Rz. 2

Durch das UntStRefG 2008[1] wurde die bisher als "Ansparrücklage" oder "Ansparabschreibung" bezeichnete Möglichkeit, Abschreibungspotenzial zeitlich vorzuziehen, in einen sog. Investitionsabzugsbetrag umgewandelt. Die bis dahin relevante Buchung und Bilanzierung einer steuerfreien Rücklage entfällt. § 7g EStG soll die Wettbewerbssituation "kleiner und mittlerer Betriebe" verbessern, indem deren "Liquidität und Eigenkapitalbildung unterstützt und die Investitions- und Innovationskraft gestärkt wird".[2] Dieser Subventionszweck bezieht sich sowohl auf die "Ansparphase" (Stadium der Investitionsplanung) – hier geht es um eine "Vorverlagerung von Abschreibungspotenzial" – als auch auf die "Nutzungsphase" (nach Anschaffung/Herstellung).

Der Investitionsabzugsbetrag ermöglicht die Vorverlagerung von Abschreibungspotenzial in ein Wirtschaftsjahr vor Anschaffung oder Herstellung eines begünstigten Wirtschaftsguts, und zwar bezogen auf den jeweiligen "Betrieb" (Betriebsbezogenheit, Rz. 3). Diese Voraussetzung soll u. a. die Wettbewerbssituation kleiner und mittlerer Betriebe verbessern. Offenbar hat man – damit auch mittlere Betriebe den Investitionsabzugsbetrag in Anspruch nehmen können, die die Größenmerkmale überschreiten – aus diesem Grund auch keine Missbrauchsklausel eingefügt, die eine Aufspaltung ("Atomisierung") in verschiedene Betriebe zur Ausnutzung des § 7g EStG verhindert.[3] Großunternehmen können daher die Größeneinschränkung durch Gründung von Tochtergesellschaften umgehen.[4]

Vielmehr soll neben einer Unterstützung der Liquidität und Eigenkapitalbildung sowie der Stärkung der Investitions- und Innovationskraft auch eine Erleichterung der Finanzierung von Investitionen durch Steuerstundung erreicht werden. Hieraus wurde bei § 7g EStG i. d. F. des UntStRefG 2008 die Voraussetzung des sog. Finanzierungszusammenhangs abgeleitet (Rz. 35ff.). § 7g EStG i. d. F. des UntStRefG 2008[5] soll nicht zu einer allg. Liquiditätsverbesserung führen. Die bisherige buchungsmäßige Bildung von Rücklagen (sog. Ansparabschreibungen) entfällt; der Abzugsbetrag ist nunmehr außerbilanziell zu berücksichtigen. Dieser systematische Wechsel war zum einen im Hinblick auf die nach höchstrichterlicher Rspr. missverständliche Bezeichnung der Rücklage gem. § 7g Abs. 3 EStG als "Ansparabschreibungen" geboten.[6] Zudem kennt das ESt-Recht grundsätzlich nur sog. Gewinnrücklagen, die – abweichend vom bisherigen § 7g EStG – auf bereits realisierten Gewinnen beruhen (z. B. § 6b EStG). Zum anderen werden durch den außerbilanziellen Abzug des Investitionsabzugsbetrags bilanztechnische Probleme – wie z. B. Bilanzberichtigungen und Maßgeblichkeit der Handelsbilanz für die steuerliche Gewinnermittlung – vermieden.

Die kumulierte Wirkung von Investitionsabzugsbetrag und Sonderabschreibung ist eine Gesamtabschreibung bis zum Ende des Erstjahres i. H. v. 52 % zzgl. linearer bzw. degressiver AfA, die in der Gesetzesbegründung wie folgt umschrieben wird[7]: "Werden zusätzlich zu dem Investitionsabzugsbetrag eine Sonderabschreibung und die reguläre Abschreibung von den bereits um bis zu 40 % verminderten Anschaffungs- oder Herstellungskosten im Investitionsjahr geltend gemacht, werden die Investitionskosten dadurch im Erstjahr nochmals um 20 % Sonderabschreibung und die reguläre Abschreibung auf die bereits auf 60 % verringerte Bemessungsgrundlage vermindert". Die Gesamtabschreibung bis zum Ende des Erstjahres würde damit regelmäßig mindestens 52 % (40 % + 20 % auf 60 %) zzgl. lineare AfA betragen, sodass man bei einer 10-jährigen Nutzungsdauer auf eine Abschreibung im Investitionsjahr auf 58 % kam; bei Inanspruchnahme der degressiven AfA betrug die Gesamtabschreibung bis zum Ablauf des Investitionsjahres sogar bis zu 67 % (Berechnungsbeispiel in Rz. 5).

 

Rz. 2a

§ 7g Abs. 1Abs. 4 EStG wurde durch das StÄndG 2015 v. 2.11.2015[8] neu gefasst. Insoweit ersetzte der Gesetzgeber insbesondere die bisherigen Bestimmungen zur Investitionsabsicht und zur Funktionsbenennung (§ 7g Abs. 1 S. 2 Nr. 2 und 3 EStG a. F.) durch eine Neuregelung (§ 7g Abs. 1 S. 2 Nr. 2 EStG n. F.), die erstmals für nach dem 31.12.2015 endende Wirtschaftsjahre gilt (§ 52 Abs. 16 EStG). Für ab dem 1.1.2016 endende Wirtschaftsjahre ist

  • eine "Verwendung" für ein beliebiges angeschafftes oder hergestelltes begünstigtes Wirtschaftsgut möglich. Die genaue Bezeichnung der geplanten Investition sowie Angaben zu den voraussichtlichen Anschaffungs-/Herstellungskosten entfällt.
  • Die bisher erforderliche Prüfung und Glaubhaftmachung der Investitionsabsicht entfällt.
  • Der Abzugsbetrag ist lediglich in einer Summe für jedes Wirtschaftsjahr des dreijährigen Investitionszeitraums anzugeben, insgesamt max. 200.000 EUR.
  • Die Hinzurechnung ist im Falle einer späteren Investition nicht mehr zwingend, sondern als Wahlrecht ausgestaltet. Der Stpfl. kann somit flexibel entscheiden, für welche begünstigten Investitionen er den Investitionsabzugsbetrag verwendet. Entscheidend ist nunmehr, ob die abgezogenen Betr...

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