4.3.2.1 Zielsetzung einer gesellschaftsvertraglichen Nachfolgeregelung

 

Rz. 111

Im Grundsatz sind nach § 15 Abs. 1 GmbHG die Geschäftsanteile frei veräußerlich und frei vererblich. Anders als bei Personengesellschaften ist die Übertragung eines GmbH-Geschäftsanteils auch ohne Regelung im Gesellschaftsvertrag zulässig.

 

Rz. 112

Im Gegensatz zu Personengesellschaften bezwecken die Nachfolgeklauseln bei GmbH, die Übertragbarkeit und freie Vererblichkeit von Geschäftsanteilen einzuschränken[1]. Das gilt insbesondere für Familiengesellschaften, die den Eintritt Dritter in das Unternehmen vermeiden wollen.

[1] IDW, Praxis der Unternehmensnachfolge, 4. Aufl. 2009, 444, Rz. 1731.

4.3.2.2 Probleme beim Fehlen einer Nachfolgeregelung

 

Rz. 113

Ohne besondere Regelung tritt der Erbe oder die Erbengemeinschaft die Nachfolge am Geschäftsanteil an. Probleme ergeben sich bei der Erbengemeinschaft dahingehend, dass diese nur gemeinschaftlich die Rechte aus dem Geschäftsanteil ausüben kann. Das kann den Geschäftsbetrieb verlangsamen, wenn divergierende Ansichten in der Erbengemeinschaft zu anstehenden unternehmerischen Entscheidungen bestehen. Hier sollte ein gemeinsamer Vertreter für die Miterben innerhalb eines Monats nach dem Erbfall bestellt werden, damit der Geschäftsbetrieb weiterlaufen kann[1].

[1] IDW, Praxis der Unternehmensnachfolge, 4. Aufl. 2009, 446, Rz. 1735.

4.3.2.3 Einziehungsklausel

 

Rz. 114

Soll vermieden werden, dass die GmbH-Anteile beim Tod eines Gesellschafters weitervererbt werden können, empfiehlt sich die Aufnahme einer Einziehungsklausel in den Gesellschaftsvertrag[1]. Möglich sind Bestimmungen, nach denen die GmbH-Anteile im Erbfall von der Gesellschaft eingezogen werden können. Zusätzlich sind jedoch Abfindungsansprüche der Erben zu berücksichtigen, wobei es sich um schuldrechtliche Vereinbarungen des Erblassers mit den Erben handelt.

Nach § 34 Abs. 1 GmbHG darf die Einziehung (Amortisation) von Geschäftsanteilen nur erfolgen, soweit sie im Gesellschaftsvertrag zugelassen ist. Ohne die Zustimmung der Gesellschafter findet die Einziehung nur statt, wenn die Voraussetzungen derselben vor dem Zeitpunkt, in welchem der Gesellschafter den Geschäftsanteil erworben hat, bereits im Gesellschaftsvertrag bestimmt waren[2]. Die nachträgliche Einführung einer Zwangseinziehung ist nur im Wege einer notariellen Satzungsänderung unter Zustimmung aller Gesellschafter möglich[3]. Mit der Einziehungsklausel sollen Familienunternehmen vor dem Eintritt familienfremder Nachfolger geschützt werden.

 

Rz. 115

Auch wenn bei der Einziehung von GmbH-Anteilen keine zwingenden Abfindungsregelungen vorgesehen sind, bestehen nach der Rechtsprechung und h. M. Abfindungsansprüche in Höhe des anteiligen Verkehrswerts des Anteils[4].

 

Rz. 116

Erbschaftsteuerrechtlich fällt bei der Einziehungsklausel der Anteil zunächst in den Nachlass, sodass vorerst § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG erfüllt ist. Bei der Einziehungsklausel geht es um den Erwerb unter einer auflösenden Bedingung, wobei die Bedingung in der Ausübung des Einziehungsrechts zu sehen ist. Auflösend bedingte Erwerbe sind zunächst wie unbedingte Erwerbe nach § 5 Abs. 1 BewG zu bewerten. Tritt die Bedingung ein, hat eine Korrektur nach § 5 Abs. 2 BewG zu erfolgen. Erbschaftsteuerrechtlich ergibt sich nach Einziehung der Anteile anstelle des Geschäftsanteils ein Abfindungsanspruch, der zum Nennwert zu bewerten ist[5]. Da der Gesellschaftsanteil infolge der Einziehung vernichtet wird und deshalb auch weder auf die Gesellschaft noch auf die verbleibenden Gesellschafter übergehen kann, ist die Anwendung der §§ 13a, 19a ErbStG fraglich[6].

 

Rz. 117

Soweit für die Einziehung eine Abfindung bezahlt wird, liegt ein steuerpflichtiger Vorgang vor, der bei Anteilen im Betriebsvermögen nach den §§ 15, 16 EStG bzw. bei Anteilen im Privatvermögen bei einer Mindestbeteiligung von 1 % nach § 17 EStG bzw. darunter nach § 20 EStG zu besteuern ist.

[1] IDW, Praxis der Unternehmensnachfolge, 4. Aufl. 2009, 468, Rz. 1800.
[3] IDW, Praxis der ­Unternehmensnachfolge, 4. Aufl. 2009, 469, Rz. 1802.
[4] BGH v. 16.12.1991, II ZR 58/91, NJW 1992, 892; IDW, Praxis der Unternehmensnachfolge, 4. Aufl. 2009, 471, Rz. 1808; Westermann, in Scholz, GmbHG, 10. Aufl. 2006, § 34 GmbHG Rz. 22.

4.3.2.4 Abtretungsklausel

 

Rz. 118

Wollen die Gesellschafter sicherstellen, dass der Geschäftsanteil im Todesfall auf eine bestimmte oder noch zu bestimmende Person übergeht, kann eine Abtretungsklausel im Gesellschaftsvertrag vereinbart werden. Damit werden die Erben des Gesellschafters verpflichtet, den Geschäftsanteil, den sie im Wege der Erbfolge erhalten würden, an denjenigen abzutreten, der im Gesellschaftsvertrag bestimmt wurde[1]. Nach § 15 Abs. 3 GmbHG bedarf es zur Abtretung von Geschäftsanteilen durch Gesellschafter eines in notarieller Form geschlossenen Vertrags.

 

Rz. 119

Erbschaftsteuerrechtlich wirkt sich die Abtretungsklausel dahingehend aus, dass die Erben zunächst zwischen dem Todesfall und der Abtretung bereichert werden. Dies geschieht allerdings bis zur Ausübu...

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