Rz. 2

§ 74 EStG regelt die Bestimmung des Auszahlungsempfängers für Sonderfälle (sog. Abzweigung). Grundsätzlich wird das Kindergeld nach §§ 62, 64 EStG dem Anspruchsberechtigten ausgezahlt. Ausnahmsweise kann in den Fällen des § 74 EStG auch an das Kind oder an eine andere Person als den Kindergeldberechtigten oder an eine Stelle ausgezahlt werden, die dem Kind Unterhalt gewährt (z. B. einem Sozialleistungsträger[1]). Dementsprechend steht diesen Personen nach § 64 Abs. 2 S. 4 EStG, § 67 S. 2 EStG auch ein Antragsrecht zu; der Antragsteller muss seinen Anspruch dabei gegen einen bestimmten Kindergeldberechtigten richten.[2] Die Regelung dient dem Zweck, das Kindergeld rasch und unbürokratisch demjenigen zugutekommen zu lassen, dem tatsächlich die Unterhaltskosten zur Last fallen, ohne dass ein zeitraubender Prozess vor dem Familiengericht erforderlich wird.

Der Sozialleistungsträger kann dabei bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen sowohl die Abzweigung oder Erstattung des Kindergelds aus dem Anspruch des Kindergeldberechtigten gegenüber der Familienkasse als auch einen Erstattungsanspruch aus dem an das Kind abgezweigten Kindergeld geltend machen. Solange das Kindergeld an den Kindergeldberechtigten gewährt wird, ist es seinem Einkommen zuzurechnen; wird das Kindergeld hingegen an das Kind abgezweigt, gehört es zu dessen Einkommen.[3]

Die Kindergeldabzweigung steht selbstständig neben den zivilrechtlichen Möglichkeiten zur Durchsetzung des Anspruchs.[4] Die Regelung entspricht Vorschriften des SGB I: § 74 Abs. 1 EStG entspricht § 48 SGB I, § 74 Abs. 2 EStG entspricht § 49 SGB I; § 74 Abs. 2 EStG stellt sicher, dass die genannten Vorschriften des SGB X weiterhin anwendbar bleiben.

[1] Finke, DStR 2016, 2593.
[4] Greite, in Korn, EStG, § 74 Rz. 2.

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