Rz. 29

Veräußert eine Personengesellschaft ein Wirtschaftsgut an einen Dritten, können die Mitunternehmer die Begünstigung des § 6b EStG in Anspruch nehmen. Der Veräußerungsgewinn ist im Verhältnis der Anteile der Gesellschafter für Zwecke der Übertragung aufzuteilen. Der einzelne Mitunternehmer kann die Begünstigung insoweit in Anspruch nehmen, als die aufgedeckten stillen Reserven auf ihn entfallen. Die erforderlichen Vorbesitzzeiten von 6 Jahren (§ 6 Abs. 4 Nr. 2 EStG) bzw. 2 Jahren (§ 6 Abs. 8 Nr. 2 EStG) müssen in der Person des Gesellschafters erfüllt sein, der § 6b EStG in Anspruch nimmt. Die Vorbesitzzeit bezieht sich dabei auf die Höhe des Gesellschaftsanteils. Hat sich z. B. der Gesellschaftsanteil innerhalb der regelmäßigen sechsjährigen Vorbesitzzeit erhöht oder verringert, so kann der Gesellschafter die Übertragung nach § 6b EStG nur hinsichtlich des niedrigeren Anteils verlangen, den er durchgehend besessen hat.[1]

 
Praxis-Beispiel

§ 6b EStG bei wechselndem Beteiligungsverhältnis

Die Gesellschafter A und B sind zu 50 % an einer OHG beteiligt. Während der Sechsjahresfrist werden die Beteiligungsverhältnisse dahin gehend geändert, dass nunmehr A zu 70 % und B zu 30 % beteiligt ist. A und B können die Begünstigung des § 6b EStG jeweils anteilig in der Höhe geltend machen, in der sie ununterbrochen 6 Jahre lang beteiligt gewesen sind. A kann daher für 50 %, B für 30 % der aufgedeckten stillen Reserven § 6b EStG in Anspruch nehmen. Für die verbleibenden 20 % kann § 6b EStG nicht in Anspruch genommen werden.

 

Rz. 30

Bei Ausscheiden eines Gesellschafters ist eine Rücklage nach § 6b EStG, die im Zeitpunkt des Ausscheidens aus einer Mitunternehmerschaft in der Steuerbilanz passiviert ist, im Umfang der Beteiligung des Ausgeschiedenen zugunsten des ggf. begünstigten Veräußerungsgewinns aufzulösen. Zum Veräußerungsgewinn gehört auch ein Gewinnzuschlag nach § 6b Abs. 7 EStG.[2]

 

Rz. 31

Die aufgedeckten stillen Reserven können auf Wirtschaftsgüter übertragen werden, die sich befinden

  • im Gesamthandsvermögen der Gesellschaft und nach Wegfall des § 5 Abs. 1 S. 2 EStG a. F. (umgekehrte Maßgeblichkeit) unabhängig von der Bilanzierung in der Handelsbilanz[3]; hat ein Gesellschafter eine (anteilige) Übertragung in ein Betriebsvermögen außerhalb der Gesellschaft vorgenommen, ist eine einheitliche Übertragung nicht mehr möglich. Die auf die Mitgesellschafter entfallenden Rücklagenanteile sind dann in negative Ergänzungsbilanzen zu übernehmen[4];
  • im Sonderbetriebsvermögen eines Mitunternehmers;
  • in einem Einzelunternehmen des Mitunternehmers;
  • im Gesellschaftsvermögen (Gesamthandsvermögen) einer anderen Gesellschaft, an der der Mitunternehmer der veräußernden Gesellschaft (ebenfalls) beteiligt ist;
  • im Sonderbetriebsvermögen des Mitunternehmers aus seiner Beteiligung an einer anderen Gesellschaft.

Bei den letzten vier Fällen ist zu beachten, dass eine Übertragung nur möglich ist, soweit die stillen Reserven auf den Mitunternehmer anteilig entfallen. Hierüber wird im Verfahren der gesonderten Gewinnfeststellung (§ 180 Abs. 1 Nr. 2a AO) entschieden, auch wenn der betreffende Gesellschafter inzwischen ausgeschieden ist.[5] Im Übrigen gelten die Grundsätze entsprechend, wenn eine Kapitalgesellschaft als Mitunternehmerin an einer Personengesellschaft beteiligt ist.

[2] Zu Einzelheiten: Bolk, DStR 2015, 1355ff.
[3] OFD Münster v. 14.9.2012, Kurzinfo EStR Nr. 17/2012.
[4] Strahl, FR 2001, 1154, 1157 m. w. N.

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