Rz. 96

Das Gesetz enthält keine ausdrücklichen Vorschriften über die Auflösung der Pensionsrückstellungen. Das ist auch nicht erforderlich, denn die teilweise oder vollständige Auflösung einer Pensionsrückstellung ergibt sich von selbst als Folge der Verminderung des nach § 6a Abs. 3 EStG errechneten Teilwerts, wenn die Pensionsverpflichtung wegfällt oder sich vermindert. Fällt eine Pensionsverpflichtung etwa durch Tod des Berechtigten weg, ohne dass eine Hinterbliebenenversorgung infrage kommt, so ist die Pensionsrückstellung aufzulösen. Mindert sich der voraussichtliche Leistungsumfang einer Anwartschaft, z. B. durch Erhöhung der anzurechnenden Sozialversicherungsrente, so ist der Teilwert nach § 6a Abs. 3 EStG zum nächstfolgenden Stichtag unter Berücksichtigung der verminderten Leistung zu ermitteln. Ist der Teilwert kleiner als der in der Vorjahres-Schlussbilanz, so ist nicht nur keine Zuführung möglich, die Verringerung der Rückstellung wirkt darüber hinaus auch gewinnerhöhend.

 

Rz. 97

Mit Erreichen des prospektiv angenommenen Zeitpunkts des Eintritts des Versorgungsfalls erreicht die Rückstellung, falls alle Zuführungen vorgenommen worden sind, den höchsten Stand. Da von diesem Zeitpunkt ab keine Jahresbeträge mehr zuzuführen sind, der Teilwert also dem Barwert der zukünftigen Leistungen entspricht, erwarten viele Unternehmen eine sinkende Rückstellung, die sich im Idealfall mit dem Zahlungsaufwand dahin gehend saldiert, dass lediglich der Zinsanteil als Betriebsaufwand verbleibt. Doch dies muss nicht zwingend der Fall sein. Übersehen wird, dass mit jedem Jahr, das ein Rentner überlebt, seine versicherungsmathematische Lebenserwartung wächst und somit biometrisch "nachjustiert" wird. Wenn darüber hinaus eine Rentenanpassung erfolgt, die vorher aufgrund des Stichtagsprinzips nicht berücksichtigt werden durfte, kann es ohne Weiteres auch in der Rentenphase noch zu einer Erhöhung des Teilwerts kommen.

 
Praxis-Beispiel

Erhöhung des Teilwerts in der Rentenphase

Rentner, geb. am 1.1.1950, erhält eine Jahresrente von 12.000 EUR mit 60 % Witwenrente.

 
Rückstellung am 31.12.2014: 146.830 EUR
./. Jahresrente 12.000 EUR
+ Zins (6 %) 8.450 EUR
+ biometrische Nachjustierung 1.004 EUR
+ Rentenanpassung (2 %) 2.886 EUR
Rückstellung zum 31.12.2015 147.170 EUR

Je nachdem, ob eine Verminderung oder eine Erhöhung des Teilwerts erfolgt, wird die Rückstellung gewinnerhöhend aufgelöst oder gewinnreduzierend erhöht.[1] Ein Rückdeckungskonzept bezogen auf den steuerlichen Teilwert müsste im Beispielsfall schon eine Rendite von 8,4 % erzielen, um diesen Vorgang im laufenden Jahr erfolgsneutral zu halten. Neben der versicherungsmathematischen Auflösung hatte die Finanzverwaltung früher in Abschn. 41 Abs. 24 S. 5 EStR 1984 auch die sog. buchhalterische Auflösung zugelassen. Dabei wurden die Pensionszahlungen bis zur Erschöpfung des Rückstellungspostens in voller Höhe gegen die Rückstellung gebucht. Da diese vereinfachende Handhabung gegen die Bilanzierungsgrundsätze verstieß, ist sie seit Einführung der Bilanzierungspflicht in den Richtlinien nicht mehr vorgesehen.[2]

 

Rz. 98

Tritt der Berechtigte mit Erreichen des prospektiv angenommenen Zeitpunkts des Versorgungsfalls nicht in Ruhestand, sondern übt die aktive Tätigkeit weiter aus, ohne Rente zu beziehen, sodass das Rentenbezugsrecht ruht (sog. technischer Rentner), so tritt der genannte Effekt ebenfalls ein.[3]

 

Rz. 99

Besteht nach Eintritt des Versorgungsfalls ein Rückstellungsfehlbetrag, so ist die Rückstellung entweder solange unverändert weiterzuführen, bis der Teilwert (= Barwert) der Pensionsverpflichtung auf die Höhe der ausgewiesenen Rückstellung abgesunken ist, oder die Rückstellung wird jeweils anteilig gemindert.

Nach dem Gesetzeswortlaut sind mangels einer einschränkenden Regelung beide Möglichkeiten zulässig (str.). § 6a Abs. 4 S. 1 EStG ist nicht dahin gehend zu verstehen, dass sich nicht nur die Erhöhung, sondern jede Veränderung, also auch eine Verminderung, nach der Veränderung des Teilwerts im Wirtschaftsjahr richten soll. Denn Regelungsgehalt der Vorschrift ist lediglich die Begrenzung der Zuführung zulasten des Gewinns eines Wirtschaftsjahres. Ein Zwang zu Gewinn mindernder Behandlung der Pensionszahlungen bei lückenhafter Rückstellung überschreitet den durch den Wortlaut des Gesetzes gezogenen Rahmen einer Auslegung, wie sie die Verpflichtung zur unveränderten Fortführung der Rückstellung beinhaltet. Zu Unrecht ist deshalb in R 6a Abs. 22 S. 3 EStR 2012 die Verpflichtung ausgesprochen worden, die ungenügende Rückstellung erst von dem Zeitpunkt an aufzulösen, in dem der Teilwert den ausgewiesenen Rückstellungsbetrag unterschreitet.[4] Dieser Streitfrage dürfte im Übrigen in Zukunft nur noch geringe Bedeutung zukommen, weil bei Versorgungseintritt im Zusammenhang mit Neuzusagen kein Passivierungswahlrecht mehr, sondern Passivierungspflicht in Höhe des Teilwerts der Pensionsverbindlichkeit besteht.

 

Rz. 100

Abgesehen vom Wegfall der Pensionsverpflichtung oder der Vermi...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Finance Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge