens im Hinblick auf die Rechtsprechung des BFH und die entsprechend geänderte Verwaltungsauffassung Unterentnahmen aus Vorjahren berücksichtigt worden waren, gab der BFH der Revision der KG statt und verwies das Verfahren an das FG zurück. In der Sache hielt der BFH eine gesellschafterbezogene Ermittlung unter Einbeziehung von Sonder- und Ergänzungsbilanzen für erforderlich. Der Sockelbetrag sei jedoch nur einmal zu gewähren und unter den Gesellschaftern nach dem Verhältnis der jeweiligen Schuldzinsen aufzuteilen.

 

Hinweis

1. Mit der Entscheidung ist die heftig umstrittene Frage geklärt worden, ob die Berechnung der Überentnahmen i.S.d. § 4 Abs. 4a EStG gesellschafter- oder gesellschaftsbezogen erfolgen muss. Der BFH entscheidet sich für ein Abstellen auf die individuellen Überentnahmen der Gesellschafter. Damit ist sichergestellt, dass keine Saldierung zwischen Gesellschaftern mit und ohne Überentnahme stattfindet. Kein Gesellschafter kann eine Zinshinzurechnung für Überentnahmen eines anderen Gesellschafters zugerechnet bekommen.

2. Die gesellschafterbezogene Betrachtung führt gleichwohl nicht zu einer Gewährung des Sockelbetrags von 2.050 € für jeden Gesellschafter. Bei Publikumspersonengesellschaften würden sich bei einer solchen Handhabung sehr hohe von der Zinshinzurechnung ausgenommene Beträge ergeben. Der BFH sieht den Willen des Gesetzgebers darin, aus Vereinfachungsgründen einen einzigen Sockelbetrag für eine Personengesellschaft zu berücksichtigen.

Dies macht es notwendig, auch darüber zu befinden, wie der Sockelbetrag unter den Gesellschaftern aufgeteilt wird. Hier entscheidet sich der BFH für eine Aufteilung nach den Anteilen jedes Gesellschafters am Gesamtfinanzierungsaufwand der Gesellschaft. Anders als bei einer Aufteilung nach dem Verhältnis der Überentnahmen kann kein Teil des Sockelbetrags verloren gehen.

3. Der BFH geht dabei von einer betriebsbezogenen Anwendung des § 4 Abs. 4a EStG aus. Daraus ergibt sich:

  • Bei einer Personengesellschaft sind Ergänzungs- und Sonderbilanzen der Gesellschafter für die Ermittlung der individuellen Überentnahme zu berücksichtigen.
  • Wenn ein Gesellschafter an mehreren Personengesellschaften oder Einzelunternehmen beteiligt ist, ist § 4 Abs. 4a EStG für jede Gesellschaft bzw. für jeden Einzelbetrieb eigenständig (betriebsbezogen) anzuwenden.

4. Noch keine Stellung hat der BFH zu der Frage bezogen, ob auch eine Buchwertüberführung oder -übertragung nach § 6 Abs. 5 EStG im Rahmen des § 4 Abs. 4a EStG wie eine Entnahme bzw. Einlage zu behandeln ist. M.E. ist die Frage zu bejahen.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 29.3.2007, IV R 72/02

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