Rz. 152

§ 6b Abs. 10 EStG gestattet es allen Stpfl., die keine Kapitalgesellschaften sind (Personenunternehmen), den bei einer Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften erzielten Gewinn ganz oder anteilig, allerdings der Höhe nach beschränkt, von den Anschaffungskosten von Anteilen an Kapitalgesellschaften, von den Anschaffungs- oder Herstellungskosten abnutzbarer beweglicher Wirtschaftsgüter oder von Gebäuden abzuziehen. § 6b Abs. 10 EStG zielt darauf ab, die Liquidität von Personenunternehmen zur Vornahme von Investitionen zu erhöhen. Damit wird eine häufig kritisierte Benachteiligung von Personenunternehmen gegenüber Körperschaften teilweise beseitigt. Anders als Körperschaften (§ 8b Abs. 2 KStG) konnten Einzelunternehmer und Personengesellschaften bis dahin Anteile an Körperschaften nicht steuerfrei veräußern, sondern mussten ihre Beteiligungseinkünfte nach § 3 Nr. 40 S. 1 Buchst. a EStG (Halb- bzw. Teileinkünfteverfahren) zur Hälfte bzw. zu 60 % versteuern.[1] Die Regelung kann insbesondere im Rahmen von betrieblichen Umstrukturierungen, z. B. durch Tausch von Beteiligungen zwischen verschiedenen Unternehmen oder Veräußerung von Kapitalgesellschaftsanteilen zwischen Gesamthandsvermögen beteiligungsidentischer Mitunternehmerschaften[2], zur Anwendung gelangen.

[1] Zu Einzelheiten des Gesetzeszwecks s. auch Kanzler, FR 2002, 117, 122.
[2] Förster, Stbg 2001, 657, 666.

11.1 Tatbestandsvoraussetzungen

 

Rz. 153

Die in § 6b Abs. 10 S. 1 bis 10 EStG getroffenen Regelungen sind ausgesprochen unübersichtlich und an einigen Stellen unklar und widersprüchlich formuliert. Das liegt an der Verweisung auf die für die übrigen Übertragungsvorgänge geltenden Voraussetzungen in § 6b Abs. 10 S. 4 EStG, an unterschiedlichen Regelungen hinsichtlich der möglichen Reinvestitionsobjekte und an der Notwendigkeit, andere Steuerfreistellungen durch das Teileinkünfteverfahren und das UmwStG zu berücksichtigen und mit der Regelung zu verzahnen. Nur wegen dieser Besonderheiten konnte die Anteilsveräußerung nicht in die bestehenden Absätze integriert werden.

11.2 Begünstigte Steuerpflichtige

 

Rz. 154

Stpfl., die keine Körperschaften, Personenvereinigungen oder Vermögensmassen sind, dürfen die steuerneutrale Übertragung von Gewinnen aus der Veräußerung der Anteile vornehmen. Stpfl. ist der einzelne Mitunternehmer, der Höchstbetrag kommt wegen der gesellschafterbezogenen Betrachtungsweise für jeden Mitunternehmer zur Anwendung.[1] Die in § 1 Abs. 1 KStG genannten Stpfl. sind damit von der Regelung ausgenommen, da deren Gewinne aus der Veräußerung von Anteilen an einer anderen Körperschaft schon nach § 8b Abs. 2 KStG steuerfrei bleiben. Begünstigt sind somit unbeschränkt und beschränkt einkommensteuerpflichtige (bilanzierende) natürliche Personen und Mitunternehmerschaften, soweit an ihnen keine Kapitalgesellschaft beteiligt ist. Diese Einschränkung ergibt sich aus § 6b Abs. 10 S. 10 EStG, mit dem eine gleichzeitige Steuerfreistellung nach § 8b Abs. 2 KStG verhindert werden soll. Die Beteiligung einer Kapitalgesellschaft schließt eine Begünstigung allerdings nicht vollständig aus, sondern nur soweit ein Gewinn (anteilig) auf die beteiligte Körperschaft entfällt. Streitig ist, ob eine Kapitalgesellschaft etwa nach Einbringung eines Personenunternehmens eine bestehende Rücklage nach § 6b Abs. 10 S. 5 EStG fortführen darf. Das wäre bei Buchwert- oder Zwischenwertansatz immerhin denkbar, anderenfalls müsste die Rücklage zwangsweise aufgelöst werden. Dagegen spricht aber der in § 6b Abs. 10 S. 10 EStG zum Ausdruck kommende Gesetzeszweck, der die systemwidrige Begünstigung von Kapitalgesellschaften durch § 6b Abs. 10 EStG generell ausschließen will.[2] Entsprechend dem Grundgedanken der Neuregelung des § 15 Nr. 2 KStG für die Anwendung des § 8b KStG auf Organschaften, ist auch in Organschaftsfällen allein auf die Rechtsform des Organträgers abzustellen.[3]

[1] OFD Frankfurt/M. v. 11.4.2013, S 2139A-24-St210.
[2] Kanzler, FR 2002, 117, 124; a. A. Förster, DStR 2001, 1913, 1916.
[3] Rödder/Schumacher, DStR 2002, 105, 107.

11.3 Anteilsveräußerung als Realisierungstatbestand

 

Rz. 155

Als Veräußerung (Rz. 5ff.) gelten auch hier der Verkauf und der Tausch von Anteilen, aber auch die Einbringung gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten nach §§ 20, 24 UmwStG.[1] Da es wesentliches Merkmal einer verdeckten Einlage ist, dass ihr keine Gegenleistung der Gesellschaft gegenübersteht, ist sie keine Veräußerung.[2] Deshalb wäre eine ausdrückliche Regelung erforderlich, um diesen Vorgang einer Veräußerung gleichzustellen.[3] Das ist in § 8b Abs. 2 S. 3 KStG und in § 17 Abs. 1 S. 2 EStG geschehen, nicht aber in § 6b EStG. Der Veräußerungsbegriff des § 6b Abs. 10 EStG kann auch nicht entsprechend weit ausgelegt werden.[4] Auch Gewinne aus einer Wertaufholung nach § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 3 EStG stammen nicht aus einer Veräußerung und sind anders als nach § 8b Abs. 2 S. 1 KStG, wo sich auch die Teilwertabschreibung steuerlich nicht auswirkt (§ 8b Abs. 3 KStG), nicht begünstigt.

[1] Förster, Stbg 2001, 665.
[3] M. Frotscher, in Fr...

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